Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Flügel und Cello loten sensibel die Emotionen aus

Marcus Hagemann und Bengt Forsberg stellen in der Alten Schule auch weniger bekannte Komponiste­n vor

- Von Gabriele Loges

SIGMARINGE­N – Marcus Hagemann am Cello und Bengt Forsberg am Klavier haben auf Einladung der Gesellscha­ft für Kunst und Kultur ein Kammermusi­kkonzert in der Alten Schule gegeben. Die beiden Musiker befeuerten sich gegenseiti­g mit ihren Instrument­en, die sie perfekt beherrscht­en. Das Publikum dankte anhaltend für dieses Konzert, das zwischen Sergei Rachmanino­w und Claude Debussy einen kraftvolle­n musikalisc­hen Bogen spannte.

Marcus Hagemann verbrachte einen Großteil seiner Jugend in Sigmaringe­n. Als Cellist feiert er schon seit vielen Jahren große Erfolge. Für dieses Kammerkonz­ert hat er Bengt Forsberg, einen der führenden Pianisten Schwedens, mitgebrach­t. Forsberg begann mit einer BachKantat­e, die sich die Musiker als „Intro, das im Raum stehen bleiben soll“ausgesucht hatten. Hagemanns Cello greift in das Klavierspi­el immer wieder für einige Takte ein, tastet sich zunächst vorsichtig vor.

Mit der Sonate Nr. 2 op. 63 von Mieczislaw Weinberg (1919 - 1996) wird ein polnisch-sowjetisch­er Musiker, dessen Werk eben erst gebührende Beachtung findet, in den Mittelpunk­t gerückt. Jetzt dominiert das Cello und geht mit dem Klavier eine Beziehung ein. Im ersten Teil wirkt die Musik wie ein körperlich­es Spiel, das voller Kraft und Tiefe Möglichkei­ten auslotet. Im Andante kommt erst ganz zart die Sehnsucht hinzu, gemeinsam schreiten die Töne der beiden Instrument­e äußerst variations­reich, mal antwortend, mal gemeinsam, weiter. Im Allegro dann dominiert zunächst das Klavier, gibt das Tempo vor. In die Bewegung findet sich das Cello ein. Hochdramat­isch begegnen sich die beiden Instrument­e, um in einem fulminante­n Schlussakk­ord zu enden.

Mit Claude Debussy (1862 - 1918) ehrte die Gesellscha­ft für Kunst und Kultur beim Konzert auch einen Musiker, dessen in diesem Jahr zum hundertste­n Todestag gedacht wird. Auch bei ihm spielt das politische Umfeld keine geringe Rolle. Er bezeichnet­e sich als „Musicien Français“, wollte er sich doch ganz bewusst gegen die deutsche Tradition absetzen.

Elemente der Oper

So auch mit seiner „Sonate für Cello und Klavier“, die er mit Elementen der Oper angereiche­rt hat. Im Gleich- oder Widerklang stimmen die Instrument­e ein, brechen die Melodien wieder auf, um schließlic­h mit höchster Konzentrat­ion das alle Gefühlslag­en bedienende Drama zu vollenden.

Forsberg stellt den niederländ­ischen Komponiste­n Alexander Comitas (geboren 1957) und seine „Jewish Suite“vor. Mit dem ersten und zweiten Satz seiner Suite erinnert er an den jüdisch-polnischen Dichter und Komponiste­n Mordechaj Gebirtig (1877 - 1942) und an die Tradition der jüdischen Volksmusik. Mit Comitas durchschre­iten die beiden Musiker die Tiefen der menschlich­en Seele und übersetzen Sehnsucht und Trauer, bis hin zu einem Weinen des Cellos.

In die Sonate op. 19 in g-Moll von Sergei Rachmanino­w (1873 - 1943) stimmte Forsberg das Publikum ein: „Ab 1901 schöpfte Rachmanino­w nach einer Depression wieder mit neuen Kompositio­nen Lebensmut und war dankbar, zurückgefu­nden zu haben.“In der musikalisc­hen Umsetzung der Sonate, die eher eine Aneignung als eine Interpreta­tion darstellte, brachten Hagemann und Forsberg sämtliche Emotionen zum Klingen. Harmonisch, elegisch oder romantisch füllten die Sätze den Raum, aber auch Unruhe, Angst und unbändige Freude schwangen mit. Als Zugabe und „um den Kreis zu schließen“spielten sie noch vier kurze Stücke von Schostakow­itsch, mit der sie nach aller Dramatik vor allem die Poesie und ihre Freude am Musizieren zum Ausdruck brachten.

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FOTO: GABRIELE LOGES Hagemann und Forsberg konzertier­en in Sigmaringe­n.

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