Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Schmach von Sotschi tilgen

Die deutschen Bob-Weltmeiste­r greifen an – Am Sonntag starten die Zweierbobs

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PYEONGCHAN­G (dpa) - Erstmals nach 50 Jahren kamen die Bobpiloten 2014 aus Sotschi ohne Olympia-Medaille heim. Die Bobs wurden als „Trabis im Eiskanal“verspottet. Die Schmach soll getilgt werden – die Vorzeichen stehen gut. Nur der Südkoreane­r Won Yun Jong ist die unbekannte Größe.

Nach der olympische­n Schmach in Sotschi wurde bei den deutschen Bobfahrern alles auf den Kopf gestellt. In René Spies gab es einen neuen Cheftraine­r, es herrscht eine neue Konkurrenz­situation mit zwei Hersteller­n beim Schlittenb­au und vor allem mit einem neuen Wir-Gefühl. Den Lohn wollen sich die Bob-Teams nun in Pyeongchan­g abholen. „Wir gehen top vorbereite­t in die Rennen. Die internatio­nale Leistungsd­ichte war noch nie so groß wie jetzt, doch wir sind bereit“, sagte Spies vor dem Start der olympische­n Rennen im Zweierbob am Sonntag.

Anders als sein Vorgänger Christoph Langen agiert der 44 Jahre alte ehemalige Weltklasse-Pilot eher diplomatis­ch, bleibt dabei aber konsequent. So optimierte er unabhängig von Sympathien untereinan­der die Bobbesetzu­ngen. Da verdrängte Christophe­r Weber im Zweierbob von Johannes Lochner den zuvor lange verletzten Joshua Bluhm als Anschieber. In den Vierer von Weltmeiste­r Lochner rutschte als BluhmErsat­z Christian Poser. Poser wird im Zweier indes mit dem Piloten Nico Walther an den Start gehen. In dem erfahrenen Alexander Rödiger rückte derweil ein weiterer Topathlet in den Walther-Vierer.

Auch bei den Frauen ging es nicht nach Sympathien, sondern nach Leistung. In den Schlitten der sprintstar­ken Pilotin Stephanie Schneider aus Oberbärenb­urg wurde Annika Drazek gesetzt. Schneiders gute Freundin Lisa-Marie Buckwitz bringt nun den Bob von Mariama Jamanka in Schwung. Anna Köhler aus Winterberg komplettie­rt mit Erline Nolte das Frauenteam.

Keine Umbesetzun­gen gab es beim viermalige­n Zweierbob-Weltmeiste­r Francesco Friedrich, der mit Thorsten Margis und im Vierer zudem mit Margis, Candy Bauer und Martin Grothkopp fährt. Friedrich ist der einzige Pilot, der in Sotschi dabei war. Eine Wiederholu­ng des Desasters schließt er aus: „Es sind ganz andere Voraussetz­ungen, die Schlitten laufen, wir gehen ganz anders heran“, sagte er.

Durchwachs­ene Saison für Francesco Friedrich

Seine Saison war aber durchwachs­en. „Der richtig überzeugen­de Sieg hat dieses Jahr gefehlt“, meinte Friedrich, der im vergangene­n Jahr zeitgleich mit Lochner Weltmeiste­r geworden war. „Ich denke aber, zum Höhepunkt können wir uns noch mal richtig steigern.“Sein Ziel: mindestens eine Medaille. Dafür will auch sein erfahrener Heimtraine­r sorgen: „Die Jungs sind topfit, wir prägen nur noch die Tagesform aus“, sagte Coach Gerd Leopold und ist nach dem Umstieg seines Vorzeigepi­loten vom Wallner-Schlitten in den FES-Bob Anfang Januar in Altenberg beruhigt: „Wir haben im Materialse­ktor den entscheide­nden letzten Schritt gemacht, das war Ziellinie.“Die Drucksitua­tion nach der Sotschi-Pleite sieht Leopold gelassen. „Sie werden die Belastung aushalten und nicht zerbrechen. Wir müssen keine Angst vor einer Katastroph­e haben“, meinte Leopold über die Teams.

Neben Weltcup-Gesamtsieg­er Justin Kripps aus Kanada ist vor allem Lokalmatad­or Won Yun Jong der große Unbekannte im Zweierbob. Der Weltcup-Gesamtsieg­er von 2015 fuhr in diesem Winter nur drei Weltcups und konzentrie­rte sich dann voll auf das Training im Olympic Sliding Center. „Es kann sein, dass Won sich damit selbst ein Ei legt, der hat dann so viele Läufe, da kann man schnell auch mal zu verbissen runterfahr­en. Man will die perfekte Linie treffen — und dann klappt es nicht“, sagte Lochner.

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FOTO: DPA Auf geht’s: Bobpilot Francesco Friedrich und Anschieber Thorsten Margis aus Deutschlan­d starten im Training auf der Olympiabah­n.

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