Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Grenze des guten Geschmacks liegt bei Isny
Natürlich ist die Überschrift irreführend. Legt sie doch den Gedanken nahe, bei Isny gebe es eine kulinarische Grenze, die ein bestimmter Gastronom nach unten überschritten haben könnte. Dabei ist alles ganz anders: Das Gasthaus „Zur Grenze“in Maierhöfen heißt vielmehr aus gutem Grund so, denn das Gebäude steht in zwei Bundesländern gleichzeitig. Damit hat es sich dann aber schon, wenn es um die Frage der Grenzwertigkeit geht.
Das Essen ist jedenfalls diesseits des guten Geschmacks, wofür Küchenchef Georg Rainer Verantwortung trägt. Und seine Frau Hannelore ist die Chefin draußen im Kontakt mit den Gästen, wobei sie darin keine Grenzen, aber Maßstäbe setzt. Nun aber genug der bemühten Wortspiele.
Eines ist sofort beim Betreten des Landhotels für den „reisen- den Gourmet“, wie die Eigenwerbung angibt, sonnenklar: Es handelt sich um ein äußerst gepflegtes Haus, in dem noch Inhaber mit ihrer ganzen Seele, ihrem gesamten Kapital und schließlich ihrem Herzblut dabei sind. Das geht schon los bei der Begrüßung, die keineswegs floskelhaft wirkt, sondern von herzenswarmem Interesse zeugt. Sie ist halt eine Gastgeberin durch und durch, die Frau Rainer. Dabei bewahrt sie stets eine Würde, die dem Gast automatisch vermittelt, dass es sich bei diesem Gasthaus nicht um irgendeine Absteige mit angeschlossener Futterkrippe handelt, sondern um ein Haus mit Stil. Der Inneneinrichter war vermutlich – wie sehr viele im Allgäu – leidenschaftlicher Holzschnitzer. Denn Holz ist der Rohstoff, der die Atmo- sphäre der großen Gasträume bestimmt. Abends ist feierlich eingedeckt und die Karte weist den Weg zu einer gepflegten Geschmackswelt, die sowohl saisonale als auch regionale Anklänge kennt und durchaus eine Prise Eleganz in die Kulinarik einstreut. Ein schönes Beispiel dafür ist das Kürbissüppchen, das mit süßlichen Aromen spielt. Außergewöhnlich gelungenes Detail: eine gebratene Wachtelbrust, die saftiger kaum sein könnte. Die Rinderbrühe mit Brätstrudel ist ein ebenso löbliches, weil handwerklich gutgemachtes Gericht.
Ein kleines bisschen hinter den durch die ausgezeichneten Vorspeisen geweckten Erwartungen bleibt die Entenbrust. Denn obwohl der Garpunkt medium gut getroffen ist, präsentiert sich das Fleisch doch gänzlich von Zartheit verlassen, zudem ist die Haut nicht mehr richtig knusprig, als der Teller am Tisch anlandet. Von ordentlicher Kraft ist indes die Sauce, mit der auch die hausgemachten Kartoffelkrapfen in ihrer knusprigen Hülle benetzt sind.
Beim Dessert schließlich zeigt Küchenchef Georg Rainer seine ganze Routine anhand gefüllter Brandteigleckereien. Eine Mousse aus Quark und Mango umspielt da sanft den Gaumen, während der Windbeutel im Kontrast dazu knuspert.
Und damit ist am Ende klar: Der Begriff „Grenze“steht im gleichnamigen Haus für die fast unbegrenzte Verlässlichkeit, eine sehr gepflegte Mahlzeit erwarten zu dürfen.