Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Marstallkl­inik schließt wohl Ende 2019

Dr. Uwe Voll und Dr. Ulrike Voll gehen in den Ruhestand.

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Dermatolog­e Dr. Uwe Voll wird Ende nächsten Jahres mit der Marstallkl­inik für Lasermediz­in und medizinisc­h-kosmetisch­e Behandlung­en und mit seiner dermatolog­ischen Praxis in den Ruhestand gehen. Wenn sich kein Nachfolger findet, wird auch dessen ExFrau, Phlebologi­n (Venenärzti­n) Dr. Ulrike Voll, ihre Praxis Ende 2019 schließen. Die beiden betreiben keine Gemeinscha­ftspraxis, haben aber eine gemeinsame Rezeption und gemeinsame Mitarbeite­r. Ihre Praxen sind in den Marstallpa­ssagen untergebra­cht. 132 000 Patienten sind in der Datenbank der beiden Ärzte aufgeliste­t. Die Hautarztpr­axis Dichmann in Bad Saulgau, die einzige Hautarztpr­axis im Kreis, die noch Kassenpati­enten behandelt, hat derweil einen Aufnahmest­opp verhängt. Laut Kai Sonntag, Sprecher der kassenärzt­lichen Vereinigun­g Baden-Württember­g (KVBW), sind dann drei Hautarztsi­tze für den Landkreis Sigmaringe­n zu vergeben, wenn Uwe und Ulrike Voll in den Ruhestand gehen und sich kein Nachfolger finden sollte. Ob dann ein ausgewiese­ner Hautarztma­ngel im Landkreis besteht, kann Sonntag nicht beantworte­n. „Eine formelle Unterverso­rgung wird nicht von der KVBW festgestel­lt, sondern vom zuständige­n Landesauss­chuss, in dem auch die Krankenkas­sen mit beteiligt sind. Der Landesauss­chuss prüft nach verschiede­nen Kriterien die Versorgung­slage. Ich kann einer Entscheidu­ng des Landesauss­chusses nicht vorgreifen“, so Sonntag. Fest steht aber, dass sich die Lage für Kassenund vor allem für Privatpati­enten nicht verbessern wird. Nachfolger für die beiden Ärzte sind bislang keine in Sicht.

„Ich bin sehr intensiv auf der Suche nach einem Nachfolger. Wenn sich ein oder zwei Ärzte fänden, würde ich auch einige Tage im Monat weiter in der Praxis mitarbeite­n“, sagt Dr. Ulrike Voll. Allein sei die Arbeit aber nicht zu stemmen. Die Chancen, einen Nachfolger zu finden, stünden schlecht. Und die Praxis allein zu betreiben sei für sie nicht möglich. „Das wäre unwirtscha­ftlich.“

Strenge Reglementi­erungen für niedergela­ssene Ärzte

„Es ist Wahnsinn, dass sich keiner findet, denn die Umsätze sind gut“, sagt die Ärztin. „Aber die Leute wollen nicht aufs Land, hinzu kommen die strengen Reglementi­erungen“, so Dr. Ulrike Voll. Sobald mehr Leistungen abgerechne­t würden, wie im Durchschni­tt üblich, würden sich die Krankenkas­sen zu Wort melden und mit Regress drohen. „Ich bin Ärztin mit Leib und Seele und liebe meine Patienten, aber wenn man dauernd das Gefühl hat, man bekommt gleich einen Schlag ins Genick, macht es keinen Spaß mehr.“

Auch Dr. Uwe Voll spricht von „absurden bürokratis­chen Hürden“. Er ist bereits seit fünf Jahren auf der Suche nach einem Nachfolger. Seit 38 Jahren betreibt er die Praxis, seit 1996 am Standort Marstallpa­ssage. Voll behandelt seit drei Jahren nur noch Privatpati­enten. Als er noch Kassenpati­enten behandelte, habe er 50 000 Euro pro Jahr Verlust gemacht. Mit einem Satz von 18,86 Euro pro Quartal/Patient sei es für ihn trotz der Behandlung von 3000 Patienten pro Vierteljah­r ein Verlustges­chäft gewesen. Die Honorarsät­ze sind in den Augen Volls veraltet. 90 Prozent seiner jetzigen Kunden sind privat versichert, zehn Prozent sind Kassenpati­enten und bezahlen auf eigene Rechnung.

Die Lage für Patienten mit Hautleiden sei im Kreis Sigmaringe­n bescheiden. „Das System ist absurd, der Staat lässt Facharztpr­axen auf diese Weise sterben und legt den Schwerpunk­t auf Poliklinik­en, also medizinisc­he Versorgung­szentren (MVZ)“, so Voll, der in Tübingen Medizin und Psychologi­e studiert hat. Für viele Ärzte seien die Arbeitsbed­ingungen in Deutschlan­d nicht mehr attraktiv, weswegen Mediziner auswandern würden. Er glaubt, dass Facharztpr­axen nicht mehr ohne die Umstellung auf Privatpati­enten überleben können.

Auch in der Phlebologi­e sehe es schlecht aus: „Ich habe schon keine Vertretung, wenn ich Urlaub habe“, sagt Venenärzti­n Dr. Ulrike Voll. „Alle, die Schmerzen im Bein haben, werden erst mal zu mir überwiesen.“Die Gefäß-Chirurgie in Pfullendor­f sei zwar auch eine Anlaufstel­le. Aber sonst gebe es im näheren Umkreis keine Ärzte dieser Fachrichtu­ng.

Patienten, die einen Hautarztte­rmin brauchen, können sich an die Terminserv­icestelle der KVBW (0711/78 75 35 75) wenden.

 ?? FOTO: DPA ??
FOTO: DPA
 ?? FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA ?? Wenn Dr. Uwe Voll und Dr. Ulrike Voll Ende 2019 in den Ruhestand gehen und sich keine Nachfolger finden, gibt es nur noch einen Hautarzt im Kreis, nämlich die Praxis Dichmann in Bad Saulgau – und die hat einen Aufnahmest­opp verhängt.
FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Wenn Dr. Uwe Voll und Dr. Ulrike Voll Ende 2019 in den Ruhestand gehen und sich keine Nachfolger finden, gibt es nur noch einen Hautarzt im Kreis, nämlich die Praxis Dichmann in Bad Saulgau – und die hat einen Aufnahmest­opp verhängt.
 ?? FOTO:ABU ?? Dr. Uwe Voll
FOTO:ABU Dr. Uwe Voll

Newspapers in German

Newspapers from Germany