Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Scharfsinniger Blick auf Fidelis
Frankfurter Domkapitular gibt dem Heiligen eine Mitschuld an dessen Märtyrertod
SIGMARINGEN - Zumeist predigen am Fidelisfest kirchliche Würdenträger mit Bischofsmütze. Der Frankfurter Domkapitular Johannes Graf von und zu Eltz hat einen gewissen Rang in der katholischen Kirche, allerdings trägt er keine Mitra. Von und zu Eltz setzte sich mit einem besonderen Scharfsinn mit dem Heiligen Fidelis auseinander. Realistisch und wenig verklärt stellte er den Heiligen als Missionar mit Gewaltpotenzial dar. Hat er den Besuchern damit das Fest vermasselt? Offenbar nicht, sie spendeten von und zu Eltz einen Sonderapplaus.
Der in Sigmaringen geborene Heilige soll im Schweizer Graubünden ermordet worden sein. Der Festprediger näherte sich am Dienstagabend den Tätern. Der Einsatz von österreichischen Truppen sei die Ursache für den Aufstand der Kalvinisten gewesen, so der Domkapitular, der für seine Aussagen eine deutliche Sprache verwendete: „Fidelis Einsatz war nicht ganz gewaltfrei, er hat die österreichischen Truppen zum Weiterkämpfen aufgefordert.“Damit befeuerte er den Glaubenskonflikt zwischen Katholiken und Kalvinisten. „Die Katholiken ließen die Bauern zum Mörder werden.“
Fidelis Testament, das er wenige Tage vor seinem Tode in seine letzten Ansprache hinterlassen hatte, will und kann der Festprediger so nicht unterschreiben. Fidelis soll gesagt haben: „„Katholischer Glaube, wie unerschütterlich und fest bist du, wie tief verwurzelt, auf einen festen Felsen gebaut.“Von und zu Eltz relativierte diese Aussage: „Ich würde mich nicht trauen, das zu sagen.“Damit verbunden war der Aufruf, andere Glaubensrichtungen zu tolerieren.
Man dürfe das Wort Jesu nicht seinen Besitz nennen, es sei einem immer voraus: „Wir sind nicht der gute Hirte, sondern bedürfen seiner“, warnte er vor der Selbsterhöhung der Kirche.
Gottesdienstbesucher reagierten überwiegend mit Anerkennung auf die Aussagen des Frankfurter Domkapitulars. Eine Frau meinte, dass man die Fehler von Fidelis durchaus ansprechen dürfe: „Wir haben auch Fehler“, sagte sie.
„Mutig und spannend“
Der Provinzarchivar der Schweizer Kapuziner, Christian Schweizer, nannte die Aussagen „spannend und mutig“: Das Verständnis des Festpredigers von Katholizismus teilte der Archivar: „Er versteht den Katholizismus so, dass alle Konfessionen zusammengehören.“
Hermann Brodmann, Mitorganisator der Fidelisakademie, griff diesen Gedanken auf: „Er hat einen weiten Bogen zur Ökumene gespannt.“Der Pastoralreferent begrüßte die kritische Auseinandersetzung ausdrücklich: „So werden wir Fidelis gerechter.“In der Tagung am vergangenen Sonntag sei ein ähnlicher Tenor angeklungen. An der Predigt des Domkapitulars schätzte er, „dass sie wissenschaftlich fundiert war und über die üblichen Klischees hinausging“.
Mehr Fotos vom Fidelisfest unter www.schwaebische.de/ fidelisfest2018