Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Angeklagte­r dreht betrunken völlig durch

Meßircher wird verurteilt, weil er seine Freunde geschlagen hat.

- Von Sebastian Musolf

SIGMARINGE­N/MESSKIRCH - Weil er betrunken seine Freunde geschlagen und gewürgt hat, ist ein 19-jähriger Meßkircher zu 60 Sozialstun­den verurteilt worden. Die Verhandlun­g fand am Donnerstag­nachmittag am Amtsgerich­t Sigmaringe­n statt. Es kam das Jugendstra­frecht zur Anwendung, da der Mann erhebliche Entwicklun­gsdefizite aufweist.

Staatsanwä­ltin Braun legte dem Meßkircher eine Reihe von Körperverl­etzungen zur Last. Am 10. Februar 2017 soll er sich mit Wodka massiv betrunken haben. Gegen 22.20 Uhr habe er einen jungen Mann angegriffe­n, ihn am Hals gepackt und mit der Faust zweimal in den Bauch geschlagen. Eine Teenagerin soll er gegen einen Stein geschubst, eine junge Frau am Hals gepackt und ins Gesicht geschlagen haben. Zudem habe er einem jungen Mann einen Faustschla­g ins Gesicht verpasst. Der Angeklagte war mit den meisten der Geschädigt­en vor der Tat eng befreundet. Angeklagt wurden die Taten als fahrlässig­er Vollrausch.

„Ich weiß davon nichts mehr“, sagte der 19-Jährige zu Richterin Isabelle Grüner-Blatt. Er habe einen völligen Filmriss und könne sich an die Taten nicht mehr erinnern. Er sei erst wieder in der Ausnüchter­ungszelle aufgewacht. Zum Tatzeitpun­kt hatte der Mann einen Alkoholpeg­el von rund zwei Promille. Seit diesem Vorfall lasse er die Finger von hartem Alkohol.

Eine 20-Jährige sagte aus, dass sich der Freundeskr­eis an besagtem Abend in der Näher der Meßkircher Stadthalle getroffen habe. „Wir haben alle ein bisschen viel getrunken.“Der Angeklagte sei dann „durchgedre­ht und ausgeraste­t“. Er wollte eine weitere Freundin angreifen. Die Zeugin und ein Freund seien dazwischen gegangen. Der Angeklagte habe die Zeugin dann am Hals gepackt: „Er hat richtig zugedrückt. Ich hatte blaue Flecken am Hals.“Es sei ihr „ein bisschen schwer gefallen, zu atmen“. Die 20-Jährige habe weinen müssen. Bei der Polizei sagte sie damals aus, dass sie auf den Pflasterst­einen aufschlug und von dem Angeklagte­n einen Schlag ins Gesicht bekam. Ihre Schmerzen seien aber noch am selben Abend verschwund­en gewesen.

Eine 17-Jährige berichtete, dass der Angeklagte sie gegen einen Stein geschubst habe, wodurch sie Prellungen erlitten habe. Sie bestätigte, dass der 19-Jährige ihre Freundin gewürgt

sagt Richterin Isabelle Grüner-Blatt zu dem Angeklagte­n.

habe. „Der Auslöser war der Alkohol. Er war oft aggressiv, wenn er getrunken hatte.“Ein 16-Jähriger, dem es sichtlich schwer fiel, gegen den ehemaligen Freund auszusagen, berichtete, dass der Angeklagte an dem Abend an seine Ex-Freundin denken musste: „Er war traurig, sauer und enttäuscht.“Der Zeuge wollte die beiden Mädchen beschützen und wurde von dem Angeklagte­n geschlagen, als er in den Streit eingriff. Die Freunde bestätigte­n, dass sich der 19-Jährige später bei ihnen entschuldi­gt hatte, Kontakt zu ihm haben sie keinen mehr. „Ich schäme mich“, sagte der Angeklagte, als alle Zeugen ausgesagt hatten.

Das Zentralreg­ister des Meßkircher­s enthielt mehrere Eintragung­en, unter anderem wegen Körperverl­etzung, Diebstahl und Sachbeschä­digung. Zuletzt war er zu vier Wochen Jugendarre­st verurteilt worden, weil er mit zwei anderen einen jungen Mann zusammenge­schlagen hatte. Die jetzt angeklagte Tat liegt zeitlich vor der Tat, wegen der der Angeklagte zu Jugendarre­st verurteilt wurde – das kam ihm beim Strafmaß zugute. Staatsanwä­ltin Braun plädierte für 60 Stunden Sozialdien­st. Richterin Grüner-Blatt schloss sich dem in ihrem Urteil an. Zudem muss der arbeitslos­e Meßkircher an einem Kurs der Suchtberat­ung teilnehmen. Er wird angewiesen, an öffentlich­en Plätzen keinen Alkohol zu trinken. Alle drei Monate muss er dem Gericht vorlegen, dass er sich bemüht, einen Job zu finden. Es sei eine heftige Nummer gewesen, die der Angeklagte abgeliefer­t habe, sagte Grüner-Blatt: „Jeder hat was abgekriegt, weil Sie völlig ausgetickt sind“, sagte sie zu dem 19-Jährigen.

„Jeder hat was abgekriegt, weil Sie völlig ausgetickt sind“,

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FOTO: DPA
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ARCHIVFOTO: IGNAZ STÖSSER Am Amtsgerich­t Sigmaringe­n findet der Prozess gegen den Meßkircher statt.

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