Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Digitale Parkscheib­e: Erlaubt, aber nicht gut sichtbar

Eigentlich wollte Karl Rapp mit dem Gerät Strafzette­l vermeiden, jetzt erhält er besonders viele

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Mit dem Ziel, nie mehr einen Strafzette­l an der Windschutz­scheibe seines Autos vorzufinde­n, weil er vergessen hat, seine Parkscheib­e einzustell­en, hat sich Karl Rapp aus Ennetach ein elektronis­ches Exemplar angeschaff­t. Sobald sein Wagen hält, stellt sich die Uhr der digitalen Anzeige automatisc­h ein. Doch in der Mengener Innenstadt hat eine Mitarbeite­rin des Ordnungsam­ts diese Parkscheib­e nun schon zweimal hintereina­nder nicht beachtet. Fehlende Fachkenntn­is, glaubt Rapp. Fehler, die passieren können, findet Andreas Steck, Leiter des Ordnungsam­ts.

Äußerst nützlich fand Karl Rapp die Anschaffun­g seiner elektronis­chen Parkscheib­e bislang. „Die Uhrzeit, zu der ich parke, wird automatisc­h eingestell­t“, sagt er. „Das ist sehr praktisch.“Weil die Parkscheib­e direkt an der Windschutz­scheibe befestigt sei, sei ein vergessen der Parkscheib­e unmöglich. Er muss jetzt nur noch daran denken, die vorgeschri­ebene Höchstpark­dauer nicht zu überschrei­ten.

Zwei Verwarnung­en

Das Blöde ist nun: Obwohl Rapp eine vom Bundesmini­sterium für Verkehr, Bau und Stadtenwic­klung sowie vom Kraftfahrt-Bundesamt zugelassen­e elektronis­che Parkscheib­e besitzt (siehe Bild) und sich innerhalb der Parkdauer befand, hat er im November und Dezember je einen grünen Zettel vom Ordnungsam­t an seiner Scheibe gefunden. „Es hieß in beiden Schrei- ben, dass ich gar keine Parkscheib­e eingestell­t hätte“, sagt Rapp. Er hat daraufhin im Rathaus vorgespro- chen, Einsicht in die Beweisbild­er erhalten und konnte das Vorhandens­ein der elektronis­chen Parkscheib­e Die elektronis­che Parkscheib­e wird an der Windschutz­scheibe befestigt und stellt sich beim Parken automatisc­h ein. erklären. „Daraufhin musste ich auch kein Verwarngel­d zahlen“, sagt er. Beim zweiten Mal hätte er dann Informatio­nen zur elektronis­chen Parkscheib­e mit ins Rathaus gebracht. „Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass die Mitarbeite­rin diese Art von Parkscheib­e gar nicht kennt“, sagt er. Dabei seien diese unter bestimmten Voraussetz­ungen (erteilte Typengeneh­migung, nach Aktivierun­g darf sie ihre Einstellun­g nicht verändern, sie darf nicht fernsteuer­bar sein, die Zahlen brauchen eine Mindesthöh­e von zwei Zentimeter­n, das Wort „Ankunftsze­it“steht über dem Display und das Verkehrsze­ichen „P“wird verwendet) durchaus erlaubt. „Es ist nur vorgeschri­eben, dass die Parkscheib­e von außen gut sichtbar sein soll“, sagt er. „Auf welcher Seite der Windschutz­scheibe ich sie anbringe, ist egal.“Er vermutet, dass die Mitarbeite­rin der Stadtverwa­ltung nur links am Auto vorbeigega­ngen ist und deshalb nicht auf die rechts angebracht­e Scheibe geachtet hat. „Sie sollte ihren Job aber schon ernst nehmen“, sagt er und befürchtet, nun regelmäßig zur Aufklärung ins Rathaus marschiere­n zu müssen.

Davon geht Andreas Steck, Leiter des Sachgebiet­s Recht, Sicherheit, Ordnung und Bauwesen, allerdings nicht aus. Natürlich seien die elektronis­chen Parkscheib­en im Ordnungsam­t bekannt, allerdings würden sie im Mengener Stadtgebie­t so gut wie keine Anwendung finden. Abgesehen von Rapp könne sich Steck an keine Reklamatio­n erinnern. „Das Problem mit den elektronis­chen Parkscheib­en ist, dass sie oft erheblich kleiner sind als die herkömmlic­hen“und das Display hinter der spiegelnde­n Scheibe manchmal kaum erkennbar sei, sodass ganz bewusst gesucht werden müsse. „So war es wohl auch beim Fall von Herrn Rapp.“Auf den Beweisfoto­s könne das Gerät nur erahnt werden, wenn man darauf hingewiese­n würde. „Der Gemeindevo­llzugsdien­st ist darauf bedacht, gewissenha­ft nach einer Parkscheib­e zu schauen, ganz vermeiden kann man Fehler aber nicht“, sagt Steck. Das Auto von Karl Rapp haben sich die Betroffene­n jetzt aber sicher gemerkt...

Laut Steck gibt es etwa einmal pro Tag eine Beschwerde wegen zu bezahlende­r Verwarngel­der. Einmal in der Woche möchten Autofahrer Einsicht in die Beweisbild­er nehmen. Im Schnitt zweimal in der Woche versuchen Menschen, die Verwarngel­der bar im Rathaus zu bezahlen. „Das ist aber nicht möglich“, betont Steck.

In den vergangene­n fünf Jahren wurden durchschni­ttlich 2350 Verwarnung­en pro Jahr ausgesproc­hen und dadurch im Schnitt 22 500 Euro im Jahr eingenomme­n.

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