Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Immer weniger Durchreisende“
Wohnungslosenhilfe-Leiter spricht über die Eiseskälte
SIGMARINGEN (fxh) - Schnee, Eis und zweistellige Minusgrade: Für Obdachlose, die sowieso schon in widrigen Umständen leben müssen, wird das Leben in diesen Tagen noch beschwerlicher. In größeren Städten sind Kältebusse unterwegs, um Obdachlose mit warmen Getränken und Decken zu versorgen. Im Kreis Sigmaringen werden Obdachlose im Notfall an der Von-Ow-Straße in einem Notzimmer untergebracht oder sie können im Bruder-Konrad-Haus unterkommen. Warum diese Notmaßnahmen trotz der Eiseskälte bislang nicht in Anspruch genommen wurden, erklärt der Leiter der Wohnungslosenhilfe, Joachim Freitag, im Gespräch mit Michael Hescheler.
Herr Freitag, in größeren Städten sind die Notunterkünfte heillos überfüllt – warum scheint es diese Not in Sigmaringen nicht zu geben?
Durchreisende tauchen in der heutigen Zeit nicht mehr so häufig auf. Das Leben auf der Straße mit Hund, Rucksack, Schlafsack und Isomatte wird immer härter und es wird von der Gesellschaft nicht akzeptiert.
Falls Obdachlose doch kurzfristig wegen der Kälte Unterschlupf suchen – gibt es da Möglichkeiten?
Einen offiziellen Erfrierungsschutz gibt es in Sigmaringen nicht, aber wir haben im ambulanten betreuten Wohnen an der Von-Ow-Straße ein Notzimmer. Im Bruder-KonradHaus können zur Not Menschen auf der Eckbank schlafen – da ist es trocken und warm.
Wie ist die Situation in der Wohnungslosenhilfe in Sigmaringen momentan?
In unserem Aufnahmehaus, dem Bruder-Konrad-Haus, sind nahezu alle 18 Plätze belegt. Menschen, die kein Dach mehr über dem Kopf haben, und zusätzlich in sozialen Schwierigkeiten stecken, also Finanzoder Suchtprobleme haben oder psychisch krank sind, werden von uns untergebracht.
Und wie geht es weiter, wenn die ersten Problem gelöst sind?
In der zweiten Stufe kommen die Menschen in das ambulante betreute Wohnen, sie leben dann in privaten Wohnungen, werden aber sozialpädagogisch betreut.
Finden Sie in Sigmaringen noch genügend bezahlbare Wohnungen?
Nein, wir suchen private Vermieter, die uns bezahlbare Wohnungen zur Verfügung stellen.
Wie teuer darf eine bezahlbare Wohnung in der Stadt Sigmaringen sein?
Das Jobcenter bezahlt maximal 386 Euro (inklusive Versicherung, Müll und Kaltwasser) für eine Wohnung von 45 Quadratmetern.