Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bislang blubbern überwiegend Geschäftsleute
Das Portal Blubbr soll im Kreis Sigmarigen die jüngere Generation ansprechen
KREIS SIGMARINGEN - Wenn es nach den Verantwortlichen geht, könnte Blubbr eine Art Facebook für die Region werden. Doch davon ist das von der Bad Saulgauer Agentur Creaktiv betriebene soziale Netzwerk für junge Menschen im Kreis Sigmaringen derzeit noch weit entfernt. „Der Seite fehlt ein klarer strategischer Kompass“, findet Johannes Schrön, der zur Zielgruppe der 15- bis
35-Jährigen von Blubbr gehört. Der
18-jährige Ex-Sigmaringer verbringt derzeit ein Auslandsjahr in Belfast. Er hat kein Blubbr-Profil, um sich mit daheimgebliebenen Freunden in der Region zu vernetzen – und erklärt, warum.
Stand Anfang Januar sind 40 Nutzer auf Blubbr unterwegs, einige davon nutzen das Portal ausschließlich in eigener Sache. So wirbt ein Kinobetreiber für seine Filme und Veranstaltungen, eine Lernberaterin bietet Nachhilfe an, ein Outdoorunternehmer bewirbt seine Events – dazwischen melden sich Wirtschaftsförderer, Geschäftsleute und ein Bürgermeister zu Wort, bemüht, ihre Inhalte jugendgerecht zu verpacken. Am häufigsten schreibt die Agentur Creaktiv in Form von Mitarbeiterin Britta Benz, die auf Veranstaltungen hinweist, Restaurants testet oder dem Leser ein paar Infos rund um den Kreis aufbereitet.
Die Idee von Blubbr findet Johannes Schrön im Kern gut. Nur mit der Umsetzung hapere es. „Ich sehe keinen Vorteil darin, mich bei Blubbr anzumelden. Die Beiträge kann ich auch so einsehen“, sagt Schrön. Keiner seiner Freunde sei dort aktiv. „Handelt es sich um einen Veranstaltungskalender? Ein Gastronomieverzeichnis? Ein soziales Netzwerk?“, fragt sich Johannes Schrön. Ein klares Konzept fehle. „Ich denke, der Anfang würde sich für die Macher und Nutzer einfacher gestalten, wenn auf einige Funktionen zunächst verzichtet worden wäre.“
Tobias Frey, Geschäftsführer der Agentur Creaktiv, will das Portal jetzt mehr und mehr auf Social-Media-Kanälen bewerben. Das Ziel: Ständig neuer, vom Nutzer generierter Content. Die Themen soll die Zielgruppe vorgeben. „Ein Format wie Blubbr gibt es bislang noch nicht, wir haben keinerlei Erfahrungswerte und müssen schauen, wohin sich Blubbr entwickelt“, sagt Frey. Von den künftigen Nutzern wünscht sich Frey Eigeninitiative. Journalistischen Anspruch hat Blubbr keinen. „Wir wollen Blubbr anzeigenfrei halten, aber wenn es nicht anders weitergehen könnte, würden wir für die Werbung ein Format entwickeln“, sagt Tobias Frey. „Erfolgreich wäre das Projekt, wenn es sich nach der Förderperiode von allein trägt, basierend auf anderen medialen Formaten.“Er hofft darauf, dass sich das
Netzwerk verselbstständigt und die Agentur das Forum lediglich verwalten muss.
Doch dazu muss mehr auf der Seite passieren. „Der Erfolg von sozialen Netzwerken unter jungen Erwachsenen basiert meiner Meinung nach heutzutage auf ihrer Vollständigkeit – fast jeder hat ein Profil – zum anderen auf einer intuitiven und unmittelbaren Bedienbarkeit“, sagt Johannes Schrön. Bei Blubbr leide beides unter der Hürde, dass jeder Beitrag und jedes Profil erst von der Agentur überprüft und freigeschaltet werden muss. „Man sollte dieses Prozedere dringend demokratisieren“, rät Schrön, der der Website auch zu viele Schaltflächen und optische Eindrücke attestiert. Die fehlende Trennung zwischen Werbung und Beitrag stört Johannes Schrön: „Berichte von Restaurantbesuchen, die mit einem Hinweis auf die Internetseite des Restaurants schließen, sind für mich nicht wirklich authentisch.“
Erklärtes Ziel der Verantwortlichen ist es, die Lebenswelt der sogenannten „Generation Y“zu erreichen, den Nutzern eine emotionale Darstellung des Landkreises zu bieten und junge Menschen im Kreis zu halten oder wiederzugewinnen. Bernhard Kräußlich von der Wirtschaftsförderungsund Standortmarketinggesellschaft Landkreis Sigmaringen (WIS) sieht Blubbr in erster Linie als ein Marketinginstrument, das auch der Vernetzung dient. „Wenn dort Bürgermeister oder Geschäftsführer Zusatzinfos liefern, ist das doch wünschenswert“, findet er. Wie erfolgreich das Projekt in Zugriffszahlen gemessen tatsächlich ist, wissen Kreis und WIS nicht – auch der SZ gegenüber will Tobias Frey, Geschäftsführer von Creaktiv, keine Zahlen nennen. „Wir sind zufrieden, aber sie sind ausbaufähig“, sagt dieser. Der Erfolg sei laut Max Stöhr, Fachbereichsleiter Verkehr und Kommunales im Landratsamt, schwer messbar, da er auch davon abhänge, wie viele Menschen zurück in den Kreis ziehen oder diesen gar nicht erst verlassen würden.
„Ich persönlich würde sicherlich nicht wegen einer Internetseite im Landkreis wohnen bleiben, auch wenn sie noch so gut ist“, sagt Schrön. Der 18-Jährige glaubt nicht, dass ländliche Landkreise viel gegen Jugendabwanderung tun können: Ausschlaggebend sei vor allem die Arbeitsmarktsituation.
Dass Blubbr Gefahr laufe, zu einem Werbeportal zu verkommen, oder für politische Zwecke missbraucht zu werden, weil jeder ungefiltert seine Meinung schreiben kann, sieht Bernhard Kräußlich von der WIS teilweise kritisch. „Es läge in der Verantwortung der Agentur, etwas zu ändern“, sagt Kräußlich. Die Förderperiode läuft noch bis nächstes Jahr, dann ist es sogar möglich, das Projekt dauerhaft vom Bund fördern zu lassen. Die Vertreter der WIS finden, Blubbr kann nicht binnen kurzer Zeit erfolgreich werden, das Projekt stecke schließlich noch in den Kinderschuhen. „Wir reden hier von Jahren“, sagt Kräußlich.
Ob Blubbr in den Augen von Johannes Schrön eine Zukunft hat? Er kann sich vorstellen, dass die Seite als Veranstaltungsverzeichnis Aufmerksamkeit erhält. Eine effektive Bewerbung der Seite und auch eine intuitiv bedienbare Blubbr-App könnten laut Schrön hilfreich dabei sein, die Seite populärer zu machen.
„Wir haben keinerlei Erfahrungswerte und müssen schauen, wohin sich Blubbr entwickelt“, sagt Tobias Frey, Geschäftsführer der Agentur Creaktiv.