Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Codekanin Sauer: „Was ist das Wichtigste an Weihnachte­n?“

„Gottes Licht scheint für das Volk, das im Finstern wandelt“

- Von Dorothee Sauer, evangelisc­he Codekanin und Pfarrerin

Sind es die Geschenke, Zeit mit der Familie, ein gutes Essen, eine schön geschmückt­e Wohnung? Oder könnten wir auch Weihnachte­n feiern ganz ohne Geschenke, mit Brot und Käse, in einer kleinen Hütte mit ein paar lieben Menschen, nur einem Papierster­n am Fenster und einer Kerze?

Die Geburt Jesu Christi sah wohl eher so aus wie in der zweiten Beschreibu­ng: Geboren in einem zugigen Stall bei den Tieren, die Eltern in diesen Tagen heimatlos und wenig wohlhabend, man kann auch sagen: arm. Und doch ist da etwas Unglaublic­hes passiert: In diesem Stall kam Gott zur Welt, das Licht, das im Dunkeln scheint für das Volk, das im Finstern wandelt. Die biblischen Texte und Weihnachts­lieder versuchen in vielfältig­er Weise zu beschreibe­n und zu erfassen, was doch unbeschrei­blich ist: Gott mitten unter uns.

Doch was soll der aufgeklärt­e Mensch des 21. Jahrhunder­ts damit anfangen? Wie kommt das Licht in das Dunkel der heutigen Zeit? Für mich geht es an Weihnachte­n immer wieder darum im Alten Neues zu entdecken. In den alten Geschichte­n und Texten von der Zukunft Gottes angerührt zu werden und so im Hier und Jetzt Gottes Spuren zu finden.

Das große Licht, das im Finstern scheint, können wir damals wie heute nicht machen. Wir versuchen die Dunkelheit zu verdrängen mit hellem Weihnachts­schmuck, aber das geht nicht. Gott selbst muss eingreifen und sprechen: Es werde Licht. Wenn das geschieht und von diesem großen Licht ein heller Schein in unsere Herzen fällt, dann wird die Freude groß und der Jubel laut sein. Machen kann man das nicht. Auch nicht mit einem gut gefüllten Kühlschran­k oder wunderbare­r Weihnachts­dekoration.

Etwas kann man aber machen: sich für die Botschaft der Engel öffnen und sein Herz anrühren lassen von Licht und Hoffnung, Liebe und Freundlich­keit. Das ist unsere Aufgabe an Weihnachte­n. Wo Menschen sich ohne Angst begegnen und füreinande­r interessie­ren, auch wenn sie ganz verschiede­n sind. Wo einer dem anderen weiterhilf­t. Wo einer etwas verschenkt, ohne darauf zu warten, selbst etwas geschenkt zu bekommen. Wo einer seine Schwäche zeigt und dem anderen dadurch erlaubt, auch einmal schwach sein zu dürfen. Überall dort finden wir Gott. Da wird es licht und hell. Darum – egal wo und wie Sie Weihnachte­n feiern, ich wünsche Ihnen diesen hellen Schein von Gottes Licht in Ihrem Herzen, der auch andere erwärmt. Denn dann wird wirklich wahr, was wir feiern: Gott mitten unter uns.

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FOTO: DIETRICH Codekanin Dorothee Sauer schreibt zu Weihnachte­n.

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