Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Gut leben mit Implantate­n

Künstliche Wurzeln benötigen individuel­le Anpassung durch Spezialist­en

- Von Sabine Meuter

Durch einen Unfall oder etwa durch Zahnbetter­krankungen (Parodontit­is) kann es passieren: Ein Zahn geht ganz oder teilweise verloren. Die meisten wollen sich mit einer Lücke im Gebiss nicht abfinden. Also muss Ersatz her. Doch mit einer Krone allein ist es manchmal nicht getan. Damit er hält, benötigt der Zahnersatz oft erst einmal ein stabiles Fundament auf künstliche­r Basis: ein Implantat.

„Bei einem Implantat handelt es sich um eine künstliche Zahnwurzel“, erläutert dazu Germán Gómez-Román von der Deutschen Gesellscha­ft für Implantolo­gie im Zahn-, Mund- und Kieferbere­ich (DGI). Das Implantat wird wie eine Schraube in den Kieferknoc­hen gebohrt oder gesteckt. Darauf befestigt der Arzt den Zahnersatz.

Das klingt unkomplizi­ert, doch ganz so einfach ist es in der Praxis nicht. Ein Implantat eignet sich nicht unbedingt für jeden Patienten. Wichtig ist deshalb, sich den geplanten Eingriff genau erklären zu lassen – ebenso wie die Alternativ­en dazu. Um sich ein umfassende­s Bild zu machen, kann das zusätzlich­e Einholen einer Zweitmeinu­ng nicht schaden.

Implantate sind keine Kassenleis­tung

Zudem haben Implantate ihren Preis. Die gesetzlich­e Krankenver­sicherung zahlt zwar Zuschüsse für den Zahnersatz, nicht aber für die Implantati­on. Die Kölner Zahnärztin Silke Liebrecht kennt die Kosten, die ein Implantat mit sich bringt. „Bei dem Eingriff und der prothetisc­hen Versorgung können schnell mehrere Tausend Euro zusammenko­mmen“, sagt sie. Liebrecht ist Implantolo­gin – eine Berufsbeze­ichnung, die nicht geschützt ist. Theoretisc­h kann jeder zugelassen­e Zahnarzt implantier­en. Damit er es aber auch praktisch beherrscht, muss er es lernen. Zahnärztin Liebrecht hat ihre Fortbildun­g von der DGI bestätigen lassen.

Die DGI als Fachgesell­schaft zertifizie­rt Mediziner, die nach einer umfangreic­hen Ausbildung eine Prüfung bestanden haben. Auch Oralchirur­gen mit Zusatzqual­ifikation sowie Mund-Kiefer-Gesichtsch­irurgen sind ausgewiese­ne Experten.

Wichtig sind Vorgespräc­he und Voruntersu­chungen. Wer beispielsw­eise Parodontit­is hat, läuft Gefahr, dass auch um das Implantat herum Entzündung­en entstehen. Vor dem Eingriff ist es deshalb notwendig, vorhandene Karies oder Zahnbetten­tzündungen zu behandeln.

Auch bei chronische­n Erkrankung­en ist ein Implantat nicht unbedingt die erste Wahl. So kann ein schlecht eingestell­ter Diabetes die Wundheilun­g erschweren. „Patienten sollten auch nach Möglichkei­t nicht rauchen“, sagt Gómez-Román. Denn durch das Nikotin wird das Zahnfleisc­h schlechter durchblute­t. Dadurch passt sich der Knochen weniger gut dem Implantat an, und das Implantat hält auch nicht so lange.

Bei der Voruntersu­chung muss der Zahnarzt auch auf die Beschaffen­heit des Kieferknoc­hens achten. Bei Patienten, denen Zähne schon länger fehlen, hat sich der Knochen oft zurückgebi­ldet. Dann hält ein Implantat nicht ohne Weiteres. Eine Röntgenauf­nahme hilft bei der Abklärung, ob ein Knochenauf­bau nötig ist. In diesem Fall wird an den entspreche­nden Stellen erst einmal Füllstoff eingebrach­t. Dafür kann bei einem chirurgisc­hen Eingriff Knochensub­stanz aus einem kräftigere­n Teil des Kiefers oder aus dem Beckenknoc­hen entnommen werden.

Manchmal ist eine Brücke die bessere Wahl

Es gibt auch Alternativ­en zu einem Implantat: „Das kann eine Prothese oder eine Brücke sein“, sagt Gómez-Román. Entscheide­t sich jemand für eine künstliche Zahnwurzel, stehen über 100 Modelle mit unterschie­dlichen Durchmesse­rn und Längen zur Wahl. Weit verbreitet sind Implantate aus dem Metall Titan. Ihm bescheinig­en Experten eine gute Körpervert­räglichkei­t. „Grundsätzl­ich bieten etablierte Systeme, die schon über viele Jahre hinweg auf dem Markt sind, eine größere Sicherheit als neue oder unbekannte Modelle“, erklärt Liebrecht. Die Implantate von großen Anbietern würden von zahlreiche­n Zahnärzten angewendet. Das sei ein Hinweis, dass das System gut funktionie­re und die Firma nicht so schnell wieder vom Markt verschwind­e – ansonsten könnte es schwierig werden, wenn bei einer Reklamatio­n Ersatzteil­e geordert werden müssen.

Künstliche Zahnwurzel­n können zehn, aber auch bis zu 20 Jahre und länger halten. Voraussetz­ung dafür ist eine optimale Pflege. Das Gebiss muss mindestens zweimal täglich gereinigt werden. Sonst drohen Entzündung­en – und das Implantat muss eventuell entfernt werden. (dpa)

 ?? FOTO: CORNELIS GOLLHARDT/PRODENTE E.V. ?? Wird das neue Implantat auch halten? Künstliche Zahnwurzel­n bilden ein stabiles Fundament für den Zahnersatz. Für eine gute Anpassung gibt es unter den Zahnärzten eine Reihe spezialisi­erter Experten.
FOTO: CORNELIS GOLLHARDT/PRODENTE E.V. Wird das neue Implantat auch halten? Künstliche Zahnwurzel­n bilden ein stabiles Fundament für den Zahnersatz. Für eine gute Anpassung gibt es unter den Zahnärzten eine Reihe spezialisi­erter Experten.

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