Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Nichts als Schrott gewichtelt
Mit Wichteln verbinde ich ein traumatisches Erlebnis. Während ich im ersten Jahr des Gymnasiums einen Klassenkameraden mit liebevoll ausgesuchten Stoffmalfarben und einem T-Shirt beschenkte, bekam ich vom Klassenchaoten ein nicht eingepacktes Last-Minute-Geschenk aus dem elterlichen Süßigkeitenschrank: Mon
Chérie.
Ich werde nie die krakelige Aufschrift auf der Verpackung vergessen: „Ohne Alkohol, für Kinder“, stand da in Kinderhandschrift geschrieben.
Um es kurz zu machen: Es war natürlich kein adäquates Geschenk für eine Zehnjährige. Es war einfach nur Schokolade mit Schnaps und ich furchtbar enttäuscht.
Ein voller Erfolg wiederum war das Schrottwichteln, welches Jahre später in meinem Freundeskreis zelebriert wurde. Für mich als Freund des Wegwerfens und Ausmistens war es gar nicht so leicht, etwas Unnützes und Scheußliches aufzutreiben, ich weiß gar nicht mehr, was ich da in die Runde gab.
Mit nach Hause nehmen konnte ich wiederum einen Deko-Glaskopf, wie er in den 80er- und 90er-Jahren in Wohnzimmern von Musikliebhabern stand. Als ich ihn 2016 bei einem Polterabend seiner endgültigen Bestimmung zuführen wollte, tat es mir doch Leid um ihn. Seitdem steht er auf dem Schreibtisch bei unserer Mediengestalterin. Sie parkt dort immer ihre Kopfhörer. Und er passt gut darauf auf.