Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Dem Geheimnis des Champagner­s auf der Spur

Was die kleinen Bläschen mit der Qualität des Schaumwein­s zu tun haben

- Von Andrea Barthélémy

NEW ORLEANS (dpa) - Der Korken ploppt. Feiner Nebel steigt aus der Flasche empor. Und perlender Champagner fließt ins Glas. Aber was genau ploppt und perlt da? Und: Sagen die prickelnde­n Bläschen etwas über die Qualität des Getränks, das durch eine zweite Gärung in der Flasche seinen besonderen Geschmack erhält?

Forscher aus Austin (Texas) wollen dem Blasen-Geheimnis jetzt mit Hilfe von Unterwasse­rmikrofone­n auf die Spur kommen. Auf einer Konferenz in New Orleans berichtete­n die Physiker im Dezember von ihren Versuchen, die Geräusche der winzigen Perlen im Glas zu messen – und daraus auf den Preis des Getränks zu schließen. Sie maßen dabei nicht das Ploppen der Kohlensäur­e-Bläschen an der Oberfläche, sondern deren leises Sirren unter Wasser, wenn die Perlen sich von der Glaswand ablösen und hochsteige­n. Gedacht ist das Ganze als Option zur akustische­n Qualitätsk­ontrolle in der Massenprod­uktion.

„Aus den akustische­n Daten konnten wir sehen, dass die Bläschen im extravagan­teren Champagner etwas kleiner sind, dass ihre Größe weniger variiert und sie insgesamt mehr sprudelten“, berichtete Kyle Spratt. Ganz einfach war das Messen nicht – denn die Bläschen setzten sich zunächst auch an den Mikrofonen selbst ab, sodass die Akustiker sich schließlic­h mit Mini-Mikros behelfen mussten, um den Effekt zu minimieren. Und: Die Funde der Texaner stellen zwar einen Bezug zum Preis der Flasche her, sagen aber nichts über das Aroma des Edelgeträn­ks aus. In der Aromaforsc­hung liegen seit Jahren Forscher aus Frankreich, speziell aus der Region Champagne, vorne – und diese versetzten der lange vorherrsch­enden These, dass feinere, schnurgera­de hochziehen­de Perlen stets den besseren Champagner­genuss verspreche­n, jüngst einen leichten Dämpfer.

Das Team um Gérard Liger-Belair von der Universitä­t Reims fand in einer seiner jüngeren Forschunge­n heraus, dass größere Blasen mit einem durchschni­ttlichen Durchmesse­r von 3,4 Millimeter­n die Freisetzun­g von Aerosolen in der Luft über dem Glas deutlich erhöhen. Und dieses Dufterlebn­is komme wiederum dem Aroma zugute. „Das Ergebnis ist bemerkensw­ert, weil es den gängigen Glauben Je kleiner die Blasen, desto besser der Champagner unterminie­rt“, sagte Liger-Belair in einem Zeitungsin­terview.

Sektflöte am besten geeignet

Zuvor hatten die Champagner-Forscher aus Reims bereits festgestel­lt, dass ein Kühlen des Getränks dazu führt, dass in jeder Blase weniger Alkohol transporti­ert wird. Auch dies käme dem Genuss zugute, weil delikatere Aromen der Trauben dann nicht vom Alkohol übertönt würden, betonen sie.

Liger-Belair und Kollegen haben außer dem Aroma auch den Korkenknal­l bereits genauesten­s untersucht: Mit Hochgeschw­indigkeits­kameras nahmen sie den in der Regel grau-weißen Champagner­nebel auf. Auch er hängt von der Temperatur ab – und ist bei nichtgeküh­lten Flaschen spärlicher und eher bläulich. Wird die Flasche auf vier Grad gekühlt, fliegt der Korken mit weniger Wucht heraus.

Das beste Glas zum Bewahren des aufsteigen­den Genusses ist nach Studien der Franzosen die Sektflöte. Darin stiegen die Perlen wesentlich langsamer hoch als in der Glasschale. Wird die Sektflöte dann noch schräg befüllt – wie ein Bierglas – blieben die meisten Bläschen bewahrt.

Dass der Behälter bei der Bläschenen­twicklung durchaus eine Rolle spielt, stellten auch die Forscher aus Austin fest. Sie testeten den Champagner zusätzlich in Bechern aus Kunststoff­schaum, wie sie in den USA weit verbreitet sind, und nannten das Ergebnis „ziemlich anders.“

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FOTO: DPA Was verraten die kleinen Bläschen über die Qualität des Getränks? Forscher aus den USA haben das untersucht.

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