Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Besuche sollen die Einsamkeit lindern
Sozialpunkt Göge ist eröffnet – Konzept fußt auf drei Elementen
HOHENTENGEN - Niemand soll durchs Raster fallen: Der neue „Sozialpunkt Göge“der Christlichen Sozialstiftung Hohentengen ist als ein Anlaufpunkt für alle Bürger der Göge gedacht. In der Eröffnungsfeier im katholischen Gemeindehaus am Freitag stellte Franz Ott, Vorsitzender der Sozialstiftung, das Konzept des Sozialpunkts vor.
In den zehn vergangenen Jahren ihres Bestehens hat die Christliche Sozialstiftung samt dem dazugehörigen Förderverein zahlreiche Angebote und Hilfen entwickelt. „Aber werden wir den familiären und gesellschaftlichen Veränderungen, den Bedürfnissen der Menschen, flächendeckend in der ganzen Göge gerechnet?“, machte Franz Ott, auch ehemaliger Hohentenger Bürgermeister, deutlich, dass die Stiftung ihre eigene Arbeit kritisch reflektierte. „Es soll niemand durchs Raster fallen“, sagte er. Doch Familienstrukturen würden aufbrechen, was dazu führe, dass die Generationen nicht mehr miteinander das tägliche Leben verbringen würden. Für ältere Menschen gebe es eine professionelle Versorgung: Hilfen, Dienste, Einrichtungen – doch die Mitarbeiter dieser Organisationen würden dem Zwang zur Wirtschaftlichkeit unterliegen, was wiederum zu Zeitmangel führe. „Zeit ist Geld. Menschliche Zuwendung aber erfordert Zeit, viel Zeit“, sagte Ott. „‘Keine Zeit‘ ist ein Zeichen unserer Zeit“, bedauerte er. „Wir wollen nicht wirtschaftlich sein“, sagte Ott.
Menschen ins Dorf holen
Es ist geplant, einen kostenlosen häuslichen Besuchsdienst mit ehrenamtlichen Helfern einzurichten: Bürger besuchen Bürger, um die Einsamkeit zu bekämpfen. „Wir gehen zu den Menschen“, lautet dieses Element des Konzepts. „Wir holen die Menschen ins Dorf“ist ein weiteres Element. Damit ist beispielsweise eine gemeinsame wöchentliche Fahrt zur Werktagsmesse in die Kirche gemeint, oder wöchentliche Einkaufsund Erledigungsfahrten nach Hohentengen. Ein persönliches Anliegen wäre Ott auch die Gründung eines Gesprächskreises „So war es früher“, bei dem beispielsweise alte Fotos gezeigt werden könnten. Das dritte Element „Die Menschen können zu uns kommen“ist dann der eigentliche Sozialpunkt: In der Wohnanlage der Stiftung Liebenau in der Hauptstraße ist ein Büro untergebracht, hier können die Bürger mit ihren Anliegen kommen, die beiden Mitarbeiterinnen Helga Binder und Katja Brendle stellen bei Bedarf einen Kontakt zu anderen Hilfsdiensten her. Zum Projekt zählen nämlich auch Kooperationspartner: Die Gemeinde Hohentengen, die katholische und die evangelische Kirchengemeinde, die Stiftung Liebenau sowie Caritas und Diakonie.
Anlaufpunkt für alle Bürger
Pfarrer Jürgen Brummwinkel hob in seinem Grußwort die Bedeutung des Vorhabens hervor: Es handle sich um einen Meilenstein, der jetzt gesetzt werde. „Nicht nur ein Projektchen“, ergänzte er. Bürgermeister Peter Rainer betonte, dass es sich beim Sozialpunkt um einen Anlaufpunkt für alle Bürger handle – auch für Jüngere, denn Einsamkeit könne neben älteren Menschen auch junge Menschen betreffen, die beispielsweise für einen Jobwechsel ihr gesamtes bisheriges Umfeld aufgegeben haben. Als Bürgermeister ist Rainer öfters unterwegs, um Ehepaaren zur goldenen oder diamantenen Hochzeit zu gratulieren, oder Jubilaren, die einen runden Geburtstag feiern. Er erzählte, was er dabei manchmal erlebt: Voller Begeisterung erzählten die Menschen von ihren Kindern oder Enkelkindern, die tolle Berufe hätten und in München, Berlin oder im Ausland lebten.
Aber wenn die Menschen dann berichteten, dass sie ihre Enkelkinder nur einmal im Jahr sehen könnten, dann „kommen immer Tränen in die Augenwinkel“, schilderte Rainer diese berührenden Momente.
Die Volksbank hat der Sozialstiftung für den Sozialpunkt gebrauchte Möbel im Wert von 430 Euro geschenkt. Patrick Remensperger, Regionalleiter der Volksbank-Region Mengen, überreichte hierzu Franz Ott einen symbolischen Scheck in Höhe von 430 Euro. Musikalisch unterhielt Lucia Reck am Klavier.