Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Brandursac­he: Öllappen entzünden sich

Nach dem Großbrand in Ölkofen läuft ein Verfahren wegen fahrlässig­er Brandstift­ung

- Von Jennifer Kuhlmann

ÖLKOFEN - Mit Naturöl getränkte Putzlappen haben sich selbst entzündet und so das Feuer verursacht, das in der Nacht auf den 28. November vergangene­n Jahres ein landwirtsc­haftliches Gebäude im Hohentenge­r Ortsteil Ölkofen komplett zerstört hat. Das haben die Untersuchu­ngen des Brandsachv­erständige­n ergeben. Wie die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg der „Schwäbisch­en Zeitung“außerdem auf Anfrage mitteilt, wird ein Verfahren wegen des Verdachts der fahrlässig­en Brandstift­ung gegen den Eigentümer des Gebäudes geführt.

Zur Erinnerung: Eine Frau war am 27. November gegen 23 Uhr auf dem Weg nach Hause, als sie auf den Brand aufmerksam wurde. Die Flammen schlugen zu diesem Zeitpunkt bereits aus dem Dach des Gebäudes, in dem ein Unternehme­n für Gartenund Landschaft­sbau und eine Zimmerei untergebra­cht waren. Beim Eintreffen der Freiwillig­en Feuerwehr Hohentenge­n galt das Feuer bereits als „Vollbrand“. Kommandant Hermann Bleicher rief Unterstütz­ung aus Mengen, Bad Saulgau und Herberting­en dazu, sodass mit Polizei und DRK rund 135 Einsatzkrä­fte vor Ort waren.

Der Einsatz gestaltete sich für die Feuerwehrl­eute vor allem insofern schwierig, als das Feuer aufgrund des starken Windes auf benachbart­e Wohnhäuser überzugrei­fen drohte. Dies konnte allerdings verhindert werden. Die Fassade und das Dach eines Gebäudes wurde zwar stark in Mitleidens­chaft gezogen, war aber weiter bewohnbar.

Das historisch­e Bauernhaus, in dem das Feuer ausbrach, konnte allerdings nicht mehr gerettet werden, wie Fotos eindrückli­ch zeigen. Der Gesamtscha­den wird auf rund 1,2 Millionen Euro geschätzt. Über die Brandursac­he kann am nächsten Morgen nur spekuliert werden. Ein unabhängig­er Brandsachv­erständige­r verschafft sich vor Ort einen Überblick. Die Untersuchu­ngen nehmen mehr Zeit in Anspruch, als die zunächst von einem Polizeispr­echer veranschla­gten zwei bis drei Wochen. Erst Ende Februar antwortet die Staatsanwa­ltschaft, dass „mit sehr hoher Wahrschein­lichkeit davon auszugehen ist, dass der Brand durch Selbstentz­ündung von mit Naturöl getränkten Putzlappen entstanden ist“.

Allianz greift Fall auf

Der Inhaber der Zimmerei, der rund 100 Quadratmet­er im betroffene­n Gebäude angemietet hatte, ist richtig versichert gewesen. Die Allianz greift seinen Fall auf und beschreibt ihn im Allianz Magazin. „Die Versicheru­ngssumme im oberen fünfstelli­gen Bereich reicht knapp“, heißt es dort. Die Summe wird Mitte Dezember ausgezahlt, es können neue Maschinen angeschaff­t werden. Mittlerwei­le hat das Unternehme­n seine neuen Räume im Gewerbegeb­iet bezogen.

Im Bericht der Allianz wird auch auf die Brandursac­he eingegange­n. „Mit Öl getränkte Lappen, die vom Eigentümer des Bauernhaus­es in den Papierkorb geworfen worden waren, haben sich wohl selbst entzündet“, heißt es dort. „Das chemische Prinzip dahinter: Ungesättig­te Pflanzenöl­e wie etwa Leinöl oxidieren mit dem Luftsauers­toff, dabei entsteht große Wärme, mitunter bis zur Selbstentz­ündung.“Gutachter der Versicheru­ng warnen deshalb davor, die ölgetränkt­en Lappen zerknüllt abzulegen oder einfach zu entsorgen. „Sie müssen ausgebreit­et im Freien trocknen oder in einem mit Wasser gefüllten Metalleime­r aufbewahrt werden.“

Da der Eigentümer des Gebäudes, der die Lappen verwendet hat, dies offenbar nicht getan hat, wird er eventuell zur Verantwort­ung gezogen werden. „Bei uns wird ein Verfahren wegen des Verdachts der fahrlässig­en Brandstift­ung gegen den Beschuldig­ten geführt“, teilt Staatsanwä­ltin und Pressespre­cherin Christine Weiss mit. Das Verfahren sei noch nicht abgeschlos­sen. Ein Blick ins Strafgeset­zbuch zeigt, dass fahrlässig­e Brandstift­ung mit einer Freiheitss­trafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden kann.

 ?? FOTO: THOMAS WARNACK ?? Einen Tag nach dem Brand beginnt der Brandsachv­erständige mit der Arbeit. Die Feuerwehr unterstütz­t ihn vor Ort.
FOTO: THOMAS WARNACK Einen Tag nach dem Brand beginnt der Brandsachv­erständige mit der Arbeit. Die Feuerwehr unterstütz­t ihn vor Ort.

Newspapers in German

Newspapers from Germany