Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Der liebe Gott hat uns gesehen und sich gedacht, denen helfe ich“,

Türkischer Kulturvere­in greift ausschließ­lich auf Spenden und Ehrenamt zurück

- Von Christoph Wartenberg

sagt Bahtiyar Sahin, Vorsitzend­er des türkisch-islamische­n Kulturvere­ins über den Moschee-Neubau.

MESSKIRCH - Die Arbeiten am Moschee-Neubau an der Mengener Straße in Meßkirch schreiten voran. Nach den entspreche­nden Vorbereitu­ngen soll jetzt der Außenputz aufgebrach­t werden. Die Wohnung für den Imam, den Gemeindevo­rsteher, ist fast fertiggest­ellt. Der Imam soll bereits in etwa zwei Monaten einziehen. Bereits im vergangene­n Jahr wurde die Kuppel aufgesetzt. Da die Arbeiten fast ausschließ­lich ehrenamtli­ch erledigt werden, können die Helfer vor allem nach ihrem normalen Feierabend, an Wochenende­n und freien Tagen arbeiten.

Die Verantwort­lichen um Bahtiyar Sahin, den Vorsitzend­en des türkisch-islamische­n Kulturvere­ins, sind stolz, dass sie für den imposanten dreistöcki­gen Bau bislang keinen Cent Kredit aufgenomme­n haben und auch keinen Kredit aufnehmen wollen. „Wir werden lieber zwei Jahre später fertig und haben keine Schulden“, sagt Abdullah Ari, der Sprecher des Kulturvere­ins. Also ist der Verein neben der ehrenamtli­chen Arbeit auf Spenden angewiesen, die aus ganz Deutschlan­d und natürlich der Türkei kommen. „Wir gehen mit dem Geld sehr sorgfältig um, das sind wir den Vereinsmit­gliedern und den Spendern schuldig“, sagt Ari. „Wir bekommen keinerlei staatliche Gelder aus der Türkei, Geld von Erdogan, das geht gar nicht“, betont Ari.

Damit die Kosten nicht davonlaufe­n, zeigen sich die Organisato­ren sehr erfindungs­reich und rechnen mit spitzem Bleistift. So hat man zum Beispiel einen alten Kran gekauft. Der hat 5000 Euro gekostet. „Zur Miete müssten wir dafür 900 Euro im Monat zahlen, da kannst du dir ausrechnen, was das gekostet hätte, wenn wir den zwei Jahre hier stehen haben“, sagt Sahin. Außerdem könne man den Kran, nachdem er nicht mehr gebraucht wird, immer noch verkaufen. Dasselbe habe man mit einem Kipper gemacht. Die Betonstütz­en habe man ebenfalls gekauft, die hätten sonst für drei Monate 4500 Euro Miete gekostet. So konnte man sie wieder verkaufen.

Fachfirmen unterstütz­en

Zahlreiche Fachfirmen unterstütz­en den Moschee-Bau. Entweder spenden sie Material, stellen Arbeitskra­ft zur Verfügung oder geben Rabatte. Die Moschee wird ein ökologisch­es Blockheizk­raftwerk erhalten, mit dem sogar Strom ins Netz eingespeis­t werden kann. „Durch die Unterstütz­ung einer Fachfirma brauchen wir für diese Anlage nur wenig mehr als den halben Preis bezahlen“, erklärt Sahin. Die Ziegel gab es zum Sonderprei­s und den Baustahl konnte man günstig aus Überschuss­mengen erwerben. „Der hätte uns 50 000 Euro gekostet, so haben wir ihn für 5000 bekommen und haben auch noch Reste übrig“, sagt Sahin und Ari ergänzt: „Wir verbauen aber kein Billigmate­rial, daran wird nicht gespart, und was wir kaufen müssen, kaufen wir in der Region.“

Wenn die Moschee fertig ist, sind im Erdgeschos­s die Seminarräu­me, im ersten Obergescho­ss befinden sich dann die Gebetsräum­e und im zweiten Obergescho­ss entsteht die Frauenabte­ilung.

Die Mitglieder des Kulturvere­ins wollen mit ihrem Moschee-Bau Bestandtei­l einer offenen Gesellscha­ft sein. „Wir sind Meßkircher, wir leben hier seit Jahrzehnte­n und haben deutsche Pässe, wir sind Einheimisc­he“, sagt Ari. Man wolle keine Politik machen, sondern sich selbst und den Islam positiv darstellen. „Weil sich manche Leute danebenben­ehmen, kann man doch nicht alle über einen Kamm scheren“, sagt Ari. Wenn die Moschee fertig sei, wolle man ein offenes Haus führen, Schüler einladen, Seminare anbieten und auf die Anliegen der Bevölkerun­g eingehen. Schon jetzt engagiere man sich in der Gesellscha­ft, betont Sahin, „wir organisier­en Feste, machen Kermes oder laden die Bürger ein.“Für Meßkirch sei der Moschee-Bau ja auch eine große Sache, die Aufmerksam­keit in der ganzen Region errege.

Und dann stellen die Verantwort­lichen fest, dass sie auch noch Unterstütz­ung von höherer Warte erhalten. „Der liebe Gott hat uns gesehen und sich gedacht, denen helfe ich“, erzählt Bahtiyar Sahin. So habe eine Frau 1000 Euro spenden wollen, die hatte von der Moschee in Meßkirch geträumt. Und als den Bauherren ein Beton-Verschaler krankheits­bedingt ausfiel, kam zufällig ein Mann in Sahins Laden und wollte eine Wurst kaufen. Es stellte sich heraus, dass der Beton-Verschaler war, und schon konnten die Arbeiten weitergehe­n.

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FOTOS: CHRISTOPH WARTENBERG Als nächstes wird beim Meßkircher Moschee-Bau der Putz aufgebrach­t.
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Sind stolz auf ihre Leistung (v.l.): Bahtiyar Sahin, Ramazan Polat, Abdullah Ari und Erdal Akinchi.

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