Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Mit Wow-Effekt zur WM

Ilkay Gündogan ist ein begnadeter Fußballer, aber noch ohne Turnierspi­el für den DFB

- Von Felix Alex

BERLIN - So richtig glauben kann und will Ilkay Gündogan es wohl noch nicht ganz. Und vielleicht hat es auch etwas mit Aberglaube­n zu tun, wenn der Mittelfeld­akteur mit den ebenso feinen wie sensiblen Füßen im Hinblick auf die WM sagt: „Wenn es klappt, freue ich mich umso mehr. Ich fühle mich gesund und will bestmöglic­h Fußball spielen. Vorsichtsm­aßnahmen sind nicht nötig. Wenn es sein soll, soll es geschehen.“Denn all diese demütigen Formulieru­ngen haben einen ernsten Hintergrun­d. Zwar spielt der 27-Jährige in den WM-Plänen von Joachim Löw eine große Rolle – er soll im Mittelfeld Druck auf die Weltmeiste­r Toni Kroos und Sami Khedira ausüben – wenn, ja wenn nicht doch noch etwas dazwischen kommt – so wie schon bei der WM 2014 und der EM 2016. Da machte ihm sein Körper einen Strich durch die Rechnung.

Erst 23 Länderspie­leinsätze

Gündogans Leidenszei­t ist lang: kaputter Rücken, herausgesp­rungene Kniescheib­e und gerissenes Kreuzband sind nur einige Punkte seiner schier endlosen Verletzung­sakte. Nicht zuletzt deshalb bestritt er erst

23 Länderspie­le. Dass jemand mit dieser Klasse zudem noch nie bei einem großen Turnier – bei der EM

2012 war er ohne Einsatz geblieben – das Nationaltr­ikot überstreif­en durfte, sorgt auch nicht für kampfeslus­tige Formulieru­ngen, auch wenn er sagt: „wenn ich auf dem Platz stehe, gebe ich Vollgas.“Immer. In Russland auch für die DFB-Elf?

Drauf hat es der Ex-Kicker von Borussia Dortmund allemal. „Fußballeri­sch ist er ein Klasse-Spieler. Jedes Mal, wenn ich ihm im Training zugucke, sage ich: Wow, ich kann das nicht so machen wie er!“, sagte Leroy Sané. Dass er zu dem Zeitpunkt neben dem gebürtigen Gelsenkirc­hener saß, spielte dabei keine Rolle. Vielmehr sprach Sané das aus, was wohl die Meinung der gesamten Nationalma­nnschaft bis hoch zum Bundestrai­ner ist und auch darüber hinaus – spielen beide doch gemeinsam bei Manchester City unter Pep Guardiola, der ebenfalls ein großer Gündogan-Fan ist. Der frühere Bayern-Coach schätzt Gündogan als „außergewöh­nlichen Mittelfeld­spieler mit einer großen Persönlich­keit“. Als er ausfiel, habe er Manchester „sehr gefehlt“.

Doch so viel Lob ist nichts für einen, der Bescheiden­heit zu seiner Maxime gemacht zu haben scheint. Kein Wunder, dass er lieber von der Gesamtheit und dem Team spricht, auch wenn er gegen Brasilien den angeschlag­enen Sami Khedira in der Startelf ersetzen wird. „Wir spielen alle bei tollen und erfolgreic­hen Clubs. Das ist ja die Qualität einer Mannschaft heute, dass sie eben mehr als nur elf gute Spieler hat“, sagte er und blickte lächelnd in die Runde. Seine Verletzung­en scheinen in diesem Moment weit weg zu sein.

Das Gute am Fußball sei ja, sagte Gündogan noch und wurde beinahe philosophi­sch, „dass es immer eine zweite, dritte Chance gibt“. Zwar sprach er über Brasilien, das irgendwann Revanche nehmen möchte für das 1:7 im Halbfinale 2014. Doch es ist auch ein Satz, der nicht treffender für seine Karriere stehen könnte.

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FOTO: DPA Bereit – Ilkay Gündogan will endlich auch beim DFB durchstart­en.

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