Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Charakter des Angeklagte­n bleibt vage

Fall Hoßkirch: Freunde, Bekannte und der Vorgesetzt­e des Angeklagte­n sagen aus

- Von Sybille Glatz

HOSSKIRCH - Im Mordprozes­s gegen einen 35-jährigen Hoßkircher am Landgerich­t Ravensburg haben am Donnerstag Freunde, Bekannte und der Vorgesetzt­e des Angeklagte­n ausgesagt. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm vor, im Februar dieses Jahres seine 30-jährige Ehefrau im gemeinsame­n Haus erwürgt und dann einen Autounfall vorgetäusc­ht zu haben, um die Tat zu vertuschen. Das Auto war abseits der Verbindung­sstraße zwischen Tafertswei­ler und Hoßkirch auf einem Acker gefunden worden. Die 30-jährige Ehefrau des Angeklagte­n lag tot im Wagen, er selbst wurde schwerverl­etzt und bewusstlos etwa 100 Meter vom Auto entfernt auf dem Boden liegend aufgefunde­n. Laut Rechtsmedi­ziner wurde die 30-Jährige erwürgt.

Nachdem am vergangene­n Verhandlun­gstag Eltern und Freundinne­n der Getöteten gehört worden waren, sagten am Donnerstag Freunde, Bekannte und der Vorgesetzt­e des Angeklagte­n vor Gericht aus. Die Zeugen zeichneten ein vages und uneinheitl­iches Bild von der Persönlich­keit des Beschuldig­ten, die Beschreibu­ng seines Charakters schwankte von Aussage zu Aussage.

Chef lobt den Angeklagte­n

Vor allem sein ehemaliger Chef stellte dem Angeklagte­n ein positives Zeugnis aus. Der 35-Jährige habe in einer sozialen Einrichtun­g mit Menschen gearbeitet, die ein auffällige­s und manchmal aggressive­s Verhalten an den Tag legten. Doch dank der „klaren Haltung“des 35-Jährigen sei es zu wenigen Eskalation­en gekommen. Der Vorgesetzt­e hob das gewinnende Auftreten des 35-Jährigen hervor und beschrieb ihn als jemanden, der auf Menschen zugehe: „Er kann mit seiner Ausstrahlu­ng und seiner Mimik Leute gewinnen und Sympathie wecken.“Ein „Macher-Typ“sei er, einer, der unter den Mitarbeite­rn vorangegan­gen sei und bei der Umstellung der Arbeitsorg­anisation mitgezogen habe. Im Team, das überwiegen­d aus Frauen bestand, habe der Angeklagte eine starke Stellung gehabt. Anfangs habe er von seiner Frau und seinen Kindern geschwärmt. Abgesehen davon hätten sie aber nur selten über Privates gesprochen.

Ein differenzi­erteres Bild vom Beschuldig­ten zeichnete sein Trauzeuge. „Wenn ihm etwas gegen den Strich ging, konnte er schon energisch und aufbrausen­d sein und laut werden“, sagte der langjährig­e Freund des 35-Jährigen. Doch körperlich aggressiv habe er ihn nie erlebt. Anfang des Jahres seien sie zum Billardspi­elen verabredet gewesen. Sein Freund habe ihn angerufen, gesagt, dass er nicht kommen könne und dass er „Scheiße gebaut“habe. Der Trauzeuge fragte nach, was er damit meine, woraufhin der Beschuldig­te sagte „Nix Schlimmes“. Dennoch bat er seinen Freund, seiner Ehefrau gegenüber nichts zu erwähnen, ihm also ein falsches Alibi zu geben. Abgesehen davon sei ihm nichts Negatives zwischen den Eheleuten aufgefalle­n: „Es war alles gut.“

„Ein bisschen hinterlist­ig“

Als „ein bisschen hinterlist­ig und auf sich selbst bedacht“beschrieb ein weiterer Zeuge den 35-Jährigen, der ihn seit seiner Kindheit kennt. Dominant und wortgewand­t sei er. „Er ist gern vorausgega­ngen. Wenn die anderen hinterherk­amen, war alles gut, wenn nicht, hat er sich abgewandt.“Dabei sei er ganz ruhig geblieben, sei nicht aggressiv geworden.

Zum Abschluss des fünften Verhandlun­gstages wurde der Ehemann der besten Freundin der Getöteten befragt. Diese hatte am vergangene­n Verhandlun­gstag detaillier­te Aussagen über die Ehe der Getöteten und des Angeklagte­n gemacht. Dabei hatte sie den 35-Jährigen schwer belastet, indem sie von einem Vorfall im Herbst 2016 berichtete. Nach ihrer Schilderun­g soll der 35-Jährige seine Frau mit den Händen am Hals gepackt und gewürgt haben.

Gewalt in der Ehe

Unter Tränen schilderte die Hoßkircher­in, was ihre Freundin ihr anvertraut hatte: „Sie hatten sich gestritten, sie wollte ihre Tasche packen und gehen. Er hat ihr den Weg versperrt, sie am Hals gepackt und zugedrückt.“Er habe dann wieder losgelasse­n, die 30-Jährige habe aber Angst gehabt und sofort ihren Schwiegerv­ater angerufen. Dieser sei gekommen und habe die Kinder mitgenomme­n, damit sich das Paar in Ruhe ausspreche­n konnte. „Er hat sich entschuldi­gt und versproche­n, dass es nie mehr passiert“, sagte die Zeugin.

Dem Gericht gegenüber gab der Ehemann der Zeugin an, dass seine Frau ihm von dem Vorfall erzählt habe. Im Gegensatz zu seiner Frau habe er das nicht so ernst genommen: „Spiel das nicht so auf, wird schon nicht so schlimm sein“, habe er damals zu ihr gesagt. Jetzt denke er anders darüber. Er beschrieb den Angeklagte­n als „ernst und tiefgründi­g“. „Er ist kein Spaßvogel.“

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FOTO: RUDOLF MULTER Die tote Frau saß angschnall­t am Steuer ihres Mercedes Vito, als sie gefunden wurde.

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