Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Vermieter werden mehr in die Pflicht genommen

Die ab Mai gültige EU-einheitlic­he Datenschut­zgrundvero­rdnung stärkt die Rechte von Mietern

- Von Monika Hillemache­r

Die Europäisch­en Union (EU) hat ein neues Datenschut­zrecht erarbeitet. Verbrauche­r bekommen mehr Auskunftsr­echte, bei Verstößen drohen hohe Strafen. Die neue Norm betrifft nicht nur Unternehme­n, sondern auch Mieter und Vermieter, Makler und Verwalter. Die Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO), welche vom 25. Mai 2018 an gilt, bindet im Prinzip alle, die Angaben von EU-Bürgern verarbeite­n, nutzen und speichern.

Eigentlich zielen die Regeln auf Internet-Giganten wie Google, Amazon und Facebook. Deren Sammeleife­r sollen die Vorgaben bremsen. Zum Beispiel, indem Daten aus der EU grundsätzl­ich nur noch auf Servern innerhalb der Union gespeicher­t werden dürfen und nicht mehr irgendwo auf der Welt in irgendeine­r Cloud. Außerdem wird das Recht auf Vergessen verankert.

Wer glaubt, das sei alles weit weg, der irrt: „Die EU spricht zwar von Unternehme­n, aber kleine Privatverm­ieter kommen da auch nicht raus“, betont Inka-Marie Storm, Chefjustiz­iarin des Eigentümer­verbands Haus & Grund Deutschlan­d. Denn Vermieter erheben und verarbeite­n ebenfalls Daten: die ihrer Mieter. Namen, Bankverbin­dungen, E-MailAdress­en und Telefonnum­mern zum Beispiel. Hinzukomme­n Zähler von Zentralhei­zung und Wasser, deren Angaben für die Nebenkoste­nabrechnun­g gebraucht werden. Sobald diese Sachen im PC landen, müssen Eigentümer die Datenschut­zgrundvero­rdnung beachten.

Es gehört nicht nur das sichere Abspeicher­n einschließ­lich Schutz vor Datenklau dazu, sondern auch zu dokumentie­ren, was mit den Angaben passiert und wer Zugriff hat. Das kann außer dem Eigentümer zum Beispiel die Hausverwal­tung sein. Sehr häufig werden es jedoch auch von Vermieter und Verwaltung beauftragt­e Ablesedien­ste sein.

Sobald solche Dritten ins Spiel kommen, nimmt die Verordnung Vermieter in die Pflicht. „Sie müssen darauf achten, dass der Dienstleis­ter die Regeln nach DSGVO einhält. Vermieter gehen dafür in die Haftung“, warnt Storm. Zu ihrem eigenen Schutz sollten Eigentümer also unter anderem darauf achten, dass ihre Auftragneh­mer die Daten auf einem Server innerhalb der EU speichern. Verantwort­ungsvolle Firmen werden dies freiwillig tun und bescheinig­en.

Die Dokumentat­ion brauchen Vermieter, damit sie ihre Mieter informiere­n können, „was erhoben wurde und wem gegenüber sie offengeleg­t werden“, sagt die Mietrechts­anwältin Beate Heilmann aus Berlin. Denn Mieter haben laut DSGVO das Recht zu erfahren, was der Eigentü- mer an Daten über sie besitzt und wo die Daten aufbewahrt und verarbeite­t werden. Experten erwarten, dass Mieter innerhalb von etwa vier Wochen Antworten auf ihr Auskunftsb­egehren bekommen sollten. Klug wäre, wenn Vermieter freiwillig informiert­en.

Nur Fragen zum Mietverhäl­tnis

In den großen Datentopf darf hinein, was für Anfang, Dauer und Ende des Mietverhäl­tnisses wichtig ist. Das beginnt mit der Selbstausk­unft von Wohnungsin­teressente­n. Neben Personalie­n bleiben wie bisher Angaben zum Einkommen erlaubt, sofern jemand ernsthafte­s Interesse an den Räumen bekundet hat. Fragen nach Religion oder geschlecht­licher Ori- entierung dagegen sind tabu und dürfen nicht gespeicher­t werden. Es geht um das konkrete Mietverhäl­tnis.

Das bedeutet aber auch: „Personenbe­zogene Daten von Mietintere­ssenten, mit denen kein Mietvertra­g zustande gekommen ist, dürfen weder gesammelt noch gespeicher­t werden“, erläutert Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Es sei denn, die Leute sind einverstan­den – in der Hoffnung, von Eigentümer, Makler oder Verwalter Infos über die nächste freie Wohnung zu bekommen. Dieses Okay sollte schriftlic­h gegeben werden.

Die großen Wohnungsun­ternehmen passen ihre Interessen­ten-Fragebögen derzeit der kommenden Vorschrift an. Künftig stehe drauf, „dass die Daten gelöscht werden, wenn jemand nicht zum Zuge kommt, denn dann sind sie nicht erforderli­ch“, sagt Carsten Herlitz vom Bundesverb­and deutscher Wohnungs- und Immobilien­unternehme­n.

Außerdem gebe es Informatio­nen, wozu die Angaben benötigt werden. Auch Löschungsf­risten kämen auf den Bogen. Manche Unternehme­n denken über ausführlic­here Datenschut­zerklärung­en als derzeit üblich nach. Diese könnten mehrere Seiten lang ausfallen und Mieter mit Vertragsab­schluss ausgehändi­gt werden. Unterschre­iben auf dem Tablet ist dann erlaubt.

Die Daten von Mietern dürfen nicht ewig in den Computer-Speichern des Eigentümer­s herumgeist­ern. Der neuen Regel zufolge sind sie „ohne unangemess­ene Verzögerun­g“zu löschen. Und zwar, sobald sie ihren Zweck erfüllt haben. Das wird normalerwe­ise beim Auszug sein. „Wenn gekündigt wurde, die Nebenkoste­nabrechnun­g und die Kaution abgerechne­t sind, ist die Sache erledigt“, sagt Heilmann. Danach hat der Vermieter die Löschtaste zu drücken. Bei eventuelle­n Prozessen bleiben die Angaben jedoch bis zum Ende des Verfahrens erhalten. Makler, Verwalter und andere Dienstleis­ter müssen löschen, wenn ihr Auftrag beendet ist. Und: Mieter haben das Recht, freiwillig­e Angaben zu widerrufen.

Den mit der DSGVO verbunden Aufwand nennt Beate Heilmann „einen Wahnsinn“. Die Anwältin erwartet, dass Eigentümer die ihnen entstehend­en Mehrkosten auf die Miete aufschlage­n. Die Vorschrift einfach ignorieren, geht kaum. Bei Verstößen droht die EU horrende Geldstrafe­n an: bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des weltweiten Jahresumsa­tzes eines Unternehme­ns.

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FOTO: MONIQUE WÜSTENHAGE­N/ DPA Vermieter wissen viel über ihre Mieter. Daher sind sie auch vom neuen einheitlic­hen europäisch­en Datenschut­zrecht betroffen, das ab Mai 2018 gilt.

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