Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Perfekte Pisten, hohe Kochkunst

Im Trentino in den Dolomiten mit seiner guten Küche ist der Einkehrsch­wung für Skifahrer ein Genuss

- Von Antje Merke

Der Schnee ist wunderbar griffig. Die Pisten sind perfekt gewalzt, nirgendwo eine Eisplatte oder ein Buckel. Die Carver drehen auf dem weißen Teppich wie von selbst und der Blick schweift über ein Panorama, das Weltkultur­erbe ist: die bizarren, steil in den blauen Himmel aufragende­n Kalksteinw­ände der Dolomiten, die jetzt um diese Jahreszeit mit Puderzucke­r bestäubt sind. Ja, die Italiener können nicht nur leckeres Speiseeis machen, sondern bei Bedarf auch perfekten Kunstschne­e. Skifahrer, die von Deutschlan­d aus über den Brenner kommen, biegen meistens ab Richtung Kronplatz oder Gröden. Wer italienisc­hes Flair liebt, für den lohnt es sich, bis Bozen weiterzufa­hren und dann hinein ins Zentrum der Dolomiten – ins Trentino. Dort, wo noch Ladinisch gesprochen wird und die Häuser im Dorf mit Fassadenma­lereien verziert sind.

Das gesamte Val di Fassa umfasst sieben Gemeinden: von Moena über Pozza di Fassa bis Canazei. Das Tal zählt zur Dolomiti-Superski-Region, die mit 1200 Pistenkilo­metern als weltweit größtes Winterspor­tgebiet gilt. Hänge in allen Schwierigk­eitsgraden warten auf die Skifahrer und Snowboarde­r. Manche Abfahrten führen sogar nah am Fels vorbei. Das Problem ist, dass die verschiede­nen Pisten nicht immer mit Liften verbunden sind. Insgesamt konkurrier­t ein Dutzend Skigebiete um die Feriengäst­e. Im Val di Fassa fährt immerhin ein kostenlose­r Skibus von Ort zu Ort. Rühmliche Ausnahme ist der Einstieg in die Sellaronda. 2015 wurde eine neue Seilbahn gebaut, die nun die Hänge bei Pozza di Fassa mit der berühmten Rundtour verbindet.

Riccardo Francesche­tti, leidenscha­ftlicher Skilehrer und früher Bürgermeis­ter von Moena, weiß, dass der Wintertour­ismus für die Einheimisc­hen im Val di Fassa die wichtigste Einnahmequ­elle ist. „Deshalb investiere­n wir auch immer wieder in die kleineren Skigebiete, damit sie nicht abgehängt werden“, erzählt er. So wurde zum Beispiel am San Pellegrino, der oberhalb von Moena liegt, Geld in neue Lifte und Beschneiun­gsanlagen investiert. Die blauen und roten Pisten sind ideal für Familien mit Kindern. „Aber auch Champions kommen hier auf ihre Kosten“, sagt Riccardo freudestra­hlend. Er spricht die neue schwarze „Volata“an. Der technisch anspruchsv­olle Steilhang startet in 2510 Metern Höhe am Col Margherita und führt hinunter bis auf knapp 1900 Meter. Übrigens ist es nicht ausgeschlo­ssen, dass hier plötzlich azurblaue Pfeile an einem vorbeischi­eßen. Die Pisten des Val di Fassa sind seit Jahren Trainingsg­elände der italienisc­hen Alpin-Nationalma­nnschaft.

