Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Zur Person Provokateur
Im Silvestergottesdienst hält Wilhelm Imkamp seine letzte Predigt in Maria Vesperbild. Dann geht in dem bayerisch-schwäbischen Wallfahrtsort eine Ära zu Ende. In den vergangenen 30 Jahren hat es der Prälat geschafft, seinen Betrieb – und wohl auch sich selbst – zu einer Marke zu formen, die weit über das kirchliche Kernpublikum hinaus Beachtung findet. Jetzt zieht sich der 66-Jährige aus gesundheitlichen Gründen zurück.
Magazine widmeten dem stets elegant gekleideten Geistlichen üppige Bildstrecken, in Talkshows war der um saloppe Sprüche selten verlegene Geistliche ein willkommener Gast. Aber auch unaufgefordert verstand sich Imkamp Gehör zu verschaffen. Er konnte wie ein Volksprediger des 17. Jahrhunderts wettern über „Pastoralbürokraten“, „Memorandenschreiber“, gerne auch den Rätekatholizismus. Die „Genderideologie“und „Political Correctness“trieben ihn ebenso auf die Palme wie die „Willkommenskultur“.
Damit eckte der begabte Provokateur bei den einen an, die anderen liebten ihn genau dafür. Kritik konterte der von Papst Benedikt XVI. mit der höchsten Prälatenwürde Ausgezeichnete mit dem Hinweis, mindestens zwei Drittel aller Jesus-Worte seien auch Provokationen gewesen.
Übersehen wurde dabei bisweilen, dass der promovierte Experte für Dogmengeschichte seit 25 Jahren ein gefragter Ratgeber in Rom ist. Etliche Gutachten hat er für Heiligsprechungsprozesse angefertigt.
Seiner Wallfahrt verlieh Imkamp mit einer speziellen Mischung aus traditionellen und modernen Elementen ein attraktives Profil. Ein Coup gelang, als er seiner Kirche mit Unterstützung treuer Fans per Postkartenaktion zu einem Nachbau im nahe gelegenen Vergnügungspark Legoland verhalf.
Für die Familie Thurn und Taxis wurde der Prälat eine Art Hausgeistlicher. Seinen Ruhestand wird er daher in Regensburg verbringen. Im Schloss Sankt Emmeram sind noch Klosterzellen für ihn frei. Offiziell wechselt er an die fürstliche Hofbibliothek des Hauses Thurn und Taxis. (KNA)