Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Das Theater der Schatten spielt im Schloss
Zehn Farbseiten im Figaro-Magazine behandeln Sigmaringer Geschichte
SIGMARINGEN/PARIS - Heinz Gauggel ist ein Sammler von Hohenzollern-Erinnerungen, an dem niemand vorbeikommt, der über Sigmaringer Geschichte berichten will. Nun erscheint er auch an ehrenvoller Stelle inmitten seiner Sammlungen im Pariser Figaro-Magazine. Links daneben sieht man ein historisches Foto mit einer Marschkolonne französischer Soldaten und einem zwölfjährigen Jungen – Gauggel auf dem Schlossberg 1944 oder 45.
Die Zeitung „Le Figaro“hat in ihrem Magazin vom vergangenen Wochenende eine zehnseitige Farbreportage über das Vichy-Regime in Sigmaringen gebracht (die SZ berichtete). Der Autor Jean-Louis Tremblais berichtet über das „théatre d’ombres“(das Theater der Schatten) der letzten Monate der französischen Kollaborations-Regierung in Sigmaringen, das vom Schriftsteller Ferinand Céline geschildert wurde.
Für viele Franzosen war die Sigmaringer Episode ihrer Landsleute entweder eine peinliche Angelegenheit oder sie kannten sie gar nicht. Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert, die Aufarbeitung der französischen Kollaboration im Zweiten Weltkrieg wird immer wieder thematisiert.
Der Bericht von Tremblais und die Fotos von Christophe Lepetit bieten neben der prachtvoll-dämonischen Aufschlagseite Vergleiche zwischen 1945 und heute sowie einige Impressionen vom Schloss. Tremblais gibt einen Überblick auf die Geschichte der Sigmaringer Hohenzollern und schildert die Situation der Vichy-Leute, die sich eigentlich nur noch als Gefangene der „Teutonen“sehen, und beschreibt ihre Räumlichkeiten im Schloss.
Den französischen Leser muss diese Darstellung neugierig machen, bietet sie doch einen wenig bekannten Blick auf das Ende des Vichy-Regimes bis zum Einmarsch der französischen Truppen unter General Lattre de Tassaigny.
Dieser große Artikel lenkt den französischen Blick auf ein Sigmaringen, dass man lieber vergessen hätte. Gleichzeitig zeigt sich, dass man Geschichte inzwischen als Geschichte ansehen und an Fakten ohne falsche Scham erinnert werden kann. Und auch, wenn der Bericht natürlich nicht als Tourismuspublikation zu verstehen ist, vielleicht weckt er ja doch das Interesse für Sigmaringen als Ausflugsziel.