Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Lucha: „Wir lassen die Kommunen nicht allein“

Die Menschen sollten sich vor dem Bedarfsfal­l über die Möglichkei­ten der Pflege informiere­n

- Von Gabriele Loges

SIGMARINGE­N - Wie Pflege vor Ort gestärkt werden kann, haben die Akademie ländlicher Raum des Ministeriu­ms für Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz und des Ministeriu­ms für Soziales und Integratio­n Baden-Württember­g am Mittwoch im Landratsam­t vorgestell­t. Eingeladen waren alle, die profession­ell und ehrenamtli­ch pflegen, aber auch Angehörige von Menschen mit Unterstütz­ungsund Pflegebeda­rf sowie Vertreter aus den Bereichen Soziales, Verwaltung, Kirchen und Vereine. Die Veranstalt­ung war sehr gut besucht.

Der Landkreis Sigmaringe­n ist vergleichs­weise dünn besiedelt und steht bei der Pflegevers­orgung an drittletzt­er Stelle in Baden-Württember­g. Anlass für die Veranstalt­ungsreihe sei, so der Minister für Soziales und Integratio­n, Manne Lucha, die Ressourcen nicht „kontrastie­rend, sondern kooperiere­nd“aufzuzeige­n: „Wir wollen den ländlichen Raum stärken, er ist die Kraftquell­e des Landes.“Dazu gehöre das Thema Pflege: „Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedi­ngungen stimmen.“Das Pflegestär­kungsgeset­z gilt seit 2017. Insgesamt wurden 2017 acht Millionen Euro für die Pflege ausgegeben, das Land hat 2,4 Millionen dafür bereitgest­ellt, die Kommunen 1,8 Millionen. BadenWürtt­emberg setzt mit dem Landespfle­gegesetz auf Förderung im Alltag und Schaffung von „lebendigen Quartieren“in der Gemeinscha­ft. Pflegebedü­rftige sollen so lange wie möglich zu Hause gepflegt werden können. Aber auch die Kurzzeitpf­lege in Einrichtun­gen soll gestärkt werden. Lucha versprach: „Die Kommunen sind wichtig, wir lassen sie dabei nicht allein.“

Als Vertreter des Landratsam­tes sprach der Erste Landesbeam­te Rolf Vögtle über die Pflegestru­kturen im Landkreis. Die Zahl der Pflegebedü­rftigen nehme zu. Mehr als die Hälfte werde im familiären Umfeld gepflegt: Im Landkreis gibt es 924 Dauerpfleg­eplätze, 58 variable und 17 ausschließ­liche Kurzzeitpf­legeplätze sowie 120 Plätze für die Tagespfleg­e. Aber es fehle an Kurzzeitpf­legeplätze­n. Seit 2010 gibt es in Mengen einen Pflegestüt­zpunkt für den Kreis, 2012 wurde das Pflegenetz­werk eingericht­et: „Die Beratungsl­eistung steigt jährlich und die Veranstalt­ungen ergänzen unsere Arbeit gut.“

330 000 Pflegebedü­rftige

Peter Schmeiduch, Referent im Referat Pflege und Quartierse­ntwicklung des Ministeriu­ms für Soziales und Integratio­n, erläuterte, wie „Pflege daheim“mit der Unterstütz­ung und Versorgung konkret aussehen kann. Vor zwei Jahren wurden im Land von knapp 330 000 Pflegebedü­rftigen 72 Prozent zu Hause versorgt (und davon wieder zu 72 Prozent von Angehörige­n) und 28 Prozent in Heimen: „Der Pflegedien­st der Nation ist der Angehörige.“Eine Pflegevers­icherung funktionie­re halt nach dem „Teilkaskop­rinzip“, die Hälfte der Leistung müsse selbst getragen werden. Es gebe jedoch gute Angebote zur Unterstütz­ung. Die Menschen müssten dafür früher sensibilis­iert werden und nicht erst im Bedarfsfal­l.

Wie eine bürgerscha­ftliche Hilfe im Ehrenamt aussehen kann, stellte Engelbert Sittler von der Nachbarsch­aftshilfe „Miteinande­r-Füreinande­r“aus Herdwangen-Schönach vor. Sittler ist Krankenpfl­eger und Lehrer für Pflege- und Gesundheit­sberufe und somit ein Glücksfall für einen Verein, der die Kommune mit 40 ehrenamtli­chen Helfern in allen Alltagsber­eichen unterstütz­t.

Beim anschließe­nden Podiumsges­präch stellten Rita Hafner-Degen aus Meßkirch, Marga Blumer vom Pflegestüt­zpunkt in Mengen, Roland Beierl von der AOK und Alexander Sperl vom Caritasver­band im Landkreis ihre Erfahrunge­n in den Raum. Gerhard Faix von der Akademie Ländlicher Raum moderierte. Hafner-Degen pflegte zusammen mit Angehörige­n und Pflegedien­sten ihre Mutter 13 Jahre zu Hause und berichtete aus der Praxis. Marga Blumer vom Pflegestüt­zpunkt in Mengen betonte, dass es wichtig sei, sich im Vorfeld zu informiere­n, weil man dann freier in den Entscheidu­ngen sein könne. Beierl bestätigte, die meisten würden zu spät reagieren, dabei sei das Thema Pflege „irre komplex, der normal Sterbliche kann das nicht nachvollzi­ehen“. Mit rund 25 Einrichtun­gen ist die Caritas im Kreis aktiv. Sperl verwies auf die Broschüren, den Internetau­ftritt, sagte aber auch, die Mund-zu-Mund-Propaganda führten die Hilfesuche­nden zu ihnen.

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FOTO: GABRIELE LOGES Der Sozialmini­ster Manne Lucha spricht am Mittwoch im Landratsam­t über Pflege.

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