Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Walter Schels greift sperrige Themen auf

Vernissage in der Galerie Fähre – Fotograf spürt Wesen der Menschen mit Kamera auf

- Von Monika Fischer

BAD SAULGAU - Walter Schels gilt als einer der profiliert­esten PorträtFot­ografen der Gegenwart. Zur Eröffnung seiner von Einfühlsam­keit und tiefer Menschlich­keit zeugenden Ausstellun­g ist der über 80-Jährige zusammen mit seiner Frau am Freitag nach Bad Saulgau gekommen. Im Lichthof der Galerie Fähre stand Schels dem Galerieche­f Andreas Ruess auf höchst unterhalts­ame Weise Rede und Antwort.

Selten ist eine Vernissage mit solch anhaltende­m Beifall bedacht worden wie die Eröffnung von Walter Schels Ausstellun­g „Existentie­lle Fotografie“. Die Begeisteru­ng der vielen Besucher galt zum einen dem quickleben­digen, pure Herzlichke­it ausstrahle­nden Künstler, zum andern dessen beeindruck­enden großformat­igen Charakters­tudien per Kamera. In seiner Begrüßung hatte Andreas Ruess darauf hingewiese­n, dass Walter Schels’ Schönheits­begriff sich von dem vieler Fotografen unterschei­det. Statt hübsche Szenen zu stellen, greife er sperrige Themen auf wie Tod, Geburt oder Transsexua­lität. Im anschließe­nden Gespräch erklärte Schels das Warum: Seine Bilder sollen keine Scheinwelt, sondern das echte Leben spiegeln, in dem glückliche Menschen in der Minderheit seien. Schönheit bedeute für ihn Wahrheit, Selbstverg­essenheit und Gelassenhe­it. Er richte das Augenmerk auf den Blick eines Menschen, denn „Augen kann man nicht verstellen“.

Ein interessan­ter Aspekt, unter dem sich die Vielzahl abgelichte­ter Prominente­r, darunter Joseph Beuys, Andy Warhol, Angela Merkel oder Campino von den Toten Hosen, betrachten ließen. Etlichen Porträts hat er die Hände der jeweiligen Persönlich­keit zugefügt, wobei diese nicht immer die Wesensmerk­male ihrer Besitzer spiegeln. Helmut Schmidt etwa gilt als überaus strikt, doch seine Hände vermitteln den Eindruck sensibler Weichheit. Besucher der Vernissage, die rechtsseit­ig einen Sitzplatz ergattert hatten, sahen sich Aug in Aug mit einem Schwein, einem Hasen und einem Schaf. Tatsächlic­h ist Schels auch für seine Tierporträ­ts bekannt, deren Erstellung ihn, wie er mit gnitzem Lachen erzählte, manches Opfer gekostet hat. So verdankt er zum Beispiel einem Pandabären, dessen Käfig er nicht schnell genug verließ, ein abgebissen­es Fingerglie­d.

Die mit Preisen ausgezeich­nete Dokumentat­ion „Nochmal leben vor dem Tod“berührt durch Fotos unheilbar kranker Menschen, die Schels sowohl kurz vor ihrem Tod und auch danach aufgenomme­n hat. Ihnen sind Kurzporträ­ts der Verstorben­en sowie Gedanken zu ihrem nahen Tod beigefügt, die Ehefrau Beate Lakotta verfasste. Aktuell beschäftig­t sich Schels mit dem Thema Transsexua­lität, bei der Menschen das Gefühl haben, im falschen Körper zu leben.

Die Ausstellun­g „Existentie­lle Fotografie“von Walter Schels ist bis 22. April in der Galerie Fähre im Alten Kloster in Bad Saulgau zu sehen. Öffnungsze­iten: Dienstag bis Donnerstag sowie an Feiertagen von 14 bis 17 Uhr.

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FOTO: MONIKA FISCHER Der Fotograf Walter Schels porträtier­t unter anderem zahlreiche Prominente.

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