Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Kapelle erwartet 600 Gäste zur Geburtstagsparty
Die Stadtkapelle Gammertingen wird 170 Jahre alt – Geplant sind eine Ausstellung und ein viertägiges Fest
GAMMERTINGEN - Die Stadtkapelle Gammertingen feiert in diesem Jahr ihr 170-jähriges Bestehen. Doch sie feiert nicht allein: Höhepunkt soll das Bezirksmusikfest vom 20. bis zum 23. Juli werden, zu dem die Veranstalter etwa 600 Musiker aus der Region erwarten. Von ihrem Jubiläumsjahr erhofft sich die Stadtkapelle außerdem mehr Schwung bei der Jugendarbeit. Mit neuen Angeboten für Kinder will sie langfristig für Nachwuchs sorgen.
Alle schriftlichen Aufzeichnungen über die Stadtkapelle Gammertingen sind 1945 verloren gegangen. Deshalb lässt sich ihre Geschichte nur schwer rekonstruieren. Selbst wann die Stadtkapelle genau gegründet wurde, lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Fest steht aber: 1848 gab es sie bereits. „Auf Grundlage dieser Jahreszahl haben wir 1998 unser 150-jähriges Bestehen und das Kreismusikfest gefeiert“, sagt Udo Rapp, als Vorsitzender der Stadtkapelle für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
Musikzug entsteht 1848
Im Revolutionsjahr 1848 wurde in Gammertingen eine Wehrmannschaft aufgestellt, die für Ruhe und Ordnung sorgen sollte. Für diese wurden unter anderem zwei Trommeln und weitere Instrumente zur Bildung einer Wehrmännermusik angeschafft. Musterlehrer Heinrich Reiser wurde am 11. April 1848 mit der Bildung des Musikzugs beauftragt. „Ich hege die Überzeugung, dass eine wohlorganisierte Musik den Mut mehr belebt als die bloße Trommel, welche jedoch dadurch nicht ausgeschlossen werden soll“, schrieb Reiser an den Gemeinderat und Bürgerausschuss. Er wünschte sich ein „tiefes Bassinstrument“, zwei Trompeten, eine Klarinette und drei Piccolo-Flöten.
1865 zog Heinrich Reiser nach Afrika und nach Indien, während der Kriegsjahre 1870 und 1871 ruhte die Vereinstätigkeit ohnehin. Die Anzahl der Musiker nahm immer weiter ab. Als es langsam wieder aufwärts ging, kam der Kapelle der Erste Weltkrieg dazwischen: Die meisten Mitglieder wurden zum Heeresdienst eingezogen. In der Nachkriegszeit bildete sich wieder eine Kapelle, die auch an Musikfesten und Wertungsspielen teilnahm. Doch nach dem Krieg war vor dem Krieg: Im Zweiten Weltkrieg wurden die meisten Musiker erneut zum Kriegsdienst eingezogen.
1947 wurde der Verein schließlich neu gegründet – und das erfolgreiche Udo Rapp, Vorsitzender der Stadtkapelle Gammertingen Musizieren wurde endlich kontinuierlich möglich. „Heute zählt die Stadtkapelle rund 45 Aktive“, sagt Udo Rapp, der selbst Saxophon spielt. Dirigiert werden die Musiker seit einem Jahr von Hilger Huntgeburth. „Er ist studierter Klarinettist und ein absoluter Fachmann“, sagt Rapp. Als Dirigent sei Huntgeburth vor dem Start in Gammertingen allerdings noch nie tätig gewesen. Dennoch funktioniere die Zusammenarbeit mit ihm hervorragend.
„Wir sind eine schlagkräftige, tolle Truppe“, sagt Udo Rapp. „Aber uns fehlt der musikalische Unterbau.“Den Nachwuchs rekrutiert die Stadtkapelle nicht nur aus Gammertingen, sondern auch aus Harthausen, Feldhausen, Kettenacker und Neufra. Verantwortlich für die knapp 20 jungen Musiker sind die erst Anfang des Monats neu gewählten Jugendleiter Madeleine Rapp und Nico Nepple. Dirigiert wird die Jugendkapelle von Dietmar Pelz. Gemeinsam mit diesen Verantwortlichen will Udo Rapp noch mehr Kinder und Jugendliche für das Musizieren in der Stadtkapelle gewinnen.
„Wir sind eine schlagkräftige Truppe, aber uns fehlt der musikalische Unterbau.“
Orchester-AG für Schüler
So soll es nach den Sommerferien eine Orchester-AG an der Laucherttalschule geben. In dieser will sich Hilger Huntgeburth um interessierte Kinder der dritten bis sechsten Klassen kümmern. „Darüber hinaus überlegen wir, in den Gammertinger Kindergärten musikalische Früherziehung anzubieten“, sagt Udo Rapp. Doch für dieses Vorhaben stünden die Ideen erst noch am Anfang.
Weitgehend abgeschlossen sind hingegen die Planungen für die große Geburtstagsfeier im Sommer. Bereits am 4. Mai wird eine Ausstellung zu 170 Jahren Stadtkapelle im Alten Oberamt eröffnet. „Dafür haben wir zum Beispiel Fotos, Videos und Uniformen zusammengetragen“, sagt Udo Rapp. Das Bezirksmusikfest beginne am Freitag, 20. Juli, mit einem Festakt im Rathaussaal. Für die Tage darauf sind unter anderem ein Sternmarsch, eine Party, ein ökumenischer Gottesdienst und ein gemeinsamer Auftritt aller eingeladenen Vereine geplant (siehe Kasten). „Wir warten noch auf einige Antworten“, sagt Udo Rapp. „Aber alles in allem rechnen wir mit rund 600 Gästen.“