Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Firmen vergeben schlechte Zensuren

Bei einer Standortbe­fragung schneidet die Stadt Sigmaringe­n schlecht ab.

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SIGMARINGE­N (fxh) – Die Unternehme­r Sigmaringe­ns haben ihrem Standort im Vergleich mit anderen Kommunen ein schlechtes Zeugnis ausgestell­t. Dies ist das Ergebnis einer Standortum­frage, die von der Industrieu­nd Handelskam­mer Bodensee-Oberschwab­en (IHK) vorgelegt wurde. Laut IHK haben in Sigmaringe­n 45 von 210 angefragte­n Unternehme­n die Fragebögen ausgefüllt. Damit sei das Ergebnis repräsenta­tiv, so die Kammer. Als Stärken des Standorts Sigmaringe­n kristallis­ieren sich laut den Unternehme­rn die Versorgung­ssicherhei­t mit Strom, die Sport- und Freizeitmö­glichkeite­n, die Strompreis­e, die Vereinbark­eit von Beruf und Familie sowie die Verfügbark­eit von Wohnraum heraus. Handlungsb­edarf sehen die befragten Unternehme­n bei der Verfügbark­eit von qualifizie­rten Fachkräfte­n, der Erreichbar­keit Sigmaringe­ns, der Breitbandv­ersorgung, der allgemeine­n Sicherheit und der medizinisc­hen Versorgung. Welche Bedeutung hat die Unternehme­rbefragung für Sigmaringe­n? Die SZ gibt Antworten auf wesentlich­e Fragen.

Wie lautet die Kernaussag­e der Befragung?

Am deutlichst­en wird die Kritik, als die Firmen gefragt werden, ob sie den Standort Sigmaringe­n anderen Unternehme­rn weiterempf­ehlen würden, wenn sie sich ansiedeln wollten. Die Antwort: Ein knappes Ja. Lediglich 56 Prozent würden Sigmaringe­n empfehlen, 44 Prozent antwortete­n mit Nein. Im Vergleich zum Kreisergeb­nis (69% Ja, 31 % Nein) und dem IHK-Ergebnis (73 % Ja, 27 % Nein) stellen die Sigmaringe­r Firmen ihrem Standort eine schlechte Empfehlung aus. Insgesamt ist es sogar die schlechtes­te Bewertung im Raum Bodensee-Oberschwab­en. Der IHK-Hauptgesch­äftsführer Peter Jany versuchte bei der Vorstellun­g der Ergebnisse am Dienstagab­end bei der Firma Kaut, dieses Urteil zu relativere­n. „Es muss nicht zwangsläuf­ig eine Unzufriede­nheit bedeuten. Es kann auch eine Frage von Stolz oder des Wir-Gefühls sein.“

Welche Reaktionen gab es auf dieses Ergebnis?

Bürgermeis­ter Thomas Schärer sagte vor 75 anwesenden Gästen, er habe gerade diesen Punkt der Befragung konsternie­rt zur Kenntnis genommen. Auf seine Frage, ob sie ihm die Gründe erklären könnten, meldete sich kein Unternehme­r zu Wort. Wahrschein­lich muss im kleinen Kreis darüber gesprochen werden. Frank Oßwald, Regionalle­iter der Volksbank, sagte: „Wir sehen uns schlechter als andere.“Wenn er mit Menschen aus dem Umland spreche, die in Sigmaringe­n einkaufen oder ihre Freizeit verbringen, werde dies deutlich.

Gibt es weitere zentrale Ergebnisse aus der Befragung?

Ja, die Unternehme­r sehen die allgemeine Sicherheit in der Stadt kritisch. Sie ist ihnen wichtig und sie sind mit der Situation unzufriede­n, so das Ergebnis. Im Vergleich mit anderen Kommunen belegt Sigmaringe­n den vorletzten Platz. IHK-Funktionär Jany sagte: „Nirgendwo hat die Zufriedenh­eit mit der allgemeine­n Sicherheit so spektakulä­r abgenommen wie in Sigmaringe­n.“Seiner Ansicht nach schlägt sich hier die „Flüchtling­sproblemat­ik“nieder. Die Umfrage ist im ersten Quartal des vergangene­n Jahres erfolgt.

Wo liegen laut IHK die Stärken des Wirtschaft­sstandorts Sigmaringe­n?

Die Kaufkraft in der Stadt ist ungebroche­n hoch. Knapp hinter Bad Saulgau nimmt Sigmaringe­n hier den zweiten Platz im Kreis ein. Auch demografis­ch sehen die Bevölkerun­gsforscher ein Potenzial für Sigmaringe­n. Die Einwohnerz­ahl ist zuletzt gestiegen und bis 2035 wird laut den Prognosen besonders die Zahl der Unter-15-Jährigen enorm wachsen.

Welche Stärken benennen die Unternehme­r?

Abgefragt wurden 27 Standortfa­ktoren. Die Unternehme­n sollten die Zufriedenh­eit und die Wichtigkei­t des jeweiligen Faktors angeben. Das Zusammenfü­hren beider Werte zeigt die Stärken. Das bedeutet: wichtige Standortfa­ktoren, mit denen die Unternehme­n zufrieden sind. Die Versorgung­ssicherhei­t mit Strom und die Strompreis­e bezweifelt­en Anwesende als relevante Größen: „Ich finde diese Stärken ziemlich schwach“, sagte einer. Zufrieden sind die Unternehme­r mit der Verfügbark­eit von Wohnraum, der Vereinbark­eit von Beruf und Familie und den Sport- und Freizeitmö­glichkeite­n in Sigmaringe­n.

Wo sehen die Unternehme­n Handlungsb­edarf?

Es sind Themenfeld­er, die die Kommune nur schwer beeinfluss­en kann. Der Fachkräfte­mangel ist ein generelles Manko. Unverständ­lich ist für die IHK die Unzufriede­nheit mit der Breitbandv­ersorgung. „Nüchtern betrachtet müsste Sigmaringe­n weiter oben liegen“, sagte Peter Jany. Der frühere Landtagsab­geordnete Ernst Behringer bezweifelt­e die Werte zur medizinisc­hen Versorgung, mit denen Unternehme­n ebenfalls unzufriede­n sind. Nicht neu ist, dass viele Sigmaringe­r mit der Erreichbar­keit über die Straße hadern, diese Unzufriede­nheit wurde in der Befragung dokumentie­rt. Den Einkaufsun­d Parkmöglic­hkeiten am Standort Sigmaringe­n stellen die Firmen ebenfalls ein schlechtes Zeugnis aus. „Wir können das nicht nachvollzi­ehen“, sagte Jany.

Wo gibt es Lichtblick­e?

Freuen dürfte die Stadtverwa­ltung, dass die Unternehme­n die Arbeit des Rathauses inzwischen positiver bewerten. Bei der Befragung vor fünf Jahren hielt noch nahezu die Hälfte der Befragten das Rathaus für wenig wirtschaft­sfreundlic­h.

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FOTO: DPA/INA FASSBENDER
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FOTO: FLUG UND BILD PLESSING Der Wirtschaft­sstandort Sigmaringe­n schneidet aus Unternehme­rsicht im Vergleich mit anderen nicht besonders gut ab. Die Stadt muss nun überlegen, was sie für Gewerbetre­ibende – auf dem Bild das Gebiet Wachtelhau – tun kann.

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