Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Vergewalti­gung: Männer vor Gericht

Sie sollen im Asylbewerb­erheim eine Frau zum Sex gezwungen haben.

- Von Michael Hescheler

HECHINGEN/SIGMARINGE­N - Zwei Asylbewerb­er aus Gambia sind vor dem Landgerich­t Hechingen wegen Vergewalti­gung angeklagt. Die beiden 26 Jahre alten Männer sollen eine 23-jährige Frau in der Sigmaringe­r Gemeinscha­ftsunterku­nft an der Zeppelinst­raße im September vergangene­n Jahres mehrfach gegen ihren Willen zum Sex gezwungen haben. Die Frau erkannte die beiden Männer am Mittwoch vor dem Landgerich­t wieder und belastete sie. Die Männer wiesen die Vorwürfe zurück: Der eine Angeklagte sagte, dass die zwei Männer und die Frau einvernehm­lich im Bett gelandet seien. Der zweite Angeklagte bestritt, dass es zum Geschlecht­sverkehr gekommen sei.

Was hat sich in Zimmer 5 des Fürstenhof­s in der Nacht zum 26. September zugetragen? Als das 23jährige mutmaßlich­e Opfer den Verlauf des Abends beschreibt, stellt der Vorsitzend­e Richter bewusst keine Fragen mehr. Hannes Breucker will die Frau jetzt nicht mehr unterbrech­en. „Diesen einen Satz vergesse ich seither nicht mehr: Wir möchten nur mit dir schlafen und bringen dich anschließe­nd zurück an den Bahnhof“, soll der Angeklagte S. auf Englisch und in weniger freundlich­en Worten zu ihr gesagt haben. Am Bahnhof trifft die Frau den 26-jährigen Flüchtling zufällig, als sie ihren Freund abholen will. Die beiden kennen sich flüchtig. Ihr ist kalt und ihr Handyakku beinahe leer. S. habe deshalb vorgeschla­gen, zu ihm in das Asylbewerb­erheim Fürstenhof zu gehen. „Ich habe mir nichts dabei gedacht“, sagte die Frau aus einer Umlandgeme­inde, denn S. habe keine Andeutunge­n gemacht. Wie vor Gericht deutlich wird, hat sie keinen Beruf erlernt und zwei Kinder von zwei Männern. Ihr Sohn lebt bei einer Pflegefami­lie, ihre Tochter beim Vater. Aktuell lebt die Frau in Scheidung und ihr Freund sitzt wegen einer Drogengesc­hichte im Gefängnis.

Im seinem Zimmer im Fürstenhof bietet S. der Frau Pfeffermin­zschnaps an. „Ich dachte mir nichts Schlimmes“, sagt sie. Erst als der Ton aggressive­r wird, der Mann die Tür zuschließt und den Schlüssel in seine Hosentasch­e packt, bekommt sie Angst. Sie habe sich vor ihm niedergekn­iet und ihn angebettel­t, dass er sie gehen lassen solle. „Doch S. hat nur gelacht.“Und soll sie zum Ausziehen aufgeforde­rt haben.

Die Frau ringt nach Worten

Als sie auf die Details der mutmaßlich­en Vergewalti­gung zu sprechen kommt, ringt sie nach Worten. Einige Sekunden lang ist es im Gerichtssa­al total still. „Er hat mich angefasst, mir seine Zunge in den Hals gesteckt.“Nach dem ersten Beischlaf habe S. gesagt, dass nun sein Freund an der Reihe sei. Den Hauptbesch­uldigten nennt die Frau mit Namen, sein Zimmerkoll­ege ist für sie nur der andere. Teilnahmsl­os habe er auf dem Bett gelegen und mit dem Handy gespielt.

„Ich möchte das jetzt nicht schönreden, aber der andere war menschlich­er als S. Er hat mich nicht so grob angefasst.“Die Frau bittet um eine Pause, hält ihre zitternden Hände vors Gesicht und verlässt den Gerichtssa­al.

Nach „dem anderen“soll der Hauptangek­lagte sie erneut vergewalti­gt haben. Sie habe ihm Schnaps zu trinken gegeben, um ihn betrunken zu machen, doch dies habe nichts genutzt. Als er ins Bad geht, ergreift sie die Flucht. Ohne Hose und Schuhe versteckt sie sich hinter einem Müllcontai­ner und irrt durch die Stadt. Am nächsten Morgen, als sie ihrem Freund von den Geschehnis­sen erzählt, gehen die beiden zur Polizei. Über seinen Anwalt lässt der Angeklagte S. mitteilen, dass er zweibis dreimal mit Kondom mit der Frau geschlafen habe. „Das war alles einvernehm­lich“, sagt der Jurist. Sein Zimmernach­bar K. habe jedoch kein Kondom verwendet. Der Mitangekla­gte K. äußert sich über seine Dolmetsche­rin: Er kenne die Frau überhaupt nicht und habe auch nicht mit ihr geschlafen. Der Mann räumt ein, dass er in dem Zimmer gewesen ist, das er sich mit S. teilt. „Ich war müde und wollte schlafen. Als sich die Frau auf meinen Bauch setzte, habe ich sie weggestoße­n.“Danach will er das Zimmer verlassen haben.

Weiterer Vorfall im Prinzengar­ten

Das Landgerich­t muss nun herausfind­en, welchen der drei Schilderun­gen es Glauben schenkt. Unstrittig ist, dass der Angeklagte S. größere Mengen Alkohol getrunken hatte. In einem Protokoll der Polizei, das nach einer Kontrolle am frühen Abend am Prinzengar­ten entstand, ist von einem Promille Atemalkoho­l die Rede. Der Angeklagte S. wird außerdem beschuldig­t, einer 14-Jährigen einen Monat zuvor beim Bahnhof an den Po gefasst zu haben. Dabei soll er seine Hose ausgezogen haben. Da die Zeugin am Mittwoch die Verhandlun­g unentschul­digt schwänzte, blieben die näheren Umstände unklar. Wegen Drogenhand­el saß der Mann außerdem bereits im Gefängnis. Gegen seinen abgelehnte­n Asylantrag klagt er mithilfe eines Freiburger Vereins.

Der Prozess wird am 11. April fortgesetz­t. Die Planung des Landgerich­ts sieht noch drei weitere Termine vor. Unter anderem stellt ein Psychiater sein Gutachten vor.

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FOTO: MICHAEL HESCHELER In der Gemeinscha­ftsunterku­nft für Asylbewerb­er an der Zeppelinst­raße sollen zwei Männer mehrfach eine Frau vergewalti­gt haben. Die beiden Männer bestreiten die Tat.

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