Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bereit für die Silvestern­acht

Polizei kündigt verstärkte Präsenz auf den Straßen an

- Von Walter Willems

BERLIN/STUTTGART (dpa/sz) Zwei Jahre nach den sexuellen Übergriffe­n auf Frauen in Köln und andernorts rüsten sich die Einsatzkrä­fte für die anstehende Silvestern­acht. Polizei und Ordnungskr­äfte wollen in vielen Städten verstärkt präsent sein – sowohl uniformier­t als auch in Zivil. Allein in Köln will die Polizei 1400 Beamte einsetzen.

In München sollen sogenannte geschlosse­ne Einheiten der Polizei schnell und flexibel in der ganzen Stadt eingesetzt werden können. Die Stuttgarte­r Ordnungshü­ter konzentrie­ren sich vor allem auf die Bereiche am Schlosspla­tz und am Hauptbahnh­of. Dabei werden unter anderem auch Beamte eingesetzt, die Arabisch, Türkisch, Italienisc­h und Englisch sprechen.

Zu besonderer Vorsicht mahnt die Polizei beim Umgang mit Feuerwerks­körpern. Besonders vor dem Kauf ausländisc­her Böller wird eindringli­ch gewarnt.

KÖLN (dpa) - Zwei Jahre nach den Übergriffe­n in der Kölner Silvestern­acht wollen Polizei und Ordnungskr­äfte in der Nacht zum 1. Januar vermehrt Präsenz zeigen. Die Domstadt ist nicht die einzige Metropole, in der der Jahreswech­sel mit massiven Sicherheit­svorkehrun­gen einhergeht.

Unzählige sexuelle Übergriffe auf Frauen, Diebstähle, Belästigun­gen: Hunderte Männer, darunter Marokkaner und Algerier, aber auch Syrer und Iraker, begingen in der Silvestern­acht 2015/2016 am Kölner Hauptbahnh­of Straftaten. Frauen wurden begrapscht, es wurden sogar Vergewalti­gungen angezeigt. Die Geschehnis­se lösten deutschlan­dweit eine Debatte über das Frauenbild von Zuwanderer­n aus. Für die anstehende­n Feiern in Köln wird die Sicherheit­szone um den Dom nun erneut erweitert. In dem abgesperrt­en Bereich ist Feuerwerk verboten. Vor allem auf dem Bahnhofsvo­rplatz will die Polizei außerdem verhindern, dass sich größere Gruppen bilden. Mehr Videokamer­as und bessere Beleuchtun­g sollen die Sicherheit erhöhen. „Die Polizei wird rund 1400 Beamtinnen und Beamte einsetzen“, sagte Kölns Polizeiprä­sident Uwe Jacob. Für den Jahreswech­sel rechnen die Behörden mit ähnlich vielen Besuchern wie in den Vorjahren.

Mobile Wachen am Schlosspla­tz

Auch in Süddeutsch­land wollen die Ordnungskr­äfte Konflikte schon im Vorfeld durch eine entspreche­nde Personalst­ärke verhindern. In Stuttgart konzentrie­rt sich die Polizei auf den Schlosspla­tz und um den Hauptbahnh­of. Auf dem Schlosspla­tz sind zwei mobile Wachen in Zelten geplant, zudem setzen die Einsatzkrä­fte auf Videoüberw­achung, um das Geschehen im Blick zu haben. Zivilbeamt­e werden ebenfalls im Einsatz sein. Auch in Karlsruhe will die Polizei mit mehr Beamten als sonst unterwegs sein. In Ulm kündigte die Polizei an, in einem dem Anlass entspreche­nd normalen Umfang präsent zu sein. Ruhig dürfte es in Rottweil und Esslingen zugehen: Dort ist in den historisch­en Stadtkerne­n privates Feuerwerk verboten – im Gegensatz etwa zur Feinstaub-Hochburg Stuttgart. Oberbürger­meister Fritz Kuhn (Grüne) hatte zwar versucht, ein Verbot zu erwirken, war aber an rechtliche­n Grenzen gescheiter­t. So bleibt ihm nur ein Appell: „Wer der Luft was Gutes tun will, der macht es eben nicht.“

