Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Trotz Kritik: Rat genehmigt Stelle für Jugendbeteiligung
Gammertingen will Projekt auch ohne Förderung aus dem Programm „Landaufschwung“fortsetzen
GAMMERTINGEN - Bei der Enthaltung von Birgit Ocker (Gleiches Recht für alle) hat sich der Gammertinger Gemeinderat in seiner Sitzung am Dienstagabend für die Fortführung der Jugendbeteiligung ausgesprochen – auch ohne eine Förderung aus dem Landesprogramm „Landaufschwung“. Dafür soll es ab Juli eine zusätzliche 25-Prozent-Stelle in der offenen Jugendarbeit geben, die die Stadt 16 200 Euro pro Jahr kostet. Verantwortlich für die Jugendbeteiligung ist dann weiterhin Susanne Grau, die die Jugendlichen bereits seit Mai 2017 unterstützt. Sie stellte im Gemeinderat erste Ergebnisse vor, bekam dafür Lob, musste aber auch Kritik einstecken.
In die Sitzung brachte Susanne Grau eine lange Liste mit Aktivitäten mit, die sie in den vergangenen zehn Monaten gemeinsam mit den Jugendlichen auf die Beine gestellt hatte. Wie sie berichtete, gab es am 2. Juni eine Auftaktveranstaltung („Jugendhearing“), an der 14 Gymnasiasten, fünf Realschüler und vier Werkrealschüler teilnahmen.
Verschiedene Aktionen
Die von den Jugendlichen vorgetragenen Wünsche reichten vom Jugend-Wunschfilm beim Open-AirKino über einen Flohmarkt bis hin zum Zugang zum Fußball- und Volleyballfeld. Nach dem Jugendhearing beteiligten sich die Jugendlichen mit einem „Menschen-Kicker“am CityFest und organisierten eine Disco. Nach einem zweiten Jugendhearing im Juli mit 29 Teilnehmern bildeten sich Projektgruppen für das Elfmeterturnier, den Parcours-Park, fürs Badminton und Veranstaltungen. Es folgten eine zweite Party und der Besuch einer Gemeinderatssitzung. Die Parcours-Park-Gruppe und die Badminton-Spieler treffen sich inzwischen regelmäßig in der Sporthalle. Bei den „Jugendkulturtagen“am 7. und 8. April gab es einen PoetrySlam und einen Graffiti-Workshop.
Bis Ende Juni sind noch weitere Projekte geplant, doch dann läuft die Förderung durch das Programm „Landaufschwung“aus. Deshalb musste der Gemeinderat am Dienstag entscheiden, ob die Jugendbeteiligung fortgeführt werden soll oder nicht. Die Verwaltung schlug vor, die offene Jugendarbeit um eine 25-Prozent-Stelle zu erweitern. „Mit dieser wollen wir kein zweites Jugendbüro eröffnen“, betonte Bürgermeister Holger Jerg. Stattdessen sollen sich die Jugendlichen unter der Obhut von Susanne Grau auf den Dialog mit dem Gemeinderat konzentrieren.
Gerade dieser kam aber beispielsweise Stephan Binsch (SPD/Unabhängige Bürger) viel zu kurz. Beim ersten Jugendhearing habe er noch die Begeisterung der Jugendlichen spüren können, berichtete er. „Aber dann bin ich enttäuscht worden.“So hätten die Jugendlichen in den vergangenen Monaten keineswegs den Dialog mit den Gemeinderäten gesucht. Zum zweiten Jugendhearing im Juli habe er dann nicht mal mehr eine Einladung bekommen. „Von den Jugendkulturtagen habe ich aus der Zeitung erfahren“, kritisierte Binsch, der die Jugendlichen auch in der Sitzung am Dienstag vermisste.
Kritik an zu vielen Kleinprojekten
Birgit Ocker war mit anderen Punkten unzufrieden. Sie wollte zum Beispiel wissen, warum Susanne Grau Sponsoren für die Jugendveranstaltungen sammelte – und nicht die Schüler selbst. „Damit wären die 14bis 15-Jährigen aus meiner Sicht wirklich noch überfordert“, sagte Grau. Ocker kritisierte aber auch, dass sich etwa die Parcours-ParkGruppe nicht besonders intensiv mit der Umsetzung ihres Wunsch-Projektes beschäftigt habe. „Meiner Meinung nach handelt es sich um zu viele Kleinprojekte ohne klare Priorität“, sagte Birgit Ocker.
Es gab aber auch positive Wortmeldungen. „Es ist schwierig, so viele verschiedene Hobbys und Vorstellungen unter einen Hut zu kriegen“, sagte Thomas Schmid (CDU). Auch sein Fraktionskollege Gerhard Jaudas fand lobende Worte. „Sie sprühen vor Ideen für eine durchweg positive Sache“, sagte er zu Grau. Für so viel Arbeit in so kurzer Zeit wolle er ihr ein Kompliment machen. Und auch Stephan Binsch stellte sich am Ende hinter die Fortführung der Jugendbeteiligung. „Ich fände es falsch, sie jetzt auslaufen zu lassen“, sagte er – appellierte aber gleichzeitig an die Jugendlichen, mehr Kontakt zu den Gemeinderäten zu suchen.