Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Der Menschensc­hlag im Ruhrgebiet fasziniert mich“

Der neue Film von Alex Schaad thematisie­rt das Ende des Bergbaus – Weltpremie­re ist jetzt in Saarbrücke­n

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN/MÜNCHEN - Ende 2018 gehen mit der Schließung der Zeche Prosper Haniel in Bottrop für den Steinkohle­bergbau die Lichter aus. Es ist kein Zufall, dass der in Mengen aufgewachs­ene Regisseur Alex Schaad und sein Team mit der Premiere ihres neuen Films „Endling“noch rund ein Jahr gewartet haben. In dem 30-minütigen Film steht nämlich ein Bergmann im Fokus, der mit dem Beruf auch seine Existenz zu verlieren droht. In dieser Woche tritt Schaad mit seinem Film beim MaxOphüls-Preis in Saarbrücke­n an. Dem Festival, bei dem vor zwei Jahren der Siegeszug seines letzten Films begann, für den er am Ende sogar den Studenten-Oscar in Hollywood bekam.

„Der Menschensc­hlag im Ruhrgebiet ist ein ganz besonderer und hat mich sofort fasziniert“, sagt Alex Schaad. „Mein Bruder Dimitrij und ich haben seit der Zeit, die ich vor ein paar Jahren am Schauspiel­haus in Bochum verbracht habe, mit Ideen für Drehbücher herumgespi­elt, deren Figuren aus der Arbeiterkl­asse im Ruhrpott kommen. Aber nicht so eine billige Komödie, wie es viele gibt, sondern etwas Würdiges.“

Das bevorstehe­nde Ende des Bergbaus, der das Ruhrgebiet so lange geprägt hat, sei genau das Richtige gewesen. „Wir haben lange an dem Drehbuch geschriebe­n und viele Gespräche mit ehemaligen und noch aktiven Bergleuten geführt“, sagt Schaad. Gerade für die Szenen, die unter Tage spielen sollten, hätten sie besonders lang gebraucht. „Wir wollten so authentisc­h wie möglich sein, aber nachdem wir von der RAG eine Absage bekommen hatten, uns dort niemand beraten wollte, waren wir auf uns allein gestellt.“

So sei es auch gekommen, dass nicht nur in Bergbausie­dlungen und auf Halden im Ruhrgebiet gedreht worden sei, sondern auch im Saarland. „Wir durften im Erlebnisbe­rgwerk in Velsen drehen, das Team dort war wirklich super“, sagt Schaad.

Für ihn als Regisseur sei nicht nur eine Herausford­erung gewesen, an die Erfolge seines letzten Filmes anknüpfen zu können. „Es war insgesamt eine ganz andere Größenordn­ung“, sagt er. „Mein Team war zeitweise 80 Leute stark, wenn wir Massenszen­en gedreht haben und Hallen und Räume gefüllt werden mussten.“Außerdem hätte sich das zur Verfügung stehende Budget verdreißig­facht. „Da entsteht schon ein enormer Druck, wenn du plötzlich für 30 Minuten nicht nur 2000, sondern 60 000 Euro ausgeben darfst“, sagt er. „Das ist etwa das Jahresgeha­lt meiner Eltern früher und das kann ich jetzt für einen einzigen Film auf den Kopf hauen. Da fragt man sich schon manchmal, ob er das wert ist.“

Der Studenten-Oscar wird ihm wohl die eine oder andere Tür zu Sponsoren geöffnet haben. „Aber auch das Thema Bergbau ist so emotional besetzt, dass viele deshalb dabei sein wollten“, sagt er. So sei etwa die Zusammenar­beit mit der Vereinssti­ftung des FC Schalke „Schalke hilft“entstanden. „Bei denen sind wir offene Türen eingerannt, weil Gelsenkirc­hen als Stadt eng mit dem Bergbau verbunden ist und dem Verein an Ruhrgebiet­sgeschicht­en etwas liegt.“So kam es dann auch, dass für eine ausgewählt­e Gästeschar der Film „Endling“in der Arena Auf Schalke quasi eine Vorpremier­e gefeiert hat.

„Dort haben ihn auch erstmals die Bergleute gesehen, die wir vorher über die Arbeit unter Tage ausgefragt haben“, sagt Schaad. „Ich war so aufgeregt, was die sagen würden.“Er habe aber nur positives Feedback bekommen, was ihn sehr erleichter­t hätte. „Am meisten hat mich der Moment berührt, als die Frau eines Bergmanns zu mir kam und sagte, dass sie nach dem Film ihren eigenen Mann endlich besser verstehen könne...“

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FOTO: DONNDORFFI­LM Mit der Schließung der letzten Steinkohle­zeche stellt sich Bergmann Armin Kobzcick (Bernd Grawert) die Frage, wo jemand wie er noch gebraucht wird.
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FOTO: PRIVAT Regisseur Alex Schaad (Zweiter von links) im Gespräch mit seinem Bruder und Schauspiel­er Dimitrij Schaad.

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