Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Zur Heim-WM reizt auch die Halle
Die deutschen Hockeyspieler streben in Berlin auf ungewohntem Terrain die Titel an
BERLIN (SID/dpa) - Kaum war das erste Training vorbei, zückten die Hockey-Männer ihre Handys. Auch ihre Instagram-Follower sollten die beeindruckenden Dimensionen der WMBühne zu sehen bekommen. Die Vorfreude auf die Hallen-WM in der Berliner Max-Schmeling-Halle (heute bis Sonntag) war spürbar – obwohl Hallenhockey-Events auch von den Nationalspielern normalerweise wenig Beachtung geschenkt wird.
Diesmal sind jedoch sechs olympische Bronzemedaillen-Gewinner von Rio 2016 im Team des Deutschen Hockey-Bundes (DHB). Doch trotz der großen Erfahrung feiern die meisten von ihnen ihr Hallendebüt beim ersten Gruppenspiel gegen Kasachstan (12.30 Uhr/Sport1).
Denn die Paradedisziplin ist und bleibt Feldhockey. Terminkollisionen mit der priorisierten Kunstrasen-Variante Erfolgshungrig – die Hockeymänner um Kapitän Martin Häner (Zweiter von rechts).
sind der häufigste Grund für die Abwesenheit von Nationalspielern bei internationalen Hallen-Events. Deutsche Mannschaften wurden deswegen in der Vergangenheit oft und meist auch erfolgreich mit Bundesligaspielern aufgestockt.
Das WM-Spektakel in Berlin reizte aber auch die etablierte Hockey-Elite. „Es wirklich cool, alle Jungs haben das Spiel einfach verstanden, das macht Lust auf mehr“, sagte Mats Grambusch nach den ersten Einheiten in der Eventhalle. Auch das Ausnahmetalent gibt bei der WM sein internationales Hallendebüt. Weil es der Hälfte der Mannschaft so ergeht, stellte die kurze Vorbereitung die größte Herausforderung dar. Denn die Bundesligasaison endete erst am Sonntag mit der DM in Stuttgart – bis zum WMAuftakt bleibt also kaum Zeit.
Doch im ersten Test zeigte das uneingespielte Team am Montagabend gegen Hallen-Europameister Österreich mit einem 7:2 seine Dominanz. „Wir sind individuell auf einem wahnsinnig guten Level, da ist die deutsche Liga anderen Ländern überlegen, das ist unser Vorteil“, sagte Grambusch. „Für uns führt kein Weg daran vorbei. Natürlich wollen wir den Titel vor heimischem Publikum nach Deutschland zurückholen“, sagt auch Kapitän Martin Häner.
Im Gegensatz zu anderen Nationen hat Hallenhockey in Deutschland eine lange Tradition. Die männliche DHBAuswahl gewann bis auf eine Ausnahme (2015) jedes der seit 2003 ausgetragenen WM-Turniere. In Berlin soll der fünfte WM-Triumph folgen. Nach dem Auftakt gegen Kasachstan folgt heute noch das zweite Spiel gegen Australien (20.40 Uhr). Bundestrainer Stefan Kermas fehlt in Thilo Stralkowski zwar der verletzte Toptorjäger, doch der Mannheimer Routinier Fabian Pehlke ist ein starker Ersatz. Kermas sagt, er habe einen Kader „mit zwölf Top-Jungs“zusammen.
Die Frauen starten heute mit Spielen gegen Russland (11.20 Uhr) und Namibia (18.20 Uhr/alle Sport1) die Jagd nach ihrem dritten Titel.
Für die Deutschen geht es einerseits gegen eingespielte Mannschaften, die bereits bei der EM im Januar Spielpraxis gesammelt haben. Andererseits schickt beispielsweise HallenWeltmeister Niederlande lediglich Teams mit talentierten Nachwuchsspielern nach Berlin.
Um Erfolg zu haben, „müssen wir uns in den ersten Spielen zusammenfinden. Gerade weil es im Hallenhockey darauf ankommt, wie man als Team funktioniert“, glaubt Grambusch: „Die Egos müssen zurückgeschraubt werden, dann kann das richtig gut werden.“