Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Auch auf Socken nicht zu stoppen
Nach dem 3:0 im Clásico hat Barcelona schon 14 Punkte Vorsprung auf Real Madrid
BARCELONA (dpa/SID/fil) - Soll noch einer sagen, die Titelentscheidung in der Bundesliga sei ungefähr so überraschend wie die völlereibedingte Trägheit nach den Feiertagen: Mag ja sein, dass der FC Bayern München die Halbserie mit elf Punkten Vorsprung auf Schalke 04 auf Platz zwei und sogar 13 Punkte Vorsprung auf den Erzrivalen Borussia Dortmund abgeschlossen hat.
Anderswo ist es aber nicht anders. In England führt Manchester City vor seinem heutigen Spiel in Newcastle die Premier League mit zwölf Punkten vor Lokalrivale Manchester United an, der sich am „Boxing Day“zu einem 2:2 gegen Burnley quälte. Noch dominanter ist der FC Barcelona. Zwar liegt Barça in der Tabelle „nur“neun Punkte vor dem Tabellenzweiten Atlético Madrid. Doch entscheidend in Spanien ist, nicht nur in diesen politisch aufgeladenen Zeiten, in erster Linie der Abstand des katalanischen Renommierclubs zu den Königlichen von Real Madrid. Und der könnte größer kaum sein: Um unglaubliche 14 Punkte hat Barcelona die Madrilenen durch das 3:0 (0:0) im Vorweihnachts-Clásico am Samstag bereits distanziert. Zudem hat Barcelona in den ersten 17 Saisonspielen nur sieben Gegentore zugelassen und dabei 15 Tore mehr geschossen als Real, das in 16 Spielen 30-mal traf. Madrid hat ein Spiel weniger, weil der Champions-League-Sieger kürzlich bei der Club-WM aktiv war und so das eigentliche Super-Jahr 2017 nach dem Gewinn der Königsklasse, der Meisterschaft, dem europäischen sowie dem spanischen Supercup noch mit der Club-Weltmeisterschaft krönte.
Doch der letzte Eindruck des Jahres war dennoch fatal. Ein verlorener Clásico wiegt immer schwer. Noch mehr, wenn die Partie so verloren wurde wie am Samstag. Weltfußballer Cristiano Ronaldo presste anschließend die Lippen zusammen und schüttelte fassungslos den Kopf. „Es ist eine Niederlage, die sehr wehtut. Für uns ist es eine schwierige Zeit“, sagte Trainer Zinedine Zidane, aber: „Wir werden nicht das Handtuch werfen. Das werden wir niemals tun. Es ist noch nicht vorbei.“
Während Ronaldo eher blass blieb, glänzte Barcelonas Superstar Lionel Messi am Samstag umso mehr. Und sorgte zudem für einen Höhepunkt, als er das Tor zum 3:0 durch Aleix Vidal in der Nachspielzeit sogar ohne seinen rechten Schuh vorbereitete. Den hatte Messi im Estadio Santiago Bernabéu im Zweikampf mit Marcelo verloren, dann spielte er – allerdings mit seinem besseren linken Fuß – den Pass auf Vidal.
„Ein neuer Geniezug des Stars aus Argentinien“, schrieb die Sportzeitung „Mundo Deportivo“. Noch bis vor Kurzem wäre das Tor allerdings wohl aberkannt worden. Erst seit der Spielzeit 2016/17 darf ein Akteur, der seinen Schuh verliert, bis zur nächsten Pause weiterspielen.
Messi war im 270. Clásico neben dem deutschen Nationaltorwart Marc-André ter Stegen, der etliche starke Paraden zeigte, Spielmacher Andrés Iniesta und Paulinho erneut einer der besten seines Teams. Mit seinem Tor 2:0 per Handelfmeter
(64.), seinem 526. Treffer für Barça seit seinem Debüt im Jahr 2004, verdrängte der 30 Jahre alte fünffache Weltfußballer sogar Gerd Müller, den Bomber der Nation, von der Spitze der besten Torschützen für ein Team aus einer von Europas Top-5-Ligen. Müller, Weltmeister 1974 und Europameister
1972, erzielte zwischen 1964 und 1979
525 Tore für den FC Bayern München. Für seine 526 Tore benötigte Messi nur 608 Begegnungen. Das 1:0 hatte Luis Suárez (54.) geschossen.
Barça schreibt Geschichte
Überhaupt schrieb Barça Geschichte. Nach dem 4:0 in der Spielzeit 2015/16 und dem 3:2 letzte Saison gelangen den Katalanen erstmals drei Liga-Siege in Serie in Madrid. Nach den zwei Pleiten im August im spanischen Supercup blieben die „Blaugrana“in 25 Spielen ungeschlagen (20 Siege, fünf Remis). Der 25. Liga-Titel rückt näher. Davon wollte aber noch keiner sprechen. „Das war ein wichtiger Schritt“, sagte Iniesta, aber: „Es bleiben noch sehr viele Spiele. Im Fußball weiß man nie.“Ähnlich sah es Trainer Ernesto Valverde: „Es ist noch ein weiter Weg. Wir haben noch nicht einmal die Hälfte der Saison erreicht.“
Tatsächlich täuschte das Ergebnis etwas. Die 80 200 Zuschauer sahen trotz des am Ende klaren Ergebnisses eine spannende Partie. In der ersten Hälfte hatte Real sogar die besseren Chancen. Doch Barcelona ist derzeit nicht aufzuhalten.