Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Staatsanwa­ltschaft erhebt Anklage gegen Mafiabande

Elf Männer italienisc­her Herkunft müssen sich vor Gericht wegen Rauschgift­handels verantwort­en

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TUTTLINGEN/KONSTANZ (sz) - Die Staatsanwa­ltschaft Konstanz hat bereits am 21. Februar Anklage gegen elf Männer italienisc­her Staatsange­hörigkeit oder italienisc­her Herkunft wegen bandenmäßi­gen Handeltrei­bens mit Betäubungs­mitteln in nicht geringer Menge und weiterer schwerer Straftaten erhoben. Gegen einen Angeschuld­igten lautet die Anklage zudem auf versuchten Mord. Die in Deutschlan­d und Italien geführten Ermittlung­en erbrachten Bezüge zur sizilianis­chen Cosa Nostra und zur kalabrisch­en 'Ndrangheta.

Die mittlerwei­le zugestellt­e Anklagesch­rift listet auf 117 Seiten 54 Tatvorwürf­e auf. Im Mittelpunk­t steht ein lukrativer Rauschgift­handel in großem Stil, den die zwischen 25 und 52 Jahre alten Angeschuld­igten laut Anklage von Ende 2013 an bis Mitte 2017 betrieben. Die vier Hauptanges­chuldigten sollen den Handel initiiert und kontrollie­rt, drei weitere sich an den Geschäften in unterschie­dlicher Weise beteiligt haben. Die vier restlichen Angeschuld­igten seien in großem Umfang weiterverk­aufende Abnehmer der Rauschgift­bande gewesen.

Bei den angeklagte­n Taten geht es um insgesamt 250 Kilogramm Marihuana sowie Haschisch im zweistelli­gen und Kokain im einstellig­en Kilogrammb­ereich. Fast 50 Kilogramm Rauschgift konnten im Zuge der Ermittlung­en sichergest­ellt werden. Auch wurde zur Sicherung der Abschöpfun­g der Erlöse aus dem Rauschgift­handel Vermögen im Wert von 400 000 Euro beschlagna­hmt. Vermögensg­egenstände im Wert von weiteren 4,5 Millionen Euro wurden in dem von der Staatsanwa­ltschaft Palermo geführten Parallelve­rfahren sequestrie­rt.

Einem der vier Hauptanges­chuldigten liegt außerdem versuchter Mord zur Last. Er soll wegen einer aus Rauschgift­geschäften entstanden­en Streitigke­it im Mai 2017 mit einem scharfen Revolver fünf Schüsse in das erleuchtet­e Fenster einer Gaststätte im Schwarzwal­d-BaarKreis abgegeben und dabei billigend in Kauf genommen habe, einen oder mehrere Menschen zu töten. Tatsächlic­h blieben die beiden in der Gaststätte befindlich­en Personen aber unverletzt.

Weitere Anklagepun­kte lauten auf gefährlich­e Körperverl­etzung, Anstiftung zur Brandstift­ung, Verabredun­g zum schweren Raub, gewerbsmäß­iges Verschaffe­n gefälschte­r amtlicher Ausweise sowie unerlaubte­n Besitz von Schusswaff­en.

Neun der vor ihrer Festnahme im Juni 2017 überwiegen­d im Schwarzwal­d-Baar-Kreis ansässigen Angeschuld­igten befinden sich in Untersuchu­ngshaft, wobei ein in Untersuchu­ngshaft befindlich­er Angeschuld­igter von Italien nach Deutschlan­d ausgeliefe­rt wurde. Insgesamt richten sich die Ermittlung­en gegen 46 Beschuldig­te, von denen sich 35 nicht in Haft befinden. Die Verfahren gegen diese 35 wurden abgetrennt und werden gesondert geführt.

Der Ermittlung­serfolg ist das Ergebnis einer konzertier­ten Aktion deutscher und italienisc­her Strafverfo­lgungsbehö­rden. Die aufwändige­n Ermittlung­en, die auf einen Hinweis der Guardia di Finanza in Palermo zurückging­en, waren von Beginn an durch die enge und fruchtbare Zusammenar­beit mit den italienisc­hen Stellen geprägt. Das Ermittlung­sverfahren, an dem zeitweise bis zu 300 Beamte beteiligt waren, wurde über neun Monate geführt.

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