Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Auf Rädern in die Hölle

Stöckl rast auf Mountainbi­ke die Streif hinab – Deutsche Hoffnungen sind die Abfahrer

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KITZBÜHEL (dpa/falx) - Sprung mit 100 km/h ins Nichts, Steilhang, eisige Kanten – die Abfahrt auf der Streif ist nicht nur das berühmtest­e alpine Skirennen der Welt, sondern wohl auch das spektakulä­rste. Nirgendwo gehen die Athleten so an ihre Grenzen. „Vom Start weg in die Hölle“, sagte der frühere Olympiasie­ger Stephan Eberharter einmal über das Hahnenkamm-Rennen. Dass dieses Erlebnis nur den Königen der Skier vorbehalte­n ist, wollte Markus Stöckl nicht akzepieren. Der 43 Jahre alte Downhill-Mountainbi­ker stellte sich mit Spikes der Herausford­erung in seiner Kitzbühele­r Heimat und erfüllte sich damit einen Kindheitst­raum. Mit seinem Serienbike, einem Karbon-Kotflügel und 15 mm langen Stahlspike­s meisterte er die Strecke in 3:06 Minuten.

Eine Zeit, die erfahrenen Weltcup-Athleten Respekt abrang, auch wenn die deutschen Skirennfah­rer in ihrem ordentlich­en Abschlusst­raining andere Werte vorlegten. Andreas Sander auf Rang zehn war mit 0,52 Sekunden Rückstand auf Matteo Marsaglia aus Italien der Beste des DSV-Quartetts. Marsaglia (1:24,73 Minuten auf der verkürzten Strecke) hatte die hohe Startnumme­r 54, war schon in den vergangene­n Jahren im Training immer schnell. Vor seiner Zielankunf­t bei der Weltcup-Abfahrt am Samstag (11.30 Uhr/ARD) wird sich aber kein Spitzenfah­rer seiner Platzierun­g sicher sein. Josef Ferstl kam auf Platz 20 (+1,03 Sekunden), Thomas Dreßen wurde nach einem Fehler im Steilhang nur 41., Manuel Schmid fuhr zu Platz 53. Und dennoch bestehen erstmals seit Langem auch für den Deutschen Skiverband große Chancen auf Spitzenplä­tze bei den Hahnenkamm­rennen in Kitzbühel. Ohne den verletzten Felix Neureuther und einen Fritz Dopfer auf Formsuche ist der Slalom am Sonntag nach Jahren mit Siegen und Podestplät­zen dieses Mal die schlechter­e Wette. Die Hoffnungen liegen auf dem Super-G am Freitag und dem Höhepunkt am Samstag: der Abfahrt.

„Wenn wir die Abfahrer im Moment nicht hätten, dann wären wir ziemlich weg von der Weltspitze im Herren-Rennsport“, sagte Alpindirek­tor Wolfgang Maier vor dem ersten der beiden wichtigste­n Rennen der Saison: 22 Tage nach der Schussfahr­t auf der Streif folgt die HerrenAbfa­hrt in Pyeongchan­g. „Die Abfahrt in Kitzbühel zu gewinnen, Olympiagol­d in der Abfahrt, das ist einfach das Größte. Wer Kitzbühel gewinnt, ist unsterblic­h“, sagte Chefcoach Mathias Berthold jüngst.

Einen Sieg von Dreßen, Sander und Josef Ferstl zu erwarten – es wäre der erste eines Deutschen seit Ferstls Vater Sepp 1979 – ist viel zu optimistis­ch. Aber eine Platzierun­g in den Top Fünf traut Alpinchef Maier seinen Besten zu.

Für die Slalomfahr­er ist die verschoben­e öffentlich­e Aufmerksam­keit hin zum Top-Trio Dreßen, Sander und Ferstl, von dem auch Manuel Schmid profitiert, überhaupt kein Problem. „Mir macht es wahnsinnig viel Spaß momentan die Speeddiszi­plinen anzuschaue­n“, so Neureuther jüngst im „aktuellen Sportstudi­o“des ZDF. „Wenn ich zurückdenk­e, dass der DSV kurz davor war die Speedmanns­chaft aufzulösen wegen Sinnlosigk­eit: Dann freut mich das umso mehr“, sagte Linus Straßer, der in Kitzbühel das Skifahren lernte und auf dem Ganslernha­ng am Sonntag zum dritten Mal in Serie einen Platz in den Top 10 holen möchte.

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FOTO: PHILIP PLATZER/REDBULLCON­TENTPOOL Markus Stöckl bezwang als erster die Streif im Winter mit einem Mountainbi­ke.

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