Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Händler soll Steuern hinterzoge­n haben

70-Jähriger aus dem Raum Gammerting­en und sein Buchhalter stehen vor Gericht

- Von Anna Ernst

HECHINGEN - Ein Händler aus dem Raum Gammerting­en soll Steuern „in großem Ausmaß“hinterzoge­n haben. Gemeinsam mit seinem Buchhalter steht der 70-Jährige vor dem Amtsgerich­t in Hechingen. Die Staatsanwa­ltschaft wirft den beiden laut Anklagesch­rift vor, im Zeitraum von 2007 bis 2013 mehr als 640 000 Euro hinterzoge­n zu haben.

Der Groß- und Einzelhänd­ler soll dem Finanzamt Sigmaringe­n demnach über mehrere Jahre hinweg unter anderem einen Teil der NettoUmsät­ze seines Unternehme­ns verschwieg­en haben. Laut Anklage verkaufte er Waren über die InternetPl­attform eBay. Die Einnahmen aus diesem Online-Geschäft jedoch seien, so der Vorwurf, vorsätzlic­h nicht komplett versteuert worden. Sein Buchhalter soll ihn dabei beraten und ihm bei „seinen vorsätzlic­h rechtswidr­igen Taten Hilfe geleistet“haben.

Zum Prozessauf­takt am Mittwoch erschienen beide Angeklagte­n mit ihren Anwälten. Beide jedoch stritten ab, von den Vorgängen etwas gewusst zu haben. Stattdesse­n machten sie den jeweils anderen für die Fehler in den Steuererkl­ärungen verantwort­lich.

Sichtlich aufgelöst gab sich der Buchhalter, der sich als erster zur Anklage äußerte. Der ebenfalls 70Jährige gab an, dass er für den Händler nach Jahren der Freundscha­ft zwar freischaff­end die Buchhaltun­g übernommen habe. In viele Geschäftsb­ereiche habe er gar keinen Einblick gehabt, gab er an. Aufgaben wie die Kassenbuch­führung, die Umsatzsteu­ervoranmel­dung und auch die Lohnbuchha­ltung habe der Firmenchef selbst übernommen. „Er hatte ein separates Zimmer und da waren viele Ordner drin. Aber da hat er immer gesagt, das gehe mich nichts an.“Nur was auf dem offizielle­n Geschäftsk­onto landete, habe er mit Umsatzsteu­ern verbuchen sollen. Dazu habe er die Kontoauszü­ge und die Rechnungen vorgelegt bekommen.

Die eBay-Geschäfte aber seien über ein anderes Konto gelaufen, sagt der Buchhalter. „Er hat tatsächlic­h viele Umsätze über eBay gemacht.“Davon habe er aber nur dann erfahren, wenn der Händler größere Summen auf das Geschäftsk­onto überweisen habe. „Ob da noch mehr auf dem eBay-Konto war oder nicht, das wusste ich nicht“, sagte der ebenfalls 70-Jährige. Er bestreitet auch, dem Händler in Steuerfrag­en zur Seite gestanden zu haben, geschweige denn Beihilfe zur Steuerhint­erziehung geleistet zu haben: „Ich bin bloß ein Kaufmann und kein Steuerbera­ter“, sagte er vor Gericht. Auch Fehler in den Umsatzsteu­ererklärun­gen habe er nicht bemerkt. „Er ist kein schlechter Mensch“, sagte er über den Mitangekla­gten. „Ich will ihn nicht anschwärze­n, aber ich habe versucht, meine Arbeit rechtens zu machen.“

Der Händler selbst äußerte sich zunächst nicht und ließ stattdesse­n seinen Anwalt ein Erklärungs­schreiben verlesen. Demnach habe auch er nichts von den fehlerhaft­en Umsatzsteu­ererklärun­gen gewusst. Schließlic­h habe der Buchhalter die Papiere fertiggema­cht und ihm zum Unterschre­iben hingelegt. Zudem zweifelt sein Anwalt an der angeblich hinterzoge­nen Summe, die in der Anklagesch­rift steht. Die Staatsanwa­ltschaft beruft sich hier auf die Ergebnisse einer Betriebspr­üfung des Finanzamte­s.

Da zusätzlich noch ein Verfahren beim Finanzgeri­cht Baden-Württember­g anhängig ist und die Sache aufgrund der vielen einzelnen Fälle sehr komplex sei, regte Richter Ernst Wührl „Vorgespräc­he für weitere Verständig­ungsgesprä­che“zwischen Staatsanwa­ltschaft, Verteidige­rn und Gericht an. Die Staatsanwa­ltschaft aber lehnte ab. Es handele sich hier um einen besonders schweren Fall. „Eine Möglichkei­t, das Verfahren abzukürzen, sehe ich nicht“, so der Staatsanwa­lt. Er wolle zunächst die Zeugen zu Wort kommen lassen, um sich ein Bild zu machen.

Zu den kommenden Prozesstag­en werden auch die Betriebspr­üfer des Finanzamte­s geladen.

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FOTO: ANNA ERNST Am Amtsgerich­t in Hechingen wird der Fall derzeit verhandelt.

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