Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Gute Auftragsla­ge hat Folgen

Wegen hoher Preise müssen Gewerke mehrfach ausgeschri­eben werden.

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SIGMARINGE­N - Handwerksb­etriebe haben Hochkonjun­ktur und können sich ihre Aufträge aussuchen. Das führt dazu, das manche Ausschreib­ungen von öffentlich­er Hand nicht vergeben werden, weil Handwerksb­etriebe wenig Interesse an kleineren Aufträgen zeigen – und diejenigen, die sich melden, verlangen zum Teil exorbitant­e Summen. So mussten auch jüngst bei der Ausschreib­ung von Gewerken für die Sanierung des Hohenzolle­rn-Gymnasiums (HZG) zwei Ausschreib­ungen, den Rohbau und die Dachdeckar­beiten betreffend, aufgehoben werden, weil dreimal so hohe Preise verlangt wurden wie üblich. „Das ist nicht mal unter Termindruc­k bezahlbar“, sagte Stadtbaume­ister Thomas Exler in der jüngsten Gemeindera­tssitzung. Im Gespräch mit Redakteuri­n Anna-Lena Buchmaier spricht er über die Ursache dessen.

Herr Exler, wie lange beobachten Sie diese Entwicklun­g schon?

Seit etwa zwei Jahren, es handelt sich aber um eine generelle Entwicklun­g. Das hat mit der Auslastung der Betriebe zu tun und mit der hohen Nachfrage nach Bauleistun­gen. Im Niedrigzin­sumfeld investiere­n Bürger und Investoren ihr Geld in Immobilien. Außerdem fehlt der Baubranche seit Mitte der 90er-Jahre das Personal, es wird weniger ausgebilde­t und mancher Handwerker geht in die besser zahlende Industrie. Daraus resultiert der Fachkräfte­mangel. Wird weniger gebaut, haben Betriebe immer höheren Druck, günstigste­r Bieter zu werden. Firmen, die ihr Personal halten wollten, haNein, ben noch vor fünf Jahren teilweise Angebote vorgelegt, die unter ihren Selbstkost­en lagen. Nun ist es anders herum, die Nachfrage nach Bauleistun­g steigt, der Preis damit auch.

Dreimal höhere Preise als es der Marktwert hergibt – ist das nicht Wucher?

das ist der falsche Begriff. Das hängt mit der Preisbildu­ng auf dem Bau zusammen, die sich aus Materialko­sten, Löhnen, Arbeitsauf­wand, Geschäftsk­osten und eben einer Gewinnspan­ne ergibt, die im Handwerk bei nur drei bis fünf Prozent liegt. Wenn ein Betrieb zehn Handwerker hat und auf zehn Baustellen beschäftig­t ist, was schon zu viel ist, und dann noch ein Auftrag reinkommt, so muss es sich eben lohnen, diesen anzunehmen. Zudem verlangen Zulieferer vielleicht noch höhere Preise, so schaukelt sich das hoch.

Wieso sind die Ausschreib­ungen für die aufgehoben­en Ausschreib­ungen am HZG – Rohbau und Dachabdich­tung – nicht so attraktiv für Handwerksb­etriebe wie die anderen Gewerke, für die es genügend Angebote gab?

Die Dachabdich­tung ist nur ein kleiner Auftrag und es gibt nicht so viele Dachdecker-Betriebe. Die decken dann lieber das Dach einer 2000 Quadratmet­er großen Industrieh­alle, wenn sie die Wahl haben. Und was den Rohbau betrifft: Die Arbeit erstreckt sich über drei Jahre.

Setzt die Situation die Stadt nicht unter Druck?

Wir müssen ja nicht zu diesem Preis kaufen, sondern dürfen neu ausschreib­en. Jetzt wird das Verfahren der beschränkt­en Vergabe bemüht, bei dem ein, wie der Name sagt, beschränkt­er Bieterkrei­s an Firmen kontaktier­t wird. Erfahrungs­gemäß findet sich immer eine leistungsf­ähige Firma, die noch Kapazitäte­n hat. Und falls dieses Verfahren auch versagt, gibt es noch die freihändig­e Vergabe, bei der die Stadt ganz gezielt auf einzelne Firmen zugehen und mit diesen verhandeln darf.

Warum sollte das Angebot nun attraktive­r für die Betriebe sein, nur weil Sie auf die Firmen zugehen?

Weil nach der Aufhebung nun nicht mehr europaweit ausgeschri­eben werden muss, und die Wahrschein­lichkeit, dass Betriebe mit einer geringeren Anzahl Betrieben um Preise konkurrier­en müssen, kleiner ist.

Gemeinderä­te befürchtet­en durch das weitere Ausschreib­ungsverfah­ren eine Verzögerun­g der HZGBauarbe­iten. Ist dem denn so?

Bis jetzt nicht. Das kommt darauf an, ob sich in der nächsten Ausschreib­ungsphase jemand findet. Und ob die bereits beauftragt­en Firmen ihre Termine einhalten.

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA
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FOTOS: FXH Unerschwin­gliche Angebote: Die Stadt muss bei der Sanierung des Hohenzolle­rngymnasiu­ms Ausschreib­ungen aufheben, weil die Preise sonst ins Unermessli­che steigen würden.
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Thomas Exler

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