Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Digitale Parkscheibe: Erlaubt, aber nicht gut sichtbar
Eigentlich wollte Karl Rapp mit dem Gerät Strafzettel vermeiden, jetzt erhält er besonders viele
MENGEN - Mit dem Ziel, nie mehr einen Strafzettel an der Windschutzscheibe seines Autos vorzufinden, weil er vergessen hat, seine Parkscheibe einzustellen, hat sich Karl Rapp aus Ennetach ein elektronisches Exemplar angeschafft. Sobald sein Wagen hält, stellt sich die Uhr der digitalen Anzeige automatisch ein. Doch in der Mengener Innenstadt hat eine Mitarbeiterin des Ordnungsamts diese Parkscheibe nun schon zweimal hintereinander nicht beachtet. Fehlende Fachkenntnis, glaubt Rapp. Fehler, die passieren können, findet Andreas Steck, Leiter des Ordnungsamts.
Äußerst nützlich fand Karl Rapp die Anschaffung seiner elektronischen Parkscheibe bislang. „Die Uhrzeit, zu der ich parke, wird automatisch eingestellt“, sagt er. „Das ist sehr praktisch.“Weil die Parkscheibe direkt an der Windschutzscheibe befestigt sei, sei ein vergessen der Parkscheibe unmöglich. Er muss jetzt nur noch daran denken, die vorgeschriebene Höchstparkdauer nicht zu überschreiten.
Zwei Verwarnungen
Das Blöde ist nun: Obwohl Rapp eine vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtenwicklung sowie vom Kraftfahrt-Bundesamt zugelassene elektronische Parkscheibe besitzt (siehe Bild) und sich innerhalb der Parkdauer befand, hat er im November und Dezember je einen grünen Zettel vom Ordnungsamt an seiner Scheibe gefunden. „Es hieß in beiden Schrei- ben, dass ich gar keine Parkscheibe eingestellt hätte“, sagt Rapp. Er hat daraufhin im Rathaus vorgespro- chen, Einsicht in die Beweisbilder erhalten und konnte das Vorhandensein der elektronischen Parkscheibe Die elektronische Parkscheibe wird an der Windschutzscheibe befestigt und stellt sich beim Parken automatisch ein. erklären. „Daraufhin musste ich auch kein Verwarngeld zahlen“, sagt er. Beim zweiten Mal hätte er dann Informationen zur elektronischen Parkscheibe mit ins Rathaus gebracht. „Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass die Mitarbeiterin diese Art von Parkscheibe gar nicht kennt“, sagt er. Dabei seien diese unter bestimmten Voraussetzungen (erteilte Typengenehmigung, nach Aktivierung darf sie ihre Einstellung nicht verändern, sie darf nicht fernsteuerbar sein, die Zahlen brauchen eine Mindesthöhe von zwei Zentimetern, das Wort „Ankunftszeit“steht über dem Display und das Verkehrszeichen „P“wird verwendet) durchaus erlaubt. „Es ist nur vorgeschrieben, dass die Parkscheibe von außen gut sichtbar sein soll“, sagt er. „Auf welcher Seite der Windschutzscheibe ich sie anbringe, ist egal.“Er vermutet, dass die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung nur links am Auto vorbeigegangen ist und deshalb nicht auf die rechts angebrachte Scheibe geachtet hat. „Sie sollte ihren Job aber schon ernst nehmen“, sagt er und befürchtet, nun regelmäßig zur Aufklärung ins Rathaus marschieren zu müssen.
Davon geht Andreas Steck, Leiter des Sachgebiets Recht, Sicherheit, Ordnung und Bauwesen, allerdings nicht aus. Natürlich seien die elektronischen Parkscheiben im Ordnungsamt bekannt, allerdings würden sie im Mengener Stadtgebiet so gut wie keine Anwendung finden. Abgesehen von Rapp könne sich Steck an keine Reklamation erinnern. „Das Problem mit den elektronischen Parkscheiben ist, dass sie oft erheblich kleiner sind als die herkömmlichen“und das Display hinter der spiegelnden Scheibe manchmal kaum erkennbar sei, sodass ganz bewusst gesucht werden müsse. „So war es wohl auch beim Fall von Herrn Rapp.“Auf den Beweisfotos könne das Gerät nur erahnt werden, wenn man darauf hingewiesen würde. „Der Gemeindevollzugsdienst ist darauf bedacht, gewissenhaft nach einer Parkscheibe zu schauen, ganz vermeiden kann man Fehler aber nicht“, sagt Steck. Das Auto von Karl Rapp haben sich die Betroffenen jetzt aber sicher gemerkt...
Laut Steck gibt es etwa einmal pro Tag eine Beschwerde wegen zu bezahlender Verwarngelder. Einmal in der Woche möchten Autofahrer Einsicht in die Beweisbilder nehmen. Im Schnitt zweimal in der Woche versuchen Menschen, die Verwarngelder bar im Rathaus zu bezahlen. „Das ist aber nicht möglich“, betont Steck.
In den vergangenen fünf Jahren wurden durchschnittlich 2350 Verwarnungen pro Jahr ausgesprochen und dadurch im Schnitt 22 500 Euro im Jahr eingenommen.