Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Zeichen stehen auf Um- oder Neubau
Bei Gammertinger Klausurtagung steht das Pflegeheim auf der Agenda.
GAMMERTINGEN - In einer Klausurtagung hat sich der Gammertinger Gemeinderat gut sieben Stunden lang mit der Zukunft des städtischen Pflegeheims beschäftigt. Als Ergebnis zeichnet sich ab, dass ein Umoder Neubau offenbar am sinnvollsten wäre. „Vor einem endgültigen Beschluss des Gemeinderats muss die Stadtverwaltung allerdings noch einige Prüfaufträge abarbeiten“, sagt Bürgermeister Holger Jerg. Dennoch: Vor der Kommunalwahl im Frühjahr 2019 will das Gremium entscheiden, wohin die Reise geht.
Handlungsbedarf herrscht vor allem wegen einer Änderung der Landesheimbauverordnung, denn die Umsetzung der neuen Vorgaben lässt einen wirtschaftlichen Betrieb im bestehenden Gebäude kaum noch zu. So ist in Zukunft beispielsweise nur noch der Betrieb von Einzelzimmern erlaubt. Außerdem müssen Wohngruppen mit jeweils 15 Pflegeplätzen eingerichtet werden. „In der Klausurtagung haben wir uns aber nicht nur mit der stationären Pflege, sondern mit dem gesamten Spektrum der Versorgung beschäftigt“, sagt Holger Jerg, der auf Möglichkeiten wie betreutes Wohnen, Tagespflege oder einen ambulanten Pflegedienst verweist.
Drei Varianten diskutiert
Generell widmeten sich die Gemeinderäte der Frage, wie sich der Markt in der Pflege verändert und wie die Stadt darauf reagieren sollte. Laut Bürgermeister sind im Wesentlichen drei Varianten diskutiert worden: das Pflegeheim ohne große Veränderungen weiter zu betreiben, der komplette Ausstieg der Stadt aus der Pflege und als dritte Option ein Um- oder Neubau des bestehenden Heims.
Die geänderte Landesheimbauverordnung tritt eigentlich zum 1. September 2019 in Kraft. Anschließend werden den Betreibern von Pflegeheimen aber gewisse Übergangsfristen gewährt – der Stadt Gammertingen voraussichtlich bis 2025 oder 2026. Unter gewissen Einschränkungen sei der Betrieb der Einrichtung auch darüber hinaus möglich, sagt Holger Jerg. Das Problem: Das bestehende Gebäude ist zwar nicht denkmalgeschützt, aber immerhin rund 90 Jahre alt – und für den Betrieb eines modernen Pflegeheims nur bedingt geeignet. „Deshalb waren wir uns bei der Klausurtagung alle relativ einig darin, dass diese Bewahrer-Variante wenig Sinn ergibt“, sagt Jerg.
Auch der komplette Ausstieg aus der Pflege erwies sich nicht gerade als favorisierte Lösung. So wäre das bestehende Pflegeheim bis 2025/26 beispielsweise noch nicht komplett abgeschrieben. Über die Zusatzversorgungskasse zahlen Stadt und Pflegeheim-Mitarbeiter außerdem noch Geld an ehemalige Angestellte. „Bei einem Komplett-Ausstieg aus der Pflege würden allein dadurch Altlasten in Höhe von 3,7 oder 3,8 Millionen Euro fällig“, sagt der Bürgermeister. Zusammen mit dem Geld aus der Abschreibung kommen fast fünf Millionen Euro zusammen.
Unterschiedlich große Zimmer
Und so zeichnet sich eine deutliche Mehrheit für einen Um- oder Neubau ab. „Wir wollen das Thema aktiv angehen“, sagt Holger Jerg. Einige wesentliche Fragen seien aber noch offen – zum Beispiel die nach einem möglichen privaten Bauträger oder Investor. „Vielleicht findet sich auch ein kirchlich-karitativer Träger, der mit der Kommune zusammenarbeitet“, sagt Jerg. Ob das Pflegeheim umgebaut und ergänzt oder durch einen Neubau ersetzt wird, ist ebenfalls noch offen. Ein Neubau würde laut Bürgermeister etwa acht bis zehn Millionen Euro kosten. Aber auch für einen Umbau würden knapp acht Millionen Euro fällig. „Und dann hätten wir immer noch die alte Struktur, unter anderem mit unterschiedlich großen Einzelzimmern“, sagt Holger Jerg.
In den kommenden Monaten werde die Verwaltung verschiedene Prüfaufträge des Gemeinderats abarbeiten. Ein Beschluss soll aber noch vor der Kommunalwahl 2019 her. „Der Gemeinderat möchte die Zukunft des Pflegeheims weder zum Wahlkampfthema machen noch auf den Sanktnimmerleinstag verschieben“, sagt der Bürgermeister. In seiner Sitzung am kommenden Dienstag, 6. März, will das Gremium erst einmal einen Widerspruch gegen eine Entscheidung der Heimaufsicht auf den Weg bringen. Dieser Widerspruch soll eine Übergangsfrist für das bestehende Pflegeheim bis Dezember 2026 bewirken. Zuletzt hatte die Heimaufsicht die Frist auf März 2025 festgelegt. „20 Monate für Refinanzierungsmöglichkeiten zu haben oder nicht – das ist für uns ein entscheidender Punkt“, sagt Holger Jerg.