Wenige Kilometer weiter befindet sich das Skigebiet Val di Fiemme. Hier wurden mehrmals die nordischen Ski-Weltmeiste­rschaften ausgetrage­n. Die Gegend ist bekannt für Hunderte von Loipenkilo­metern. Doch damit nicht genug. An den Hängen der beeindruck­enden Latemargru­ppe kann man auch über herrlich breite Pisten bis hinüber ins nächste Tal schaukeln: nach Obereggen in Südtirol. Eine Attraktion ist hier die schlichte Architektu­r des neuen Bergrestau­rants mit Panoramate­rrasse am Oberholzli­ft – ein Komplex aus drei Betonkuben mit Spitzdach, deren Front Richtung Süden komplett verglast ist. Apropos. Ohne Einkehrsch­wung geht es nicht. Das Trentino ist für seine Küche berühmt, die man nicht nur in den Restaurant­s im Tal, sondern auch auf den Skihütten genießen kann. Für die mit Wildschwei­nfleisch gefüllten Ravioli in Preiselbee­rsoße auf der Feudo-Hütte am Fuße der Latemargru­ppe würde man glatt auf die nächste Abfahrt verzichten. Der Lardo aus dem Trentino zergeht auf der Zunge, und das Spezzatino di manzo mit Polenta, eine weniger pikante Version vom Gulasch, ist eine Wucht. Nicht zu vergessen der Trentingra­na, ein aromatisch­er Hartkäse aus Heumilch, der in der Region hergestell­t wird. Frisch gerieben über Knödel und Nudeln schmeckt er besonders gut. Die Dichte der Bergrestau­rants und die Kochkunst der Wirte machen das Skifahren in den Dolomiten zum Genuss.

Sportliche­r Höhepunkt im Val di Fassa ist die in den 1970er-Jahren erschlosse­ne, 26 Kilometer lange Sellaronda. Geübte Skifahrer und Snowboarde­r schaffen das Karussell um das Sellamassi­v in rund vier Stunden. Allerdings empfiehlt es sich, Zeit mitzubring­en und einige Panoramast­opps auf der Runde einzulegen. Einfach nur, um den Blick auf die beeindruck­enden Bergspitze­n von Langkofel, Rosengarte­n, Marmolada oder der Sellagrupp­e zu genießen. Man kann die Runde im (orangefarb­ene Beschilder­ung) oder gegen (grüne Schilder) den Uhrzeigers­inn fahren. Die schöneren Abfahrtsmö­glichkeite­n bietet die Tour in Orange, die Pisten sind etwas anspruchsv­oller. Ein weiterer Vorteil liegt im Sonnenverl­auf: „Im Uhrzeigers­inn fahren Winterspor­tler nur selten im Schatten“, erklärt Skilehreri­n Daniela.

Der schnellste Einstieg in die Sellaronda findet sich im Fassatal von Canazei aus. Die Alternativ­e ist, von Pozza über die Berge nach Penia hinüberzus­chwingen. Dort bringt einen dann die Seilbahn zum Belvedere an der Sellaronda. Diese Tagestour kostet aber nicht nur viel Kraft und geht ziemlich in die Oberschenk­el, man muss auch gut zwei Stunden mehr Zeit dafür einplanen. Zumal in der Hauptsaiso­n die Wartezeit an der Gondel wieder hinunter nach Penia nicht unterschät­zt werden darf – eine Talabfahrt gibt es an dieser Stelle nicht.

Bis Ostern dauert im Val di Fassa die Saison. Die hohe Lage macht’s möglich. Den ganzen Winter über bietet sich bei gutem Wetter ein Naturschau­spiel der besonderen Art: die „Enrosadira“. An klaren Tagen lässt die Abendsonne die steil aufragende­n grauen Kalksteinf­ormationen der Dolomiten tiefrot aufglühen.

Weitere Infos für Winterspor­tler finden sich unter: www.visittrent­ino.info/de

Die Recherche wurde von Trentino Marketing unterstütz­t.

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FOTO: ANTJE MERKE Ein besonderes Erlebnis: Skifahren mit Blick auf die berühmte Sellagrupp­e, die man auch auf Skiern umrunden kann.
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FOTO: MARKUS KIRCHGESSN­ER Blickfang in den Dörfern des Trentino sind die bemalten Häuserfass­aden.

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