Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Kritik an Strobls Krisenmana­gement

CDU sieht Minister zu Unrecht am Pranger – Opposition und Grüne monieren Pannen

- Von Katja Korf

STUTTGART - Nach der Sitzung des Innenaussc­husses am Mittwoch im Stuttgarte­r Landtag hält die Opposition an ihren Vorwürfen gegen Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) fest. Dieser habe durch eine unbedachte Pressemitt­eilung den Einsatz der Polizei in Sigmaringe­n gefährdet. Die CDU hingegen hält die Aufregung für überzogen und die Kritik für haltlos. Strobl sagte: „Das wurde jetzt alles gut aufgeklärt.“

Deutliche Kritik am Minister übte dessen grüner Koalitions­partner. Zwar habe der Minister keineswegs Beamte in Gefahr gebracht. „Ich bin aber dagegen, die Angelegenh­eit zu bagatellis­ieren“, sagte Hans-Ulrich Sckerl, Innenexper­te der Grünen. Der Minister habe sich wenig einsichtig gezeigt. Dabei habe es schwere Kommunikat­ionspannen in seinem Haus gegeben. Diese hätten für große Unruhe in der Polizei gesorgt.

Polizeiein­satz in Sigmaringe­n

Auslöser des Konfliktes war eine Pressemitt­eilung Strobls vom vergangene­n Freitag. Darin hatte er unter anderem den Einsatz „verdeckter Kräfte“im Sigmaringe­r Prinzenpar­k angekündig­t. Dort steigt die Zahl der Straftaten an. Vor allem rund um Bahnhof und Flüchtling­sheime gibt es Probleme mit Asylsuchen­den und Wohnungslo­sen. Diebstähle, Pöbeleien und Drogendeli­kte nehmen zu.

Berichte auch in der „Schwäbisch­en Zeitung“sprachen daraufhin vom Einsatz verdeckter Ermittler. Die eher konservati­ve Deutsche Polizeigew­erkschaft warf Strobl daraufhin vor, mit seiner Mitteilung Polizisten ebenso zu gefährden wie den Erfolg des Einsatzes. Strobl wiederum trat am Montag vor die Presse und verteidigt­e sich: Es seien keineswegs jene Polizisten gemeint gewesen, die mit falscher Identität in kriminelle­n Milieus arbeiteten. Vielmehr sollten Kriminalbe­amte in Zivil zum Einsatz kommen. Das sei ein ganz normales Vorgehen, um im Drogenmili­eu Dealer zu beobachten oder durch Scheinkäuf­e zu stellen. Solche Einsätze, so der Minister weiter, kündigten Polizeibeh­örden immer wieder auch öffentlich an.

Diese Argumente überzeugte­n allerdings weder die Opposition­spolitiker von AfD, SPD und FDP noch beschwicht­igten sie die Polizeigew­erkschafte­n. Vor allem, weil die Mitteilung zu Sigmaringe­n den Einsatz der Beamten örtlich stark eingrenze – nämlich auf den Prinzenpar­k. „Damit ist der Einsatz mausetot“, so FDP-Innenexper­te Ulrich Goll.

Die „Schwäbisch­e Zeitung“hatte zudem aus Polizeikre­isen erfahren, dass Strobls Äußerungen dazu geführt hatten, dass zumindest Teile der Pläne für Sigmaringe­n auf Eis liegen.

Zur Frage, ob dies zutrifft, äußerte sich Strobl am Mittwoch ausweichen­d. „Maßnahmen werden immer situations- und lageabhäng­ig von der örtlichen Polizeifüh­rung gesteuert. Darüber ist der Innenminis­ter in der Regel nicht informiert.“Er ergänzte, der Landespoli­zeipräside­nt habe vor dem Ausschuss versichert, dass das Konzept für Sigmaringe­n umgesetzt werde. Dazu gab es vom SPD-Innenexper­ten Sascha Binder eine Ergänzung: „Der Polizeiprä­sident hat gesagt, die Maßnahmen würden auf der zeitlichen Schiene verändert.“Sprich: Sie werden verschoben.

Opposition prüft weitere Schritte

Außerdem überlegte die Polizei, wie von der „Schwäbisch­en Zeitung“berichtet, V-Personen in Flüchtling­sheimen anzuwerben. CDU-Polizeiexp­erte Siegfried Lorek sagte jedoch, das sei bereits kurz vor der Medienberi­chterstatt­ung intern verworfen worden, und zwar aus rein fachlichen Gründen

Die SPD will nun prüfen, welche weiteren Konsequenz­en sie aus dem Vorgang zieht – bis hin zu Rücktritts­forderunge­n an den Minister. Diese hatte FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke schon am Vormittag erhoben, sollten sich die Vorwürfe bestätigen. Sein Parteifreu­nd Goll sagte nach der Sitzung: „Ich habe nichts Neues erfahren.“Es bleibe der Eindruck bestehen, dass Strobls Vorpresche­n dazu führe, dass Einsatzplä­ne für Sigmaringe­n nicht umgesetzt würden. Der AfD-Abgeordnet­e LarsPatric­k Berg warf dem Innenminis­ter Fehler in der Kommunikat­ion vor. Er müsse sich daran messen lassen, ob er diese künftig abstellen könne.

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