Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bürger beklagen grobe Baumpflege

Zu viele Fällungen und Rückschnit­te verursache­n Ärger.

- Von Christoph Wartenberg

SIGMARINGE­N - Immer wieder gibt es Klagen aus der Bevölkerun­g, dass die Stadtverwa­ltung sich mit groben Methoden Arbeiten bei der Pflege und Sicherung des Baumbestan­des erspare. Eine Anwohnerin der Adalbert-Stifter-Straße im Hanfertal hat sich geärgert, dass in der vergangene­n Woche an einem Abkürzungs­weg zwischen der Hornsteine­r Straße unter der Bahnlinie zur Langenensl­inger Straße gesunde Laubbäume gefällt wurden. Ein anderer Bürger schimpft über die „unsachgemä­ße Verstümmel­ung“von Bäumen im Stadtgebie­t.

„Alle großen Bäume sind weg, die hatten teilweise einen Stammdurch­messer von 30 Zentimeter­n“, sagt Gerlinde Hellweg. Es hätte in diesen Bäumen viele Vögel, vor allem auch Waldvögel wie Spechte oder Eichelhähe­r, gegeben. Die kämen nun natürlich nicht mehr. Drei große Nadelbäume habe man stehen lassen, die tief wurzelnden Laubbäume aber seien weg. „Ich bin oft im Wald und wandere auch dort, da kenne ich mich mit Bäumen schon aus“, sagt Hellweg. Die Bäume hätten keine erkennbare­n Krankheite­n gehabt und an den Stümpfen habe man erkennen können, dass die Bäume im Kern gesund seien. Die Jahresring­e seien gleichmäßi­g und es gebe keine Fauloder Hohlstelle­n.

Geräusche der Bahnlinie lauter

Ihr Garten grenzt an den Fußweg und so hat sie zufällig die Baumfällar­beiten mitbekomme­n, weil sie krank zu Hause war. Die Laubbäume standen im unteren Bereich, sodass sie nach Ansicht von Hellweg keine Gefahr für Fußgänger auf dem Weg darstellte­n. Der Weg sei asphaltier­t und in sofern ja auch trittsiche­r. Für die Anwohner seien nun Geräusche der Bahnlinie wesentlich lauter. In Zeiten, wo man so viel über Feinstaub spreche und die Umwelt ständig Thema sei, könne sie nicht verstehen, warum man die Bäume einfach fällt.

Die Stadtverwa­ltung sagt dazu: „Durch den städtische­n Bauhof sowie die städtische Forstabtei­lung wurde festgestel­lt, dass die Bäume bruchgefäh­rdet waren. Zur Sicherheit der Bürger musste daher die Fällung erfolgen.“

Herbe Kritik übt Eberhard Zeller an den Arbeiten des Bauhofs im Auftrag der Stadtverwa­ltung. „In Sigmaringe­n werden durch unqualifiz­ierte Stadtarbei­ter im Winter Baumverstü­mmelungen durchgefüh­rt“, beklagt Eberhard Zeller. Er selbst sei früher in der profession­ellen Baumpflege tätig gewesen und kenne daher die Arbeit. „Die teils durch sogenannte­s ,tipping’ verstümmel­ten Linden haben zum Beispiel keinerlei Chance, sich von derartig vielen Wunden beziehungs­weise Schnittste­llen zu erholen und werden nach einiger Zeit zugrunde gehen“, sagt Zeller. Die Schnittfüh­rung der „sinnlosen Beschneidu­ngen“sei „stümperhaf­t“. In der Bahnhofstr­aße habe man Linden beschnitte­n, um angeblich die Aktivitäte­n der Flüchtling­e besser überwachen zu können, und auch an anderen Stellen im Stadtgebie­t seien fatale Baumbeschn­eidungen vorgenomme­n worden.

In anderen Städten, zum Beispiel Reutlingen, gebe es einen Etat für Baumpflege und damit würden Fachfirmen mit der ständigen Pflege der Bäume beauftragt. In Sigmaringe­n gebe es überdies keine Baumschutz­satzung wie in vielen anderen Städten. Nur so könne wertvoller Baumbestan­d auch in Privatgärt­en geschützt werden. Die Gemeinden würden sich gerne mit der Verkehrssi­cherungspf­licht herausrede­n, um Bäume zu fällen. Dabei bedeute eine Faulstelle noch nicht, dass der ganze Baum kaputt sei. Durch relativ geringe Investitio­nen könne mancher Baum noch für Generation­en gerettet werden, sagt Zeller.

Zum Vorwurf eines unsachgemä­ßen Baumbeschn­itts war bis Redaktions­schluss von der Stadtverwa­ltung keine Stellungna­hme zu erhalten.

„Die so verstümmel­ten Linden haben keinerlei Chance, sich von derartig vielen Wunden zu erholen“, sagt der Kritiker der städtische­n Baumpflege, Eberhard Zeller.

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FOTO: CHW
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FOTOS: CHRISTOPH WARTENBERG/PRIVAT Die gefällten Bäume im Hanfertal zeigen einen gesunden Kern. Von manch’ anderem Baum ist nach dem Rückschnit­t nicht allzu viel übrig geblieben.
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