Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kabarettistin schlüpft in zig Rollen
Anlässlich des Frauentags karikiert Sabine Essinger das Zusammenleben der Geschlechter
SIGMARINGEN - Trotz eisiger Kälte haben sich am Dienstagabend viele Frauen und mehr als eine Handvoll Männer im wohltemperierten Alten Schlachthof eingefunden. Die Kreisverbände des DGB und der GEW hatten anlässlich des diesjährigen internationalen Frauentages dazu eingeladen. Aus gutem Grund werde dieser Tag in Sigmaringen nicht am 8. März, dem offiziellen Gedenktag, gefeiert, erklärte die Frauenbeauftragte des DGB Susanne Fuchs in ihrer Begrüßungsrede. Den einen Frauentag gäbe es nicht, da doch jeder Tag angesichts der vielfältigen Aufgaben der Frauen in der Familie, der Politik und der Gesellschaft ein Frauentag sei.
Fuchs erinnerte an die politischen Erfolge der Frauenrechtsbewegung innerhalb der letzten hundert Jahre, angefangen beim Frauenwahlrecht bis hin zur juristischen und arbeitsrechtlichen Gleichstellung, die in den 70er-Jahren erfolgte. Angesichts des Männerüberschusses im Bundestag, dem politischen Rechtsruck vieler rückwärtsgewandter Männer, der Altersarmut von Rentnerinnen oder mit Blick auf den Equal Pay Day (internationaler Aktionstag für die Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen) am 18. März gäbe es jedoch noch viel zu tun. Feminismus, so Fuchs, heiße: Männer und Frauen sind gleich viel wert.
Dass die großen und kleinen Unterschiede zwischen den Geschlechtern durchaus ihren Reiz und Raum für viele heitere und hintersinnige Einblicke bieten, bewies anschließend die Kabarettistin Sabine Essinger in ihrem rund zweistündigen Programm, das keine Minute Langeweile aufkommen ließ. Mit zwei übereinander getragenen Kittelschürzen betrat sie die Bühne und spielte auf dem Dudelsack: „Des tut weh“nach der Melodie „Wenn i Geld g’nug hätt“. Beginnend mit den Eigenarten von Schwaben und Schotten befasste sie sich mit ihrer Figur und machte sich Einsteins Philosophie mit der Feststellung, „je mehr Zeit vergeht, umso mehr Raum nehme ich ein“, zu eigen.
Großer Kostümfundus
Mit einem schnellen Griff in einen schier unendlichen Fundus an Perücken, Kittelschürzen, Sonnenbrillen, Handtaschen und grauen Staubmänteln verwandelte sich Essinger mal in eine übermotivierte Helicoptermutti, in eine lüsterne Karrierefrau, in eine bissige, alterskluge Oma oder hinter Gitterbettstäben und Rüschenmützchen in ein vorwitziges Baby.
Das Zwischenmenschliche im ganz „normalen Wahnsinn“des Alltags stellte die Schwäbin mit badischen Wurzeln liebevoll und ordentlich gewürzt mit einer gehörigen Portion Schärfe und Hintersinn professionell dar.
Schwäbelnd, nuschelnd, greinend oder hochdeutsch sprechend bereicherte Essinger ihre Szenen noch mit ihrer wunderbaren Gesangsstimme und dem Spiel auf der Gitarre und dem Akkordeon, wobei sie beide Geschlechter gleichermaßen veralberte. Ungemein bissig spielte sie die rächende Witwe am Grab des gerade verstorbenen Mannes, deren Handy als Klingelton das Lied „Du hast mich tausendmal belogen“abspielte. Fast konnte einem das Lachen im Hals stecken bleiben, als die Kabarettistin eine Sendung mit dem Titel: „Wer mag mich? Senioren suchen ein Zuhause“ankündigte, in der sie Rentner im Internet unter www.gnadenbrot.de anprieß.
Mit einer Liebeserklärung an die Männer, über die sie zuvor am Stehtisch gehörig abgelästert hatte, endete die Vollblutkabarettistin: „Männer, wir mögen euch, wir brauchen euch und wir finden, jede Frau sollten sich einen halten dürfen.“