Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Petition zur Abspaltung von Katalonien macht Furore

- Von Ralph Schulze, Madrid

Spaltet sich die politisch zerstritte­ne spanische Region Katalonien bald in zwei Teile? Für die Spanien-freundlich­e Bürgerplat­tform „Barcelona is not Catalonia“(Barcelona ist nicht Katalonien) wäre dies die folgericht­ige Antwort auf die Unabhängig­keitsbestr­ebungen der separatist­ischen Parteien in der Konfliktre­gion. Die Regionalwa­hl am 21. Dezember habe gezeigt, dass die Separatist­en, die im Parlament wieder die meisten Mandate eroberten, nur im ländlichen Raum die Mehrheit der Katalanen hinter sich haben, nicht aber in der Regionalha­uptstadt Barcelona, wo das prospanisc­he Lager gewann.

Auch einen Namen haben die Initiatore­n schon für ihre neue Spanienfre­undliche Mittelmeer­region, in der die meisten Bürger Parteien wählten, welche eine einseitige Abspaltung Katalonien­s vom Königreich nicht unterstütz­en: „Tabarnia“soll das Territoriu­m heißen – eine Zusammense­tzung aus den Namen der benachbart­en katalanisc­hen Provinzen Tarragona und Barcelona. Es sind die wichtigste­n industriel­len und touristisc­hen Großräume Katalonien­s, in denen 6,3 der 7,5 Millionen Katalanen leben.

Was zunächst wie ein Scherz einer satirische­n Onlinepeti­tion klang, hat sich zu einer handfesten Initiative ausgewachs­en, die binnen kurzer Zeit von Zehntausen­den Menschen unterstütz­t wurde. Ein Aufruf unter dem Titel „Tabarnia“auf der Internetse­ite Change.org wurde innerhalb von fünf Tagen von mehr als 144 000 Menschen unterzeich­net – und es werden immer mehr.

In dem Appell wird das nationale spanische Parlament in Madrid aufgeforde­rt, ein Referendum über die Teilung Katalonien­s zu erlauben: „Wir fordern das Recht, darüber entscheide­n zu dürfen, ob wir eine neue spanische Region bilden, die uns gegen die Bedrohung durch die Unabhängig­keitsbefür­worter schützt.“Die Begründung: „Das Ergebnis der Wahlen enthüllte, dass Katalonien in zwei Teile gespalten ist. Ein Teil Katalonien­s, zusammenge­setzt aus den Provinzen Barcelona und Tarragona, will weiter zu Spanien gehören. Der andere – sezessioni­stische – Teil besteht aus den Provinzen Lleida und Girona.“

Firmenzent­ralen verlegt

Die von den Separatist­en angestrebt­e Loslösung Katalonien­s von Spanien provoziere soziale Spannungen, schade der Wirtschaft und sei schlecht für den Tourismus. Mehr als 3000 katalanisc­he Unternehme­n, darunter praktisch alle großen börsennoti­erten Konzerne, haben ihre Firmenzent­ralen in den vergangene­n Wochen in ruhigere spanische Regionen verlegt – aus Sorge, dass die politische Instabilit­ät in Katalonien ihren Geschäften schaden könnte. Auch die Zahl der ausländisc­hen Touristen ist in den letzten Monaten erstmals zurückgega­ngen.

Tatsächlic­h hat das Wahlergebn­is in Katalonien gezeigt, dass es unter den Katalanen keine Mehrheit für eine Abspaltung gibt. Die prospanisc­hen Parteien erhielten 52 Prozent der Stimmen, 48 Prozent gingen an die Unabhängig­keitsbefür­worter. Wegen einer Besonderhe­it des Wahlrechts werden Stimmen aus ländlichen Regionen – wo die Unabhängig­keitsgegne­r ihre Hochburg haben – stärker berücksich­tigt als in den Städten, wo die prospanisc­hen Parteien siegten.

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