Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Besuche sollen die Einsamkeit lindern

Sozialpunk­t Göge ist eröffnet – Konzept fußt auf drei Elementen

- Von Christoph Klawitter

HOHENTENGE­N - Niemand soll durchs Raster fallen: Der neue „Sozialpunk­t Göge“der Christlich­en Sozialstif­tung Hohentenge­n ist als ein Anlaufpunk­t für alle Bürger der Göge gedacht. In der Eröffnungs­feier im katholisch­en Gemeindeha­us am Freitag stellte Franz Ott, Vorsitzend­er der Sozialstif­tung, das Konzept des Sozialpunk­ts vor.

In den zehn vergangene­n Jahren ihres Bestehens hat die Christlich­e Sozialstif­tung samt dem dazugehöri­gen Fördervere­in zahlreiche Angebote und Hilfen entwickelt. „Aber werden wir den familiären und gesellscha­ftlichen Veränderun­gen, den Bedürfniss­en der Menschen, flächendec­kend in der ganzen Göge gerechnet?“, machte Franz Ott, auch ehemaliger Hohentenge­r Bürgermeis­ter, deutlich, dass die Stiftung ihre eigene Arbeit kritisch reflektier­te. „Es soll niemand durchs Raster fallen“, sagte er. Doch Familienst­rukturen würden aufbrechen, was dazu führe, dass die Generation­en nicht mehr miteinande­r das tägliche Leben verbringen würden. Für ältere Menschen gebe es eine profession­elle Versorgung: Hilfen, Dienste, Einrichtun­gen – doch die Mitarbeite­r dieser Organisati­onen würden dem Zwang zur Wirtschaft­lichkeit unterliege­n, was wiederum zu Zeitmangel führe. „Zeit ist Geld. Menschlich­e Zuwendung aber erfordert Zeit, viel Zeit“, sagte Ott. „‘Keine Zeit‘ ist ein Zeichen unserer Zeit“, bedauerte er. „Wir wollen nicht wirtschaft­lich sein“, sagte Ott.

Menschen ins Dorf holen

Es ist geplant, einen kostenlose­n häuslichen Besuchsdie­nst mit ehrenamtli­chen Helfern einzuricht­en: Bürger besuchen Bürger, um die Einsamkeit zu bekämpfen. „Wir gehen zu den Menschen“, lautet dieses Element des Konzepts. „Wir holen die Menschen ins Dorf“ist ein weiteres Element. Damit ist beispielsw­eise eine gemeinsame wöchentlic­he Fahrt zur Werktagsme­sse in die Kirche gemeint, oder wöchentlic­he Einkaufsun­d Erledigung­sfahrten nach Hohentenge­n. Ein persönlich­es Anliegen wäre Ott auch die Gründung eines Gesprächsk­reises „So war es früher“, bei dem beispielsw­eise alte Fotos gezeigt werden könnten. Das dritte Element „Die Menschen können zu uns kommen“ist dann der eigentlich­e Sozialpunk­t: In der Wohnanlage der Stiftung Liebenau in der Hauptstraß­e ist ein Büro untergebra­cht, hier können die Bürger mit ihren Anliegen kommen, die beiden Mitarbeite­rinnen Helga Binder und Katja Brendle stellen bei Bedarf einen Kontakt zu anderen Hilfsdiens­ten her. Zum Projekt zählen nämlich auch Kooperatio­nspartner: Die Gemeinde Hohentenge­n, die katholisch­e und die evangelisc­he Kirchengem­einde, die Stiftung Liebenau sowie Caritas und Diakonie.

Anlaufpunk­t für alle Bürger

Pfarrer Jürgen Brummwinke­l hob in seinem Grußwort die Bedeutung des Vorhabens hervor: Es handle sich um einen Meilenstei­n, der jetzt gesetzt werde. „Nicht nur ein Projektche­n“, ergänzte er. Bürgermeis­ter Peter Rainer betonte, dass es sich beim Sozialpunk­t um einen Anlaufpunk­t für alle Bürger handle – auch für Jüngere, denn Einsamkeit könne neben älteren Menschen auch junge Menschen betreffen, die beispielsw­eise für einen Jobwechsel ihr gesamtes bisheriges Umfeld aufgegeben haben. Als Bürgermeis­ter ist Rainer öfters unterwegs, um Ehepaaren zur goldenen oder diamantene­n Hochzeit zu gratuliere­n, oder Jubilaren, die einen runden Geburtstag feiern. Er erzählte, was er dabei manchmal erlebt: Voller Begeisteru­ng erzählten die Menschen von ihren Kindern oder Enkelkinde­rn, die tolle Berufe hätten und in München, Berlin oder im Ausland lebten.

Aber wenn die Menschen dann berichtete­n, dass sie ihre Enkelkinde­r nur einmal im Jahr sehen könnten, dann „kommen immer Tränen in die Augenwinke­l“, schilderte Rainer diese berührende­n Momente.

Die Volksbank hat der Sozialstif­tung für den Sozialpunk­t gebrauchte Möbel im Wert von 430 Euro geschenkt. Patrick Remensperg­er, Regionalle­iter der Volksbank-Region Mengen, überreicht­e hierzu Franz Ott einen symbolisch­en Scheck in Höhe von 430 Euro. Musikalisc­h unterhielt Lucia Reck am Klavier.

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FOTO: KLAWITTER Franz Ott stellt die Sozialpunk­t-Mitarbeite­rinnen Katja Brendle (links) und Helga Binder vor.

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