Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Seit 20 Jahren zaubert er Lächeln
Jürgen Seybold ist Zauberkünstler – Hirtenhund Joschka ist sein treuer Bühnenpartner
HERMENTINGEN - Joschka tappst ungeduldig auf der Kiste herum. An die Flammen, die bei dem leichten Wind auf der Veranda schnell vor seiner feuchten Nase hin und her zucken, ist der Rüde gewöhnt. Der wuschelige Hirtenhund mit dem gutmütigen Blick wartet schwanzwedelnd auf das Kommando und den Fingerzeig von Herrchen Jürgen Seybold. Joschka will springen. Von einer Kiste auf die nächste. Durch den brennenden Reifen. „Hopp!“
Seit bereits 20 Jahren ist der Hermentinger Jürgen „Jupp“Seybold als freischaffender Künstler tätig. „2017 war mein Firmenjubiläum“, sagt er schmunzelnd. So richtig begonnen hatte seine Karriere 1997. „Ich habe damals einen Anruf von einer Agentur bekommen. Eine Firma suchte einen Einradkünstler, der einen Monat lang jeden Tag mehrmals auf einer Waldbühne auftreten sollte.“Eine Waldbühne, das gefiel dem naturverbundenen Mann, der in jungen Jahren mehrere Monate lang in der kanadischen Wildnis gelebt hatte. „Am Ende stellte sich heraus: Die Waldbühne war das Ravensburger Spieleland, das gerade frisch eröffnet hatte.“Der Durchbruch.
Parallel gab Seybold seine autodidaktisch angeeigneten Fähigkeiten in Kursen weiter: an Schulen, in Ferienworkshops und VHS-Kursen. Bis heute macht ihm dieses Standbein viel Spaß. Aber auch an sich selbst arbeitet der Hermentinger stets. „Einfach noch besser werden“, das ist auch nach 20 Jahren noch immer sein Ziel.
Seit einiger Zeit aber steht er dabei nicht mehr allein auf der Bühne. Jupp und Joschka, sein Hütehund, sind ein gefragtes Duo. Sie haben regelmäßig Auftritte auf Festen, Firmenfeiern und touren durch die Stadthallen der Region. Sogar in Kindergärten entlocken die beiden schon den Kleinsten mit ihren Tricks viele Lacher. Dabei hatten Hundetrainer den einst ungestümen Joschka schon abgeschrieben.
Am besten ist Joschka, wenn er alles falsch macht
„Da könne sie mir nicht mehr helfen, hat mir eine Trainerin gesagt“, erinnert sich Jürgen Seybold. Das müsse er irgendwie selbst versuchen, habe es geheißen. Und so investierte Jürgen Seybold viel Freizeit in die Arbeit mit Joschka. Und der leidenschaftliche Jongleur, Zauberer, Comedian und Einradfahrer fand einen Weg, sein großes Fellknäuel zu bändigen. Seine Zauberformel: „Der Hund braucht etwas für den Kopf.“
Schon auf ganz kleine Fingerzeige reagiert der Rüde heute. Er ist so gut, dass Jürgen Seybold ein ganzes Programm um ihn herum aufbauen kann. „Am liebsten mögen die Zuschauer die Nummer, bei der Joschka angeblich alles falsch macht.“Da kündigt Jürgen Seybold dem Publikum an, dass sein Hund gleich durch den Reifen hüpfe. Vor allem Kinder johlen laut auf, wenn Joschka auf das Kommando „spring“scheinbar widerwillig unter dem Reifen abtaucht. Dabei gehorcht der Hund perfekt aufs Wort: „Spring“, das hat Seybold ihm lange beigebracht, bedeutet das Gegenteil von „hopp“. Die Erwachsenen ahnen den Trick natürlich. Aber dem großen Hund mit dem so menschlich wirkenden Dickkopf fliegen bei dieser Nummer dennoch alle Herzen zu.
Die Reaktionen des Publikums und die Arbeit mit Joschka gefallen dem Hermentinger Künstler so gut, dass er sich ein Leben ohne Zauberei und Varieté-Tricks kaum noch vorstellen kann. Mittlerweile sind Joschka und er auch nicht mehr allein im Proberaum ihres Hauses. Längst wohnt dort ein zweiter Hütehund, der über die Wippe läuft, auf der rollenden Tonne balancieren lernt und auf Kisten „hoppst“. Wie Joschka stammt auch die einjährige Hündin Gretel aus der Zucht eines Schäfers. Noch braucht Gretel etwas Zeit. Doch Jürgen Seybold ist sich sicher: „Sie ist hellwach und klug. Vielleicht wird sie später sogar noch besser als Joschka.“