Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Sieben Jahre Haft für den Messerstecher
Richter: „Nehmen Sie das Urteil bewusst als Buße an. Lassen Sie sich helfen“
HECHINGEN - Wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilte das Hechinger Landgericht gestern Mittag den Mann, der seine Frau mit 19 Messerstichen fast umbrachte, zu sieben Jahren Haft. Zudem trägt er die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen seiner Frau, die im Verfahren als Nebenklägerin auftrat. In der Höhe dieses Strafmaßes übertraf das Gericht nicht nur den Verteidiger, der fünf Jahre und sechs Monate forderte, sondern sogar die vom Oberstaatsanwalt geforderten sechs Jahre Haft.
Als Grund für diese Entscheidung nannte der Richter die Schwere der Tat, die extrem hohe Zahl der Messerstiche. Zwar sei es gerade noch ein versuchter Mord, doch zu einem vollendeten Mord, betonte der Richter auch dem Angeklagten gegenüber, hätten nur Sekunden gefehlt. Nur einer langen Kette glücklicher Umstände sei es zu verdanken, dass die Frau des Angeklagten die teils lebensbedrohlichen Verletzungen mit dem Messer überhaupt überlebt habe: „Es hat sich eine Familientragödie ereignet, und der Auslöser waren Sie.“Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der Angeklagte definitiv mit Tötungswillen zugestochen hat. Er habe auch nicht von ihr abgelassen, bis er persönlich der Meinung war, sie sei tot. All das beinhalte die Merkmale eines Mordes sowie der Heimtücke.
Ein Leben in schwerer Depression
An mildernden Umständen zählte der Richter auf, dass es ein versuchter Mord sei, wenn auch nur knapp. Der Angeklagte habe die Tat nie geleugnet. Zudem habe er nur wenige Stunden danach tief bereut, hätte alles am liebsten wieder rückgängig gemacht. Mildernd wirke sich auch die Expertise des psychologischen Sachverständigen aus. Der hatte dem Angeklagten zwar keine Wahnvorstellungen attestiert, aber eine lange, schwere Depression mit wahnhaften Anteilen, wodurch eine verminderte Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Tat nicht auszuschließen sei.
Die Frau des Angeklagten meldete sich zum Schluss zu Wort. Sie könne nicht mehr mit ihrem Mann zusammen leben. Sie wolle ihm aber vergeben, damit er nicht mit der Schuld leben müsse. Der Richter schärfte dem Angeklagten fast beschwörend ein, er solle das Urteil als Buße annehmen und solle künftig in der Haft an seiner schlechten psychischen Verfassung arbeiten. Dann könne er eventuell nach zwei Drittel der Zeit entlassen werden.