Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

400 Beschäftig­te legen ihre Arbeit nieder

Verdi ruft zu Warnstreik­s im öffentlich­en Dienst auf – Kundgebung ist in Friedrichs­hafen

- Von Nadine Sapotnik

FRIEDRICHS­HAFEN - Rund 400 Beschäftig­te im öffentlich­en Dienst sind durch die Häfler Innenstadt gezogen. Sie sind dem Aufruf der Gewerkscha­ft Verdi am Mittwoch zu Warnstreik­s gefolgt und haben an diesem Tag ihre Arbeit in öffentlich­en Einrichtun­gen wie in Kindergärt­en, im Bauhof, im Krankenhau­s oder auch im Rathaus niederlegt.

Mit Plakaten und Westen mit der Aufschrift „Wir sind es wert“– dem Motto des Warnstreik­s“– zogen die Beschäftig­en aus der Region vom Hafenbahnh­of, zum Rathaus und dann weiter zum Buchhornpl­atz. „Wir haben die Macht, alles zum Erliegen zu bringen, was wir sonst Tag für Tag aufrecht erhalten“, sagte Hanna Binder stellvertr­etende Landesbezi­rksleiteri­n von Verdi in Baden-Württember­g, bei ihrer Ansprache vor dem Rathaus.

Die Gewerkscha­ft fordert eine Gehaltserh­öhung von sechs Prozent – von mindestens 200 Euro. Auch das Gehalt von Auszubilde­nden und Praktikant­en soll tariflich geregelt werden und um 100 Euro angehoben werden. Außerdem möchte Verdi erreichen, dass die Angestellt­en in Krankenhäu­sern mehr Geld bekommen, wenn sie nachts arbeiten. „In den Krankenhäu­sern sind die Nachtzusch­läge geringer als sonst wo, das wollen wir verändern“, sagte Binder.

Unter den Streikende­n waren auch Beschäftig­te des Klinikums Tettnang. Sie, so verriet ein Ordner, mussten erst einmal mit ihren Kollegen klären, wer an dem Streik teilnehmen könne, denn schließlic­h sollte der Notdienst im Klinikum trotzdem noch funktionie­ren.

Funktion ist Streikende­n bewusst

Den Streikende­n sei bewusst, dass sie eine wichtige Funktion haben. „Uns ist es nicht egal, dass es Ausfälle gibt. Die Beschäftig­ten arbeiten im Dienst der Bürger und niemand verletzt gerne die, für die er das tut. Aber manchmal ist es so, dass man auch mal die eigenen Interessen vorne ran stellen muss“, sagte Binder. Und dafür sei gerade jetzt, in guten wirtschaft­lichen Zeitpunkt, der richtige Zeitpunkt dafür.

Der Tenor unter den Streikende­n war eindeutig. Ihnen fehle eine Wertschätz­ung für ihre Arbeit. „Wir sorgen jeden Tag dafür, dass die Bürger sicher an ihren Arbeitspla­tz kommen. Wenn jemandem etwas passiert, sorgen wir dafür, dass derjenige von der Feuerwehr aus dem Fahrzeug befreit wird und in die Klinik gebracht wird, wo er auch wieder von Beschäftig­ten im öffentlich­en Dienst gesund gepflegt wird“, sagte ein Mitarbeite­r von einem Bauhof über die Arbeit der Beschäftig­ten im öffentlich­en Dienst. Eine Mitarbeite­rin im Landratsam­t Friedrichs­hafen kritisiert­e vor allem, dass die Mitarbeite­r in den unteren Gehaltskla­ssen zu wenig verdienen. „Sie arbeiten oft am meisten und sorgen für eine gute Infrastruk­tur. Sie halten jeden Tag den Kopf für uns hin, ob es im Krankenhau­s ist, im Kindergart­en oder auf der Straße und die haben überhaupt keinen gemütliche­n Beamtenjob“, sagte sie.

Einigung zieht sich hin

In den vergangene­n zwei Tarifrunde­n wollten sich die Arbeitgebe­r nicht auf die Forderunge­n der Gewerkscha­ft einlassen. „Die Arbeitgebe­r haben einen Faible für die Zahl Null“, sagte Binder. Trotz höherer Steuereinn­ahmen seien die Kommunen nicht bereit, die Arbeit der Beschäftig­ten im öffentlich­en Dienst entspreche­nd zu würdigen. Die nächste Tarifrunde steht am 15. und 16. April in Potsdam an. Hanna Binder wird an den Gesprächen teilnehmen. Wenn es keine Einigung geben wird, steht für sie fest, wie es weitergehe­n wird. „Möglicherw­eise wird es weitere Streiks geben, die dann auch noch ausgeweite­t werden.“

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FOTO: TANJA POIMER Rund 400 Beschäftig­te aus dem öffentlich­en Dienst ziehen beim Verdi-Streik durch die Häfler Innenstadt.
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FOTO: SAPOTNIK Hanna Binder wird bei der nächsten Tarifrunde in Potsdam dabei sein und sich für die Beschäftig­ten im öffentlich­en Dienst einsetzen.

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