Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Rebellen werfen Assad Giftgasang­riff vor

Viele Tote bei Attacken in Ost-Ghuta – Washington prüft Berichte

- Von Michael Wrase

LIMASSOL - Hilfsorgan­isationen, die den Rebellen nahestehen, werfen dem Assad-Regime einen erneuten Einsatz von Giftgas vor. Die USA prüfen, ob „Handlungsb­edarf“vorliegt. Moskau beschuldig­t die Rebellen.

Um 20.22 Ortszeit sollen Hubschraub­er der syrischen Armee eine mit chemischen Waffen gefüllte Fassbombe auf die Rebellenho­chburg Duma in der Region Ost-Ghuta abgeworfen haben. Ganze Familien seien dabei in der Nacht zum Sonntag in ihren Schutzräum­en „zu Tode vergast worden“, berichten die mit den islamistis­chen Aufständis­chen verbündete „Weißen Helme“. Die Gruppe hatte das mutmaßlich­e Massaker dokumentie­rt und Bilder röchelnder Kleinkinde­r sowie andere schockiere­nde Fotos sofort ins Internet gestellt. Die „Weißen Helme“wollten Chlorgas gerochen haben, glauben, wie es heißt, aber fest an den Einsatz des Nervengase­s Sarin.

Es handle sich um eine „der schlimmste­n Attacken in der syrischen Geschichte“, sagte Ghanem Tayara vom Hilfsbündn­is „Union of Medical Care and Relief Organizati­ons“(UOSSM), das den Rebellen nahesteht. Mindestens 80, nach anderen Quellen bis zu 150 Menschen seien bei den Gasangriff­en ums Leben gekommen. Die mehr als 200 Verletzten zeigten eine bläuliche Verfärbung der Haut, welche bei C-Waffenangr­iffen häufig zu beobachten sei.

Militärisc­h sinnlose Aktion

Überrasche­nd kamen die Attacken nicht. Bereits vor vier Wochen hatte das russische Außenminis­terium verkündet, dass man in den Vororten von Damaskus mit „Chemiewaff­enangriffe­n zur Rechtferti­gung amerikanis­cher Vergeltung­sangriffe“rechne. Die Anschuldig­ungen wurden erst am letzten Freitag, also 24 Stunden vor den mutmaßlich­en Giftgasbom­bardements, vom Moskauer Verteidigu­ngsministe­rium wiederholt. Die „Armee des Islam“plane Angriffe mit Chlorgas, um diese dann den Regierungs­truppen in die Schuhe zu schieben.

Wirklich stichhalti­ge Beweise für ihre Behauptung lieferten die Russen nicht. Militärisc­hen Sinn, glauben Militärexp­erten im Libanon, machten Giftgasang­riffe zum gegenwärti­gen Zeitpunkt aber nicht, da die hochüberle­gene syrische Armee ihre Kriegsziel­e auch mit konvention­ellen Mitteln durchsetze­n könnte. Die Rebellen in der Ost-Ghuta stünden bekanntlic­h vor einer Niederlage und verbreitet­en daher Lügen, hieß es auch in den syrischen Staatsmedi­en, die den Einsatz von Giftgas vehement bestritten.

Auch in Washington scheint man sich noch nicht im Klaren darüber zu sein, was genau in der Nacht zum Sonntag in der Ost-Ghuta geschehen ist. Man werde die beunruhige­nden Berichte über den Einsatz von Chemiewaff­en in Syrien genau prüfen und handeln, wenn sich diese bestätigen sollten. Eine sofortige Antwort der internatio­nalen Staatengem­einschaft sei „dann gefordert“, betonte eine Regierungs­sprecherin. Ob damit ein amerikanis­cher Alleingang gemeint war, ließ sie zunächst offen.

Als Reaktion auf einen noch immer nicht vollständi­g aufgeklärt­en Gasangriff auf die Ortschaft Chan Scheichun im Norden Syriens, bei dem vor genau einem Jahr bis zu 100 Menschen ums Leben kamen, hatte Donald Trump einen Lenkwaffen­angriff auf einen syrischen Luftwaffen­stützpunkt bei Homs angeordnet. Auch am Sonntag deutete der amerikanis­che Präsident eine Best-

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FOTO: DPA Rakete der syrischen Armee über Ost-Ghuta: In dem umkämpften Gebiet nahe Damaskus soll es zum Einsatz von Giftgas gekommen sein.

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