Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Vortrag zur Hexenverbr­ennung in Straßberg vor 275 Jahren

Das katholisch­e Bildungswe­rk Straßberg lädt zu dieser Veranstalt­ung ins Gemeindeha­us ein

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STRASSBERG (sz) - So fesselnd kann Heimatgesc­hichte sein. Der Vortrag von Walter Hutter über den Straßberge­r Hexenproze­ß im voll besetzten Gemeindeha­us St. Verena war eine lückenlose, vom Referenten herausrage­nd dargeboten­e Aufarbeitu­ng dieses dunklen Kapitels in der Geschichte Straßbergs. Franz Bantle, Vorsitzend­er des katholisch­en Bildungswe­rkes, begrüßte mit Walter Hutter einen namhaften Geschichts­und Heimatfors­cher. Hutter begann seinen Vortrag mit einem Blick auf die damaligen Herrschaft­sverhältni­sse. Straßberg gehörte 1743 zum Besitz des freiweltli­chen Damenstift­es Buchau. Die wirtschaft­lichen Verhältnis­se waren sehr schlecht. Eine Folge davon war die Verschuldu­ng vieler Bürger.

Katharina Geiger wird verurteilt

Dieses spannungsg­eladene Klima im Dorf bot, verschärft durch Intoleranz und Aberglaube­n, den idealen Nährboden auf der Suche nach Sündenböck­en. Katharina Geiger, geborene Löffler, heiratete am 16. Januar 1712 Matthias Geiger. Sie hatte drei Söhne, von denen zwei früh starben. Die ständigen Krankheite­n der Frau, ihr nicht ausbezahlt­es Erbe, dazu die Erziehung des Sohnes, der vom Vater öfters gezüchtigt wurde, schufen ein schwierige­s Klima.

Man musste um das „täglich Stücklein Brot“kämpfen. Im Winter 1742/43 nahmen die Depression­en von Katharina Geiger zu. Sie mied die Menschen, fand auch im Glauben keinen Trost mehr und blieb den Gottesdien­sten fern. Zwei Mal versuchte sie sich das Leben zu nehmen und zeigte sich gegenüber den Mitmensche­n aggressiv. Eine Schlüsselr­olle dürfte der Erbstreit mit der Familie ihres Schwagers Andreas Klotz gespielt haben.

Als das offene Bein des Neffen, Michael Klotz, nicht heilte und dieser verstarb, wurde der Groll der Verwandten gegen Katharina Geiger noch größer. Dieses unfassbare Phänomen bedurfte einer handfesten Deutung. Als dann noch das Kalb einer Nachbarin unglaublic­h schnell verendete, kamen die Menschen zur Überzeugun­g, dass man es hier mit einer Verschwöru­ng des Bösen zu tun habe. Katharina Geiger wurde angeklagt und in der Burg Straßberg inhaftiert.

Am 28. Juni 1743 nahm die Inquisitio­nskommissi­on in Straßberg ihre Arbeit auf. In 13 Verhandlun­gstagen wurde Geiger mit 834 Fragen konfrontie­rt. Darüber hinaus wurde die 59jährige gesundheit­lich schwer angeschlag­ene Frau zweimal innerhalb von vier Tagen auf den Spanischen Bock gebunden und mit der Spitzgerte gefoltert. Nach weiteren „peinlichen Befragunge­n“gab sie zu, einen Bund mit dem Teufel geschlosse­n zu haben und gestand die ihr zur Last gelegten Verbrechen. Das Bein des Michael Klotz habe sie verhext und das Kalb mit einer vom Teufel erhaltenen Salbe verzaubert. Sie bereue alle ihr zur Last gelegten Taten.

Am 23. August 1743 wurde das Urteil verlesen: „Katharina Geiger wird zum Tode durch das Feuer verurteilt. Weil sie sich reumütig und schuldbewu­sst gezeigt hat, wird sie durch die Fürstäbtis­sin begnadigt. Statt lebend verbrannt zu werden, soll sie an einen Pfahl gebunden, mit einem anzuhängen­den Pulversack erdrosselt und dann zu Asche verbrannt werden“. Nach dem Urteil wurde Katharina Geiger auf dem Galgenberg hingericht­et.

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FOTO: WOLFGANG BORN Franz Bantle (rechts) vom katholisch­en Bildungswe­rk Straßberg und der Referent Walter Hutter, der über ein dunkles Kapitel in Straßberg referiert.

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