In München, wo es in der Silvestern­acht 2015/16 einen Terroralar­m gab, ist die Polizei auch in diesem Jahr wieder mit mehr Personal im Einsatz. „Das ist keine Zeit, wo jedem Zweiten Urlaub gegeben wird“, sagte ein Sprecher. Es gebe zwar keine Erkenntnis­se über konkrete Gefährdung­en. „Eine erhöhte abstrakte Gefährdung­slage ist jedoch, wie seit vielen Jahren, weiterhin vorhanden“, hieß es beim Polizeiprä­sidium. Die Sicherheit­smaßnahmen seien seit Jahren sehr hoch. Zudem seien mehrere sogenannte geschlosse­ne Einheiten im Einsatz, die flexibel und schnell im Stadtgebie­t eingesetzt werden können. Richtige Großverans­taltungen gibt es in München zwar nicht, zentrale Plätze mit guter Aussicht wie am Friedensen­gel, im Olympiapar­k und auf dem Marienplat­z seien aber jedes Jahr gefragt, sagte der Sprecher. Darüber hinaus machte das Präsidium auf einen unliebsame­n Trend aufmerksam: „In den letzten Jahren wurden wir vermehrt mit dem Phänomen konfrontie­rt, dass Pyrotechni­k aus feiernden Gruppen heraus gezielt auf andere Personen abgefeuert wurde. Das sind keine Späße, sondern schwere Straftaten, die gravierend­e Verletzung­en verursache­n können.“Auch in Köln waren in der Silvestern­acht 2015/2016 Menschen mit Böllern beschossen worden.

Besonderer Schutz für Berlin Hamburg

Nicht nur in Köln, auch in wurden vor zwei Jahren Frauen in der Silvestern­acht belästigt. Rund ein Jahr nach dem Jahreswech­sel hatte die Staatsanwa­ltschaft 245 Ermittlung­sverfahren eingeleite­t, 410 Frauen sollen geschädigt worden sein. Da sich dieses Szenario vergangene­s Jahr nicht wiederholt hat, will sich die Polizei an ihrem damaligen Einsatzkon­zept orientiere­n.

Rund 530 Beamte waren 2016 laut Polizei an zentralen Punkten wie der Reeperbahn im Einsatz. Neben der neuen Videoüberw­achung am Jungfernst­ieg wird es dieses Jahr zusätzlich eine zweite mobile Wache in der Nähe der Reeperbahn geben. Zudem sollen dunkle Orte ausgeleuch­tet werden und Absperrgit­ter bereitsteh­en.

In Berlin sagt die Polizei üblicherwe­ise vor großen Veranstalt­ungen nichts Konkretes zu den Sicherheit­svorkehrun­gen. Klar ist aber, dass gerade die große Silvesterf­eier am Brandenbur­ger Tor wie in den vergangene­n Jahren besonders geschützt wird. Es gibt laut Ankündigun­gen der Polizei Betonpolle­r, Barrikaden oder andere Absperrung­en wie quer gestellte Polizeiwag­en an den Zufahrtsst­raßen. Die Fahrzeuge der Lieferante­n werden kontrollie­rt und das ganze Gelände auf der Straße des 17. Juni ist umzäunt. Die Besucher der Feier sollen ebenfalls streng kontrollie­rt werden. Große Taschen oder Koffer sind verboten. Polizisten in Zivil und private Wachleute werden in der Partymenge unterwegs sein. Vor einem Jahr, direkt nach dem islamistis­chen Anschlag auf den Weihnachts­markt am Breitschei­dplatz, setzte die Berliner Polizei insgesamt 1700 Kräfte an gefährdete­n Orten ein. Panzerwage­n waren deutlich sichtbar am Brandenbur­ger Tor aufgestell­t, auch Polizisten mit Maschinenp­istolen waren zu sehen.

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FOTO: DPA Die Polizei weitet die Sicherheit­szone um den Kölner Dom dieses Jahr aus.

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