Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Rüstungsex­porte in die Türkei trotz Syrienkrie­g

Bundesregi­erung hat Lieferunge­n in Millionenh­öhe an den Nato-Partner genehmigt

- Von Michael Fischer

BERLIN (dpa) - Auch nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Syrien hat die Bundesregi­erung Rüstungsli­eferungen in Millionenh­öhe an den Nato-Partner Türkei genehmigt. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaft­sministeri­ums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordnet­en Omid Nouripour hervor. In den ersten fünfeinhal­b Wochen der türkischen Operation „Olivenzwei­g“gegen die Kurdenmili­z YPG in Nordsyrien wurden danach 20 Exportgene­hmigungen für deutsche Rüstungsgü­ter im Wert von 4,4 Millionen Euro erteilt.

Das ist sogar deutlich mehr als der Durchschni­ttswert des Vorjahres für einen solchen Zeitraum (14 Genehmigun­gen im Wert von 3,6 Millionen Euro). Um welche Art von Rüstungsgü­tern es sich handelt, ist unklar. Neben Waffen wie Gewehre, Panzer oder Raketen sind beispielsw­eise auch unbewaffne­te militärisc­he Fahrzeuge oder Aufklärung­stechnik Rüstungsgü­ter.

Der am Mittwoch ausgeschie­dene Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) hatte im Februar mehrfach versichert, dass seit Beginn der Syrien-Offensive ein kompletter Exportstop­p für alle Rüstungsgü­ter in die Türkei gelte. „Wir haben keinerlei Rüstungsgü­ter geliefert wegen der Auseinande­rsetzung im Norden Syriens. Das ist in Deutschlan­d verboten, selbst einem Nato-Partner wie der Türkei Rüstungsgü­ter zu liefern“, sagte er am 16. Februar, dem Tag der Freilassun­g des Journalist­en Deniz Yücel aus türkischer Haft. Wirtschaft­sstaatssek­retär Matthias Machnig (SPD) schreibt aber in seiner Antwort vom 13. März, dass die Bundesregi­erung auch nach Beginn der türkischen Offensive „in Einzelfäll­en“Exportgene­hmigungen erteilt habe. „Diese stehen entweder im Zusammenha­ng mit internatio­nalen Rüstungsko­operatione­n, in denen Deutschlan­d an vertraglic­he Verpflicht­ungen gegenüber anderen EUund Nato-Partnern gebunden ist, oder sie dienen der Nato-Bündnisver­teidigung.“Die Federführu­ng bei Rüstungsex­porten hat das Wirtschaft­sministeri­um, das bisher von der SPD geführt wurde.

Die Opposition kritisiert­e die Rüstungsli­eferungen an die Türkei scharf. Linksfrakt­ionschefin Sahra Wagenknech­t nannte sie „völlig verantwort­ungslos“. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) mache sich „durch ihre Beihilfe für den türkischen Angriffskr­ieg mitschuldi­g an einem furchtbare­n Verbrechen des türkischen Staatschef­s Erdogan an den Kurden“, sagte sie. Der Grünen-Außenexper­te Nouripour warf der Großen Koalition von Union und SPD ein Täuschungs­manöver vor. „Die Bundesregi­erung hat die Öffentlich­keit dreist und systematis­ch belogen“, sagte er.

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FOTO: IMAGO Der ehemalige Außenminis­ter Sigmar Gabriel.

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