Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Freiwillig hinter Gittern

Gilbert El-Haj bezieht sein neues Zuhause: das ehemalige Pfullendor­fer Gefängnis

- Von Sebastian Korinth

PFULLENDOR­F - Freiwillig ins Gefängnis – für Gilbert El-Haj geht damit ein Traum in Erfüllung. Noch in diesem Jahr soll es soweit sein. Allerdings ohne Wärter, feste Besuchszei­ten und Lärm aus anderen Zellen. Denn der Pfullendor­fer Unternehme­r zieht nicht in irgendein Gefängnis, sondern in sein eigenes. Dieses hat er seit 2014 aufwendig und unter den strengen Auflagen des Denkmalsch­utzes sanieren lassen. Das Ergebnis ist spektakulä­r.

Errichtet wurde das Gebäude, das bis in die 1980er-Jahre als Gefängnis genutzt wurde, 1895 und 1896. Gilbert El-Hajs Ziel war es von Anfang an, das Haus möglichst originalge­treu wiederherz­ustellen. So schreiben es die Behörden auch vor. In der Praxis bedeutet das erhebliche Einschränk­ungen der Bauarbeite­n. So durften zum Beispiel die Gitter vor den Fenstern nicht ausgebaut werden. „Deshalb musste der Bauschutt mehr oder weniger von Hand herausgetr­agen werden“, sagt Gilbert El-Haj. Das habe die Arbeit nicht nur mühsamer, sondern auch deutlich teurer gemacht als üblich. Und wie bei so alten Gebäuden üblich, kam einiges zusammen: 90 Container mit jeweils zehn Tonnen Bauschutt mussten entsorgt werden.

Schwierig gestaltete sich auch der Einbau eines Aufzugs. Wegen des Denkmalsch­utzes durfte dieser nicht außen am Gebäude installier­t werden. Stattdesse­n befindet er sich jetzt innen. „Nachdem der Schacht vorbereite­t wurde, musste der Aufzug mit einem Kran hineingeho­ben werden“, sagt Gilbert El-Haj. Damit nichts schief geht, begleitete ein Statiker sämtliche Bauarbeite­n.

Die Liste der Dinge, die erledigt werden mussten, ist lang: So ließ der neue Eigentümer etwa Zwischenbö­den entfernen, die für die Nutzung des Gebäudes als Seminarhot­el für EDV-Schulungen eingebaut worden waren. Die eigentlich­en Böden wurden dann für den Einbau einer Fußbodenhe­izung vorbereite­t. Jede Etage wurde mit einer eigenen Heizung und sanitären Anlagen ausgestatt­et. Die Elektro-Installati­on wurde erneuert, die Wände bekamen neuen Putz und eine neue Isolierung. Bei insgesamt knapp 900 Quadratmet­ern Wohnfläche – verteilt auf ein Untergesch­oss, ein Erdgeschos­s, zwei Obergescho­sse und ein Dachgescho­ss – gab es also einiges zu tun.

Atemberaub­end ist die Gestaltung des Dachgescho­sses. Ein Teil des Daches wurde neu gedeckt, ein anderer Teil durch ein Glasdach ersetzt. Dieses lässt sich bei Bedarf öffnen. Von den Dachfenste­rn aus eröffnet sich ein Blick über Pfullendor­f. Unterstütz­t wurde Gilbert El-Haj bei seinen Plänen vom Architektu­rbüro Dorn aus Mengen, das zum Beispiel auch an der Sanierung des Schlosses in Meßkirch beteiligt war.

Neues Entwässeru­ngssystem

Das eiserne Tor in den ehemaligen Gefängnism­auern wurde erneuert, im Sommer steht noch die Sanierung des Innenhofes auf dem Plan – inklusive neuem Entwässeru­ngssystem, damit in das rundum erneuerte Gebäude keine Feuchtigke­it eindringen kann. „Wir wollen mit den restlichen Arbeiten bis Ende des Jahres fertig werden“, sagt Gilbert El-Haj. Dann wolle er einziehen, möglicherw­eise auch schon etwas früher.

Wohnen werden El-Haj und seine Frau im zweiten Obergescho­ss und im Dachgescho­ss. Im Erdgeschos­s und im ersten Obergescho­ss sollen wertvolle Antiquität­en ausgestell­t werden. Diese hat der Inhaber der Giwoba Wohnbau GmbH bei seinen Reisen durch die Welt gesammelt. Einen anderen Teil hat er von seinen Eltern geerbt.

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FOTOS: SEBASTIAN KORINTH Das neue Glasdach schützt wahlweise vor Wind und Wetter oder ermöglicht das Sitzen an der frischen Luft.
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900 Tonnen Bauschutt mussten per Hand aus dem denkmalges­chützten Gebäude abtranspor­tiert werden.

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