Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bürger beklagen grobe Baumpflege
Zu viele Fällungen und Rückschnitte verursachen Ärger.
SIGMARINGEN - Immer wieder gibt es Klagen aus der Bevölkerung, dass die Stadtverwaltung sich mit groben Methoden Arbeiten bei der Pflege und Sicherung des Baumbestandes erspare. Eine Anwohnerin der Adalbert-Stifter-Straße im Hanfertal hat sich geärgert, dass in der vergangenen Woche an einem Abkürzungsweg zwischen der Hornsteiner Straße unter der Bahnlinie zur Langenenslinger Straße gesunde Laubbäume gefällt wurden. Ein anderer Bürger schimpft über die „unsachgemäße Verstümmelung“von Bäumen im Stadtgebiet.
„Alle großen Bäume sind weg, die hatten teilweise einen Stammdurchmesser von 30 Zentimetern“, sagt Gerlinde Hellweg. Es hätte in diesen Bäumen viele Vögel, vor allem auch Waldvögel wie Spechte oder Eichelhäher, gegeben. Die kämen nun natürlich nicht mehr. Drei große Nadelbäume habe man stehen lassen, die tief wurzelnden Laubbäume aber seien weg. „Ich bin oft im Wald und wandere auch dort, da kenne ich mich mit Bäumen schon aus“, sagt Hellweg. Die Bäume hätten keine erkennbaren Krankheiten gehabt und an den Stümpfen habe man erkennen können, dass die Bäume im Kern gesund seien. Die Jahresringe seien gleichmäßig und es gebe keine Fauloder Hohlstellen.
Geräusche der Bahnlinie lauter
Ihr Garten grenzt an den Fußweg und so hat sie zufällig die Baumfällarbeiten mitbekommen, weil sie krank zu Hause war. Die Laubbäume standen im unteren Bereich, sodass sie nach Ansicht von Hellweg keine Gefahr für Fußgänger auf dem Weg darstellten. Der Weg sei asphaltiert und in sofern ja auch trittsicher. Für die Anwohner seien nun Geräusche der Bahnlinie wesentlich lauter. In Zeiten, wo man so viel über Feinstaub spreche und die Umwelt ständig Thema sei, könne sie nicht verstehen, warum man die Bäume einfach fällt.
Die Stadtverwaltung sagt dazu: „Durch den städtischen Bauhof sowie die städtische Forstabteilung wurde festgestellt, dass die Bäume bruchgefährdet waren. Zur Sicherheit der Bürger musste daher die Fällung erfolgen.“
Herbe Kritik übt Eberhard Zeller an den Arbeiten des Bauhofs im Auftrag der Stadtverwaltung. „In Sigmaringen werden durch unqualifizierte Stadtarbeiter im Winter Baumverstümmelungen durchgeführt“, beklagt Eberhard Zeller. Er selbst sei früher in der professionellen Baumpflege tätig gewesen und kenne daher die Arbeit. „Die teils durch sogenanntes ,tipping’ verstümmelten Linden haben zum Beispiel keinerlei Chance, sich von derartig vielen Wunden beziehungsweise Schnittstellen zu erholen und werden nach einiger Zeit zugrunde gehen“, sagt Zeller. Die Schnittführung der „sinnlosen Beschneidungen“sei „stümperhaft“. In der Bahnhofstraße habe man Linden beschnitten, um angeblich die Aktivitäten der Flüchtlinge besser überwachen zu können, und auch an anderen Stellen im Stadtgebiet seien fatale Baumbeschneidungen vorgenommen worden.
In anderen Städten, zum Beispiel Reutlingen, gebe es einen Etat für Baumpflege und damit würden Fachfirmen mit der ständigen Pflege der Bäume beauftragt. In Sigmaringen gebe es überdies keine Baumschutzsatzung wie in vielen anderen Städten. Nur so könne wertvoller Baumbestand auch in Privatgärten geschützt werden. Die Gemeinden würden sich gerne mit der Verkehrssicherungspflicht herausreden, um Bäume zu fällen. Dabei bedeute eine Faulstelle noch nicht, dass der ganze Baum kaputt sei. Durch relativ geringe Investitionen könne mancher Baum noch für Generationen gerettet werden, sagt Zeller.
Zum Vorwurf eines unsachgemäßen Baumbeschnitts war bis Redaktionsschluss von der Stadtverwaltung keine Stellungnahme zu erhalten.
„Die so verstümmelten Linden haben keinerlei Chance, sich von derartig vielen Wunden zu erholen“, sagt der Kritiker der städtischen Baumpflege, Eberhard Zeller.