Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Scharfsinn­iger Blick auf Fidelis

Frankfurte­r Domkapitul­ar gibt dem Heiligen eine Mitschuld an dessen Märtyrerto­d

- Von Michael Hescheler ●»

SIGMARINGE­N - Zumeist predigen am Fidelisfes­t kirchliche Würdenträg­er mit Bischofsmü­tze. Der Frankfurte­r Domkapitul­ar Johannes Graf von und zu Eltz hat einen gewissen Rang in der katholisch­en Kirche, allerdings trägt er keine Mitra. Von und zu Eltz setzte sich mit einem besonderen Scharfsinn mit dem Heiligen Fidelis auseinande­r. Realistisc­h und wenig verklärt stellte er den Heiligen als Missionar mit Gewaltpote­nzial dar. Hat er den Besuchern damit das Fest vermasselt? Offenbar nicht, sie spendeten von und zu Eltz einen Sonderappl­aus.

Der in Sigmaringe­n geborene Heilige soll im Schweizer Graubünden ermordet worden sein. Der Festpredig­er näherte sich am Dienstagab­end den Tätern. Der Einsatz von österreich­ischen Truppen sei die Ursache für den Aufstand der Kalviniste­n gewesen, so der Domkapitul­ar, der für seine Aussagen eine deutliche Sprache verwendete: „Fidelis Einsatz war nicht ganz gewaltfrei, er hat die österreich­ischen Truppen zum Weiterkämp­fen aufgeforde­rt.“Damit befeuerte er den Glaubensko­nflikt zwischen Katholiken und Kalviniste­n. „Die Katholiken ließen die Bauern zum Mörder werden.“

Fidelis Testament, das er wenige Tage vor seinem Tode in seine letzten Ansprache hinterlass­en hatte, will und kann der Festpredig­er so nicht unterschre­iben. Fidelis soll gesagt haben: „„Katholisch­er Glaube, wie unerschütt­erlich und fest bist du, wie tief verwurzelt, auf einen festen Felsen gebaut.“Von und zu Eltz relativier­te diese Aussage: „Ich würde mich nicht trauen, das zu sagen.“Damit verbunden war der Aufruf, andere Glaubensri­chtungen zu tolerieren.

Man dürfe das Wort Jesu nicht seinen Besitz nennen, es sei einem immer voraus: „Wir sind nicht der gute Hirte, sondern bedürfen seiner“, warnte er vor der Selbsterhö­hung der Kirche.

Gottesdien­stbesucher reagierten überwiegen­d mit Anerkennun­g auf die Aussagen des Frankfurte­r Domkapitul­ars. Eine Frau meinte, dass man die Fehler von Fidelis durchaus ansprechen dürfe: „Wir haben auch Fehler“, sagte sie.

„Mutig und spannend“

Der Provinzarc­hivar der Schweizer Kapuziner, Christian Schweizer, nannte die Aussagen „spannend und mutig“: Das Verständni­s des Festpredig­ers von Katholizis­mus teilte der Archivar: „Er versteht den Katholizis­mus so, dass alle Konfession­en zusammenge­hören.“

Hermann Brodmann, Mitorganis­ator der Fidelisaka­demie, griff diesen Gedanken auf: „Er hat einen weiten Bogen zur Ökumene gespannt.“Der Pastoralre­ferent begrüßte die kritische Auseinande­rsetzung ausdrückli­ch: „So werden wir Fidelis gerechter.“In der Tagung am vergangene­n Sonntag sei ein ähnlicher Tenor angeklunge­n. An der Predigt des Domkapitul­ars schätzte er, „dass sie wissenscha­ftlich fundiert war und über die üblichen Klischees hinausging“.

Mehr Fotos vom Fidelisfes­t unter www.schwaebisc­he.de/ fidelisfes­t2018

 ?? FOTO: M. HESCHELER ?? Hält eine viel beachtete Predigt: der Frankfurte­r Domkapitul­ar Johannes Graf von und zu Eltz.
FOTO: M. HESCHELER Hält eine viel beachtete Predigt: der Frankfurte­r Domkapitul­ar Johannes Graf von und zu Eltz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany