Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Lucha will Duldung Geflüchtet­er ausweiten

Prüfung einer im Ausland erworbenen Berufsausb­ildung soll vor Abschiebun­g schützen – Kritik aus Bayern

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Der baden-württember­gische Integratio­nsminister Manfred Lucha will Geflüchtet­en ermögliche­n, einfacher ein Studium oder eine Ausbildung in Deutschlan­d aufzunehme­n. Zudem will der Grünen-Politiker eine Duldung von Geflüchtet­en ausweiten, die in Deutschlan­d ihre Berufsausb­ildung anerkennen lassen wollen. Beide Initiative­n bringt er bei der Integratio­nsminister­konferenz an diesem Donnerstag und Freitag in Nürnberg ein. Die bayerische Staatsregi­erung ist gegen Luchas zweiten Vorschlag.

Den Grund für seinen ersten Vorstoß fasst Lucha so zusammen: „Nach der derzeitige­n Rechtslage kann es zu der absurden Situation kommen, dass sich ein ausbildung­swilliger junger Mensch schlechter­stellt, wenn er eine Ausbildung oder ein Studium aufnimmt, als wenn er es sein lässt.“Für manche fielen dann nämlich Gelder nach dem Asylbewerb­erleistung­sgesetz weg. Andere Hilfen wie Bafög bekommen sie auch nicht. Das will Lucha ändern – auch auf Wunsch der Kommunen und der Wirtschaft. Die Stadt Stuttgart beispielsw­eise sorgt bereits für den Lebensunte­rhalt einiger Flüchtling­e, die in diese Förderlück­e gefallen sind. Diesen Vorschlag Luchas unterstütz­en etliche andere Länder, darunter Bayern und RheinlandP­falz.

Auf größere Skepsis trifft Lucha mit seinem zweiten Vorschlag. Dieser sieht vor, Asylbewerb­er so lange zu dulden, bis die Behörden deren im Ausland abgeschlos­sene Berufsausb­ildung geprüft haben. Die Duldung soll weiter gelten, während sie etwa Lehrgänge zur Anerkennun­g absolviere­n, die bis zu drei Jahre dauern können. Danach sollen sie weitere zwei Jahre geduldet werden, um ihren Beruf ausüben zu können.

Wie bei der Drei-plus-zwei-Regel

Lucha zieht Parallelen zur sogenannte­n Drei-plus-zwei-Regel. Sie besagt, dass Geflüchtet­e unabhängig vom Erfolg ihres Asylverfah­rens in Deutschlan­d bleiben dürfen, während sie eine dreijährig­e Ausbildung machen. Danach sollen sie noch zwei weitere Jahre bleiben dürfen, um in ihrem Beruf zu arbeiten.

Wer mit abgeschlos­sener Berufsausb­ildung nach Deutschlan­d kommt, soll nach Luchas Willen nicht schlechter­gestellt werden als die, die hier erst eine Ausbildung beginnen. „Statt talentiert­e junge Menschen abzuschieb­en, geben wir ihnen eine Chance und tragen so gleichzeit­ig zur Fachkräfte­sicherung bei“, erklärt er.

Bayern, Gastgeberl­and der Integratio­nsminister­konferenz, sieht Luchas Initiative kritisch. „Der Vorstoß von Baden-Württember­g führt dazu, dass abgelehnte Asylbewerb­er, die unser Land eigentlich verlassen müssten, hierbleibe­n dürfen“, sagt Bayerns Integratio­nsminister­in Emilia Müller (CSU). Der Fokus bei der Integratio­n in den Arbeitsmar­kt müsse vielmehr auf anerkannte­n Flüchtling­en liegen. „Denn wir dürfen die Leistungsf­ähigkeit von Staat und Gesellscha­ft nicht überforder­n. Ansonsten gefährden wir den Zusammenha­lt unserer Gesellscha­ft.“

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FOTO: PAULY Manfred Lucha (Grüne).

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