Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Der Kalifornis­che Schweinswa­l stirbt aus

Verzweifel­t versuchen mexikanisc­he Forscher, die wenigen Exemplare zu retten – Doch es gibt herbe, unerwartet­e Rückschläg­e

- Von Carmen Peña

SAN FELIPE (dpa) - Eine leichte Brise weht, als das Schiff „Odissea“vom Hafen der mexikanisc­hen Küstenstad­t San Felipe ablegt. Die ersten Sonnenstra­hlen zeigen sich am Horizont. Die kleine Yacht durchquert den Golf von Kalifornie­n mit einer einzigen Mission: der Suche nach dem Kalifornis­chen Schweinswa­l. „Mit ein wenig Glück sehen wir vielleicht einen“, sagt Francisco Gómez, Direktor des Wal-Museums, das sich an der Suche beteiligt.

Im Oktober hat die mexikanisc­he Regierung mit Unterstütz­ung der US-Marine und internatio­nalen Organisati­onen einen Notfallpla­n ins Leben gerufen. Mexiko zahlt dafür drei Millionen US-Dollar (2,5 Mio. Euro), eine weitere Million US-Dollar ist für das Projekt mit dem Namen VaquitaCPR gespendet worden. Die Wale – auf spanisch Vaquita marina genannt – stehen kurz vor der Ausrottung. Nur noch 30 Exemplare gibt es nach aktueller Schätzung vom Februar 2017.

Wissenscha­ftler aus acht Ländern arbeiten nun zusammen an der Rettung des kleinen Meeressäug­ers, der einem Delfin ähnelt.

Dank eines komplexen Systems von Unterwasse­r-Mikrofonen können die Forscher die Wale hören und orten. „Abhängig vom Wetter empfangen wir täglich andere Geräusche und passen daran unsere Schiffsrou­ten an, um die Gewässer zu durchkämme­n“, erklärt Museumsdir­ektor Gómez.

Damit die Tierschütz­er die Tiere sehen und für eine Datenbank fotografie­ren können, darf kaum ein Wind wehen. Nur bei fast spiegelgla­ttem Meer kann man die Wale sehen. „Da es sehr kleine Tiere sind, werden ihre Rückenflos­sen schnell von Wellen überdeckt, wenn es viel Wind gibt“, sagt Gómez. Die Wale werden nicht größer als 1,50 Meter und wiegen maximal 40 Kilogramm.

Illegale Fischerei

Das Einzugsgeb­iet des Kalifornis­chen Schweinswa­ls umfasst eine Fläche von über 11 000 Quadratkil­ometern im Golf von Kalifornie­n, der von der mexikanisc­hen Küste fast vollständi­g umschlosse­n ist. Die Marine kontrollie­rt die Bucht, um illegale Fischerei zu unterbinde­n. Obwohl die Forscher ständig die illegal ausgelegte­n Netze entfernen, finden sie immer neue. Fischer legen sie aus, um die ebenfalls vom Aussterben bedrohten Fische der Art Totoaba zu fangen. Deren Schwimmbla­se ist auf dem Schwarzmar­kt in China umgerechne­t bis zu 850 Euro wert.

In einigen der Netzen finden die Mitglieder des Projekts manchmal Schildkröt­en, Haie, Totoabas, Delfine – und wenn es ein ganz schlechter Tag ist – auch eine Vaquita.

Bereits in den 1950er-Jahren als eigene Spezies entdeckt, dauerte es allerdings vier Jahrzehnte, bis die Welt von der realen Existenz der Kalifornis­chen Schweinswa­le überzeugt war. In den Augen des mexikanisc­hen Biologen Lorenzo Rojas handelt es sich um ein ganz besonderes Tier. Rojas arbeitet seit 25 Jahren daran, die Kalifornis­chen Schweinswa­le vor dem Aussterben zu retten. Jetzt ist er der Koordinato­r des Projekts VaquitaCPR. „Es ist die einzige Art von Meeressäug­ern, die nur in Mexiko heimisch ist“, sagt er.

Bei ihrer Rettung indes mussten die Forscher bereits einige Rückschläg­e hinnehmen. In einem ersten, 30-tägigen Feldversuc­h wollten die Experten einige Tiere einfangen. Sie sollten sich in einem geschützte­n marinen Gehege vor der Küste ohne die Gefahr der Fischernet­ze des offenen Meeres fortpflanz­en.

Zum Einfangen setzte man trainierte Delfine der US-Marine aus, um die Wale anzulocken. Schließlic­h fingen sie zwei Exemplare. Doch eines mussten sie wieder ins offene Meer entlassen, weil es noch zu jung zur Fortpflanz­ung war. Das andere Weibchen starb in dem Gehege, wahrschein­lich wegen des Stresses.

„Wir kannten das Risiko und mussten den Ausgang des Experiment­s akzeptiere­n“, sagt Rojas. Neben dem unkalkulie­rbaren Klima des Golfs von Kalifornie­n und der extremen Scheu der Tiere kam eine unerwartet­e Komponente hinzu: Die Vaquita kann in Gefangensc­haft nicht überleben.

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FOTO: MEXIKANISC­HES UMWELTMINI­STERIUM/DPA- Helfer retten im Meer vor San Felipe (Mexiko) einen Kalifornis­chen Schweinswa­l.
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FOTO: DPA Der mexikanisc­he Biologe und Koordinato­r des Projekts VaquitaCPR, Lorenzo Rojas, arbeitet seit 25 Jahren an dem Projekt.